Süddeutsche Zeitung

Bad Tölz-Wolfratshausen:Große Sorgen, kleine Wünsche

Mario S. beginnt trotz vieler Einschränkungen ein neues Leben

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Es müssen nicht immer die großen Dinge sein, die einen Unterschied ausmachen. So wie bei Mario S. Denn der 50-jährige Mann, der mit seinem strahlenden Lächeln und seiner herzlichen Art nicht nur außergewöhnlich freundlich, sondern auch jünger wirkt, als er ist, hat viele große Hürden inzwischen schon selbst bewältigt. Und das, obwohl er es bis dato alles andere als leicht hatte: Mario S. wurde nämlich mit einer multiplen Körperbehinderung und kognitiven Einschränkungen geboren. Er ist in Wolfratshausen aufgewachsen und in Geretsried zur Schule gegangen. Die starken Deformationen in seinem Gesicht und an den Füßen ließen ihn schon auf den ersten Blick anders wirken als die anderen.

"Als ich klein war, war die Gesellschaft den Umgang mit Behinderten nicht sehr gewohnt", sagt Mario S. Obwohl er in seiner Familie gut aufgehoben war, glichen in den 50er und 60er Jahren die Blicke der anderen einem Martyrium: Oft wurde er auf der Straße von Passanten angestarrt, hinter sich hörte er, wie Menschen über ihn lästerten. In der Schule hänselten ihn die anderen Kinder, die Lehrer verstanden seine Lernbehinderung nicht.

Doch Mario S. fand allen Widrigkeiten zum Trotz einen Beruf, der ihm große Selbständigkeit verschaffte: 30 Jahre lang arbeitete er in der Münchner Stiftung Pfennigparade. Allerdings war die Wohnsituation zuletzt nicht optimal für den so sehr am Leben interessierten Mario S.: Er musste sich eine Wohnung teilen mit einem schwerstbehinderten Mann, der die meiste Zeit im Bett verbrachte. "Es war kaum möglich, auch mal ein Wort mit meinem Mitbewohner zu wechseln. Ich fühlte mich deshalb oft sehr alleine", sagt Mario S.. Außerdem sei er "sehr sensibel", gibt der Geretsrieder zu. An sich ein guter Charakterzug, fügte sich dieser allerdings mit der Einsamkeit und den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit immer mehr zu einer tiefen Traurigkeit zusammen. Eine Depression schlich sich ein, die Mario S. nun als weitere große Hürde in seinem Leben bewältigen muss. Und er ist auf dem besten Wege dazu: So hat er bereits den Umzug in eine betreute Wohngemeinschaft in Geretsried geschafft.

"Ich fühle mich sehr wohl, wieder in der alten Heimat zu sein", sagt er. Sein kleines Zimmer ist hell, "das tut gut". Doch ein paar Kleinigkeiten fehlen noch zum Neustart in ein besseres Leben: "Ich würde mir einen Tisch und ein paar Stühle wünschen, damit ich sitzen und etwas schreiben oder essen kann und vielleicht auch mal jemanden einladen kann, meine Eltern etwa." Der SZ-Adventskalender möchte diese Wünsche erfüllen.

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Quelle:
SZ vom 10.12.2014
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