Bad Tölz-Wolfratshausen:Mit neun Millionen im Zahlungsverzug

Wegen der Flüchtlingsuntekünfte steht der Freistaat beim Landkreis tief in der Kreide. Über die Schuldigen gehen die Meinungen auseinander. Es fehlt nicht mehr viel, dann muss der Kämmerer sogar einen Kredit aufnehmen.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen geht bei den Hilfen für Asylbewerber in finanzielle Vorleistung. Zwar werden ihm die Kosten etwa für Mieten vom Freistaat zurückerstattet, aber bei Weitem nicht so schnell, wie es sich Kreiskämmerer Ralf Zimmermann und Controller Hans Gey wünschen würden. 9,4 Millionen Euro Miese sind so schon aufgelaufen. Man sei knapp davor gewesen, einen Kredit aufnehmen zu müssen, betonte Landrat Josef Niedermaier (FW) im Kreisausschuss des Kreistags. Würde die Zehn-Millionen-Marke geknackt, werde es eng.

Die komplizierte Abrechnung verzögert die Rückerstattung

Dass die Rückerstattung derart schleppend vorangeht, sei einer komplizierten, aufwendigen Form der Abrechnung geschuldet, sagte Gey. Dies werde sich ändern, wenn es dem Landratsamt künftig möglich sei, teilweise direkte Buchungen im Staatshaushalt vorzunehmen. Bislang habe das Sozialamt der Kreisbehörde das nicht praktiziert, weil es an Personal fehlte, dass eben für jene direkte Buchung eine Berechtigung habe, führte der Controller aus. "Außerdem hat es extremste Konsequenzen, wenn im Staatshaushalt aus Versehen etwas nicht korrekt abgerechnet wird", warb Niedermaier um Verständnis.

Was Kreisrat Hans Sappl (FW) dazu veranlasste nachzuhaken. So sei den Räten bei einer vorangegangenen Sitzung gesagt worden, der Schwarze Peter läge in München. Die staatliche Bürokratie sei zu träge, deshalb müsse der Landkreis so viel Geld vorstrecken. Landrat Niedermaier beschwichtigte: Der Abrechnungsmodus sei sehr kompliziert, die Mitarbeiter im hiesigen Sozialamt sehr penibel mit dem, was sie in München einreichten. Das würden andere Landratsämter lockerer handhaben. Man habe im Amt auf der Tölzer Flinthöhe "personell aufstocken" müssen. Nun könne man davon ausgehen, dass die Abrechnungen zügiger vonstatten gehen. Kämmerer Zimmermann erwartet, dass mit der Kostenrückerstattung des ersten Quartals für den Herbst dieses Jahres zu rechnen sei.

Ob der Landkreis gezwungen sei, wegen der neun Millionen, die in der Kasse fehlten, einen Kredit aufzunehmen, fragte Werner Weindl (CSU) nach. Das verneinte Zimmermann. Niedermaier sagte jedoch, dass dies beinahe der Fall gewesen sei. Denn die fehlenden Millionen schränkten die Liquidität des Landkreises erheblich ein.

Für anerkannte Flüchtlinge sind die Kommunen zuständig

Großes Kopfzerbrechen bereitet dem Landrat die Unterbringung von sogenannten Fehlbelegern, also Flüchtlingen, die in Deutschland bleiben dürfen. Sind sie anerkannt, können sie eigentlich nicht mehr in den Wohnungen bleiben, die der Landkreis für die Unterbringung von Asylbewerbern angemietet hat. Denn mit dem Bleibe-Status greift nicht mehr das Asylbewerber-Leistungsgesetz, sondern sie beziehen in der Regel Hartz IV. Aber Vermieter dazu zu bewegen, die Wohnungen nicht mehr an den Kreis zu vermieten, sondern einen Vertrag direkt mit den Fehlbelegern zu schließen, sei nicht leicht. Es müsse ein Weg gefunden werden, die Mietzahlungen anderweitig zu leisten.

Erhebliche Probleme erwartet Niedermaier, wenn die Familien der anerkannten Flüchtlinge legal nachkommen. Von 500 000 sei die Rede. "Diese Menschen gelten nach unserem Recht als obdachlos. Da kommen auf die Kommunen immense Kosten für deren Unterbringung zu."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: