Bad Tölz-Wolfratshausen:Jugendherbergen hoffen auf weitere Kurzarbeit

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Die Königsdorfer Jugendsiedlung Hochland. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Einrichtungen im Landkreis können die Corona-Krise nur mit staatlicher Hilfe überstehen. Die Abgeordneten Karl Bär und Alexander Radwan sichern Unterstützung zu

Von Tilman Voss, Bad Tölz-Wolfratshausen

"Wir wissen nicht, wie es weitergeht", so fasst Björn Koalick, Leiter der Don-Bosco Jugendherberge in Benediktbeuern, die Lage zusammen. Schon seit Herbst bleiben die Klassen aus - und mit ihnen die Haupteinnahmequelle der Herbergen und Schullandheime im Landkreis. Nach der Weisung des bayerischen Kultusministeriums, bis zu den Osterferien von sämtlichen Schulfahrten abzusehen, ist vorerst keine Entspannung in Sicht. Dies trifft die Betriebe finanziell bis ins Mark. Koalick prophezeit, dass die ersten vier Monate des laufenden Jahres ein "Komplettausfall" werden. Solche Verluste wären, selbst wenn dann wieder Normalbetrieb herrschte, wahrscheinlich erst in den nächsten Jahren wieder aufzuholen. Die zugelassene Belegung der Herberge von zehn bis 20 Besuchern in der Woche reiche für einen rentablen Betrieb nicht aus.

Ähnlich ergeht es der Jugendsiedlung Hochland in Königsdorf. Dort liegt die derzeitige Auslastung laut Leiter Roland Herzog bei etwa einem Drittel des Normalbetriebs. Nur am Wochenende würden Gäste empfangen, Schulklassen und private Gruppen kämen nicht. Das Schullandheim Bairawies ist aufgrund der aktuellen Situation sogar geschlossen. "Die Buchungslage ist bei Null", sagt Heimleiterin Rotraut Drexler. Dies hat unmittelbare Folgen für die finanzielle Sicherheit der Unterkünfte.

Die Betriebe haben die Corona-Zeit meist nur dank der Überbrückungshilfen des Bundes überleben können. In den Heimen Endlhausen, Bairawies sowie in Bad Tölz und Königsdorf musste diesen Winter ein Großteil der Angestellten ein zweites Mal in der Corona-Krise in Kurzarbeit geschickt werden. Das Schullandheim in Endlhausen stand im Jahr 2020 sogar kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Nur dank Kurzarbeitergeld sowie Spenden von Familien des Münchner Wittelsbacher-Gymnasiums, das Endlhausen als regelmäßigen Ausflugsort nutzt, entspannte sich die finanzielle Lage des Trägervereins. Außerdem suchte sich die Endlhausener Landheimleiterin vorübergehend freiwillig eine andere Anstellung.

Lediglich in Benediktbeuern stellt sich die Lage ein wenig entspannter dar. Dort mussten nur wenige Angestellte in Kurzarbeit, da wegen der Größe des Betriebes einige der Angestellten weiter gebraucht werden, beispielsweise für die Versorgung der dort ansässigen Salesianer-Gemeinschaft.

Brief an die Abgeordneten

Nun vergrößert das Auslaufen des Kurzarbeitergeldes Ende März die Sorgen der Herbergen erheblich. Da die Trägervereine gemeinnützig sind - also kein Kapital ansammeln dürfen - und wegen der Einbußen der vergangenen zwei Jahre konnten die Herberge keine oder nur geringe Rücklagen bilden und sind weiter auf staatliche Hilfen angewiesen. So wandte sich der Vorsitzende des Trägervereins der Jugendsiedlung Hochland, Klaus Schultz, Anfang des Jahres in einem Brief an die Bundestagsabgeordneten des Landkreises. Dort bat er um eine Verlängerung der Staatshilfen. Sonst müsse man mittelfristig den Betrieb einstellen. Das Hochlandlager wäre ab Ende März finanziell komplett auf sich gestellt, und die Rücklagen sind endlich. "Mit Ihrem Mandat im Deutschen Bundestag können Sie eine Verlängerung anstoßen, die uns wirklich helfen würde, wenn eine Öffnung beziehungsweise eine reduzierte Öffnung unserer Einrichtung durch die Pandemie nicht möglich ist", schrieb Schultz.

Inzwischen hat die Politik auf das Anschreiben reagiert. Laut Karl Bär (Grüne) wurde das Anliegen inzwischen an die zuständigen Ausschüsse weitergeleitet. Alexander Radwan (CSU) bekundete, dass die Bitte dem Arbeitsminister vorgetragen wurde. Bär und Radwan erklären, derzeit werde über eine Verlängerung der Unterstützungsmaßnahmen diskutiert. Beide hoffen, dass bald darüber entschieden wird, und sicherten ihre Unterstützung zu. Roland Herzog zeigte sich dafür dankbar. Der Kontakt zur Politik sei der "seidene Faden", an dem die Aufrechterhaltung des Betriebs hänge.

Bis zu einer Entscheidung auf Bundesebene müssen sich die Herbergen selbst helfen. Dafür gibt es verschiedene Ansätze. Das Hochlandlager fokussiert sich inzwischen auf Tagesausflüge für Schulklassen oder Veranstaltungen zur Berufsorientierung für Jugendliche. Herzog sagt, dies solle den Kindern soziale Erlebnisse wie sonst auf den Schulfahrten ermöglichen. Die Jugendherberge Bad Tölz spricht vermehrt Familien als mögliche Gäste an, die dies auch gut annehmen, wie Leiter Holger Strobel sagt. So könne zumindest ein Teil der entgangenen Einnahmen aus dem Geschäft mit den Schulen kompensiert werden. Doch ohne staatliche Hilfe gehe es nicht weiter: "Das Kurzarbeitergeld ist ein unverzichtbares Instrument zur Sicherung der Liquidität", sagt Strobel. Er wünscht sich, dass es so lange weitergezahlt wird, bis die Herbergen aus eigener Kraft die nötigen Umsätze generieren können.

Entspannung ist in den meisten Betrieben durchaus in Sicht. Viele Aufenthalte sind bereits gebucht. Die Frage ist, ob nach den Osterferien wieder Schulfahrten möglich sind. Der Tölzer Jugendherbergsleiter Strobel fordert das Kultusministerium auf, diese nicht nur zu ermöglichen, sondern aktiv zu empfehlen. Die anderen Herbergenleiter schlagen in die gleiche Kerbe. Roland Herzog sagt: "Es ist wichtig, dass ab Ostern auch unter der Woche Schulfahrten möglich sind, weil es ansonsten wirklich prekär würde." Sollte sich die Situation im Sommer wieder normalisieren und es zu einer Verlängerung der Staatshilfen kommen, werden die Betriebe bis dahin aber wohl überleben können. Strobel sagt dazu: "Die Lage ist ernst - aber nicht hoffnungslos."

© SZ vom 01.02.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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