Süddeutsche Zeitung

Tourismus in Bayern:Verdacht auf illegalen Corona-Urlaub

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Auf Ausflugsparkplätzen südlich von München stehen auch im Lockdown auffällig viele Autos von weit her. Der Landrat von Bad Tölz-Wolfratshausen vermutet, dass Unterkünfte unter der Hand weiter touristisch vermietet werden.

Von Felix Haselsteiner und Florian Zick, Bad Tölz-Wolfratshausen

Das Tölzer Land ist eine Tourismusregion. Das ganze Jahr über treibt es Erholungssuchende aus ganz Deutschland aufs Brauneck, an den Kirchsee oder auf den Jochberg - so auch wieder am vergangenen Wochenende. Anders als sonst irritiert es aktuell aber, wenn auf den Ausflugsparkplätzen Autos aus Berlin, Hamburg oder Euskirchen abgestellt sind. Schließlich gelten coronabedingt immer noch ein Beherbergungsverbot und Kontaktbeschränkungen.

Ihm sei das in den vergangenen Wochen auch immer wieder aufgefallen, sagt Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). "Ich glaube, dass da viel unter der Hand passiert." Das Tölzer Landratsamt habe bislang zwar noch keine Kenntnis davon bekommen, dass irgendwo Pensionen oder Hotels illegal geöffnet hätten. Bei ein paar Berghütten habe man entsprechende Gerüchte gehört - mehr nicht. Aber bei der Vielzahl der Autos von weit her könne man eigentlich fest davon ausgehen, so Niedermaier, dass sich Leute irgendwo rechtswidrig einquartierten.

"Ich kann da nur an die Vernunft appellieren", sagt Niedermaier. Das Vermieten zu touristischen Zwecken sei gemäß der Infektionsschutzverordnung derzeit verboten. Daran müsse man sich in der Corona-Krise auch zwingend halten, "sonst bleibt uns dieses Virus noch lange erhalten", so Niedermaier. Und das schade allen.

Klare Indizien für Vergehen im touristischen Bereich fehlen aber noch - die braucht es allerdings, um Kontrollen durchführen zu können, sagt Steffen Wiedemann von der Polizeiinspektion in Kochel am See. Auch dort sei man sich des Problems bewusst, dass am Wochenende viele Ausflügler den Weg in den Landkreis suchten - und manche dort womöglich auch übernachten würden. "Man hört immer wieder was, in unserem Zuständigkeitsbereich allerdings haben wir noch keine solche Kontrolle durchgeführt", sagt Wiedemann.

Auch Autokennzeichen, die darauf hindeuteten, dass die Besucher nicht aus dem nahen Umland kommen, seien für die Polizei kein Grund, um auf Verdacht Kontrollen durchzuführen. "Wir schauen verstärkt darauf, wie viele Leute sich in den Autos befinden - mehrere Haushalte zusammen sind ein Vergehen, das wir häufig ahnden", sagt Wiedemann. Nur weil jemand etwa ein Berliner Kennzeichen hätte, würde man denjenigen allerdings nicht kontrollieren. Dafür fehle einfach die rechtliche Grundlage.

Der Landkreis Miesbach war bis Montag coronabedingt abgeriegelt. Da war die Sache klar: "Da hatten nur Miesbacher was zu suchen. So etwas gab es bei uns nicht", sagt Andreas Rohrhofer, stellvertretender Leiter der Tölzer Polizeiinspektion. Auch für ihn und seine Kollegen seien Kontrollen allein anhand von Kennzeichen daher nicht möglich gewesen. "Aufgrund der Inzidenzzahlen war unser Hauptaugenmerk auch nicht auf diese Debatte ausgerichtet."

Das Grundproblem sieht Rohrhofer in der anhaltenden Stadt-Land-Diskussion. Er selbst hat dazu eine klare Haltung: Man könne denjenigen, die von außerhalb in den Landkreis kommen, "die Reise nicht verwehren", sagt er. Genauso wenig könnten die Münchner das tun, dort werde schließlich auch nicht nach Kennzeichen kontrolliert. Überlastungen seien nicht komplett verhinderbar - allerdings auch nicht immer so schlimm, wie behauptet wird. "Wenn nichts mehr weitergeht auf den Parkplätzen, dann schreiten wir ein", sagt Rohrhofer. Das dürfte auch am kommenden Wochenende wieder der Fall sein - wenn in der Tourismusregion Tölzer Land wieder frischer Schnee liegt.

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SZ vom 27.01.2021
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