Mobilität in Bad Tölz-Wolfratshausen:Kein Bankerl für alle

Lesezeit: 2 Min.

Idyllisch, aber einsam: Eine leere Mitfahrbank im Landkreis. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Mitfahrbänke für spontane Fahrgemeinschaften werden im Landkreis auch nach vier Jahren kaum genutzt. Der Projektinitiator bemüht sich um Zuversicht.

Von Veronika Ellecosta, Bad Tölz-Wolfratshausen

Einen lokalen Beitrag zum Umweltschutz sollten sie leisten, eine bessere Anbindung für Ortsteile in der Peripherie garantieren und eine sinnvolle Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr darstellen: Die Aussichten waren rosig, als der Landkreis 2019 die ersten Mitfahrbankerln in den Kommunen verschraubte. Abgelegene Ortsteile, die selten am Tag von Bussen passiert werden, sollten mit den spontanen Mitfahrgelegenheiten besser vernetzt werden, so die damalige Idee. Neben den Holzbänken wurden Metallschilder angebracht, wo Reisende ihr Fahrtziel umschlagen konnten. Ein vorbeifahrendes Auto mit derselben Destination sollte die Wartenden dann mitnehmen.

Vier Jahre später stehen die Holzbänke zwar immer noch auf kommunalen Boden, aber nur selten sucht sie jemand zum Trampen auf. Nutzungszahlen habe der Landkreis bisher nicht erhoben, auch Rückmeldungen von seinem Umfeld habe er keine bekommen, sagt Ralph Seifert, Behindertenbeauftragter des Landkreises und Initiator des Projekts. Seinem Eindruck zufolge seien das Vorhaben aber "etwas eingeschlafen". Er erklärt sich das in erster Linie mit der Coronapandemie: "Es ist schwer, Mitfahrbänke zu etablieren, wenn man während einer Pandemie Kontakte vermeiden sollte. Corona war dem Projekt nicht zuträglich", sagt er.

Zudem sei Seifert zufolge das Trampen nach wie vor negativ behaftet. Je häufiger es gemacht und praktiziert werde, "desto neutraler stehen wir dem Trampen gegenüber". Auch der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) stellt in seinem Nahverkehrsplan für den Landkreis 2021 den Mitfahrbankerln kein gutes Zeugnis aus: "Trotz des bereits relativ gut verbreiteten Systems wird in der Praxis eher von einer geringen Nutzung berichtet."

Mittlerweile gibt es online einen Lageplan

Ralph Seifert kann auch nicht genau sagen, wie viele Mitfahrbänke überhaupt über den Landkreis verteilt aufgestellt wurden: Der Landkreis habe die Kommunen damals beliefert, die dann selbständig agierten und Bänke gestalteten und aufstellten. Etwa dreißig Stück könnten es derzeit sein, schätzt er. Auch die Kosten für die Anschaffung haben sich im Rahmen gehalten, da er die Bänke in einer Behindertenwerkstatt in München anfertigen habe lassen. "Das Stück hat ungefähr 250 Euro gekostet", sagt Seifert.

Ralph Seifert. (Foto: privat/oh)

Zumindest auf der Angebotsseite hat der Landkreis Besserungen vorgenommen. 2019 haperte es noch mit der Digitalisierung, eine Webseite mit den genauen Standorten der Bänke gab es nicht. Das habe das Landratsamt nachgeholt: Nun könnte online im Teilhabekompass auf der Website des Landratsamtes aufgerufen werden, wo sich überall Mitfahrbänke befinden, so Seifert. Auch deshalb würden die Mitfahrbankerln in das Nahverkehrskonzept des MVV einfließen.

"Definitiv nicht gestorben"

Ralph Seifert begegnet dem Projekt Mitfahrbank trotz geringer Nachfrage mit entschlossenem Optimismus. Er sagt: "Manchmal ist die Zeit für gewisse Ideen einfach noch nicht reif." Seifert zeigt sich überzeugt, dass die Mitfahrbänke den Nahverkehr zukünftig gut ergänzen könnten. "Für den Umweltschutz ist es eine gute Sache, wenn man nicht jede Strecke mit dem eigenen Auto zurücklegt." Außerdem wirkten die Mitfahrbänke der Vereinsamung von Senioren entgegen, weil diese beim Mitfahren ins Gespräch mit Mitmenschen kommen könnten. "Es hat viele positive Aspekte und ist im Landkreis ein Modell für die Zukunft", sagt er.

Deshalb stehe für ihn fest, dass das Projekt "definitiv nicht gestorben ist". Er befinde sich auch im ständigen Austausch mit Unterfranken, wo sich die Bänke schon länger etabliert hätten und plane, "das Ganze im Sommer wieder etwas anzuschieben". Eine Idee von Seifert wäre es, etwa in Benediktbeuern Eintritte ins Freibad zu verschenken, falls jemand einen Tramper vom Bankerl mitnimmt. Bis das Projekt sich wieder rumgesprochen habe und angenommen werde, werde Seifert zufolge noch einige Zeit vergehen, aber: "Ich werde mir auf alle Fälle was überlegen."

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