Süddeutsche Zeitung

Landtagswahl 2023:Acht Kandidaten für den Landtag

Die Parteien haben ihre Bewerber für die Landtagswahl im Stimmkreis Bad Tölz-Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen bekannt gegeben. Ins Rennen gehen ausschließlich Männer. Die SZ stellt ihre wichtigsten Themen vor.

Von Yannik Achternbosch, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wenn die Bürgerinnen und Bürger in Bayern am 8. Oktober bei der Landtagswahl an die Urnen gebeten werden, können sie über ihre Zweitstimme eine Partei in den Landtag wählen, mit ihrer Erststimme entscheiden sie sich für einen Kandidaten. Für den Stimmkreis 111, der den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen und Teile des Landkreises Garmisch-Partenkirchen umfasst, haben bereits acht Parteien die Kandidaten bekannt gegeben, mit denen sie sich um die Erststimmen der Wähler bewerben wollen.

Einer dieser Bewerber ist Florian Streibl von den Freien Wählern. Der 59-jährige Oberammergauer sitzt seit November 2018 für die Freien Wähler als Fraktionsvorsitzender im Bayerischen Landtag. Er wolle als "Fürsprecher für den Alpenraum" erneut in den Landtag einziehen, sagt er im SZ-Gespräch. Ein wichtiges Thema ist für ihn neben dem Tourismus auch der Erhalt und die gezielte Unterstützung der bäuerlichen Landwirtschaft. Für ihn stellen die kleinen, oft familiären landwirtschaftlichen Betriebe eine sehr wichtige Art der Kultur im Oberland dar.

Streibl will sich neben diesen regionalen Aspekten auch für eine regionale Art der Energiewende einsetzen. Dafür fordert er eine "technologieoffene" Herangehensweise; vor allem möchte er die Produktion und Nutzung von Wasserstoff im Landkreis ausbauen.

Sehr gute Chancen auf den Sitz im Landtag hat Thomas Holz, 46, von der CSU. Seine Partei erhält traditionell die meisten Erststimmen im Stimmkreis. Der gelernte Rechtsanwalt ist seit 2007 erster Bürgermeister der Gemeinde Kochel am See und seit 2014 außerdem stellvertretender Landrat im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Mit seiner Kandidatur tritt er die Nachfolge von Martin Bachhuber an, der bei der Landtagswahl 2018 das Direktmandat im Landkreis erhalten hatte. Ähnlich wie Streibl sieht auch Holz sich als "Kümmerer" für die Belange der Menschen aus der Region. In seiner Rolle als Bürgermeister nehme er diese Rolle bereits jetzt ein, als Abgeordneter im Landtag wolle er die Bedürfnisse der Menschen auch auf Landesebene vertreten und vorbringen. Dazu plant er - sollte er gewählt werden - regelmäßige Sprechstunden in den verschiedenen Regionen des Stimmkreises anzubieten, damit die Bürgerinnen und Bürger ein offenes Forum haben, indem sie ihm ihre Wünsche und Bedürfnisse schildern können.

Holz betont im Gespräch die Relevanz der Landwirtschaft für den Landkreis. Für einen besseren Umwelt- und Naturschutz will er sich zusammen mit den Landwirten einsetzen. "Hightech und Heimat" nennt er seinen Slogan für die Entwicklung der Region; seine persönliche Weiterentwicklung von "Laptop und Lederhose". Er will "die Lebensart in seinem Stimmkreis" erhalten und sich dafür auch im Landtag einbringen. Der Stimmkreis 111 sei sehr divers, sagt Holz. Da müsse man viele Wünsche von Bürgern und gleichzeitig auch Anforderungen der Zukunft zusammenbringen - "und dabei muss die Art und Weise, wie wir leben, erhalten bleiben".

Um einen Sitz im Landtag bewirbt sich auch Benedikt Hoechner, 34. Der Software-Berater aus Murnau tritt bei der Landtagswahl im Oktober für die SPD an. Er ist in Murnau aufgewachsen und hat dann in Nürnberg und Magdeburg studiert, seit 2006 ist er bei den Sozialdemokraten aktiv. Ein wichtiges Thema für ihn ist der Wohnraum im Landkreis. Er wünsche sich "Häuser, die atmen", die also mit den Bedürfnissen ihrer Bewohner wachsen - oder eben wieder schrumpfen. Aktuell sei es gerade für Familien schwer, passende Wohnungen im Landkreis zu finden, während ältere Menschen oft viel zu große Wohnungen bewohnten, sagt er.

Eng verbunden mit der Wohnpolitik ist für Hoechner der öffentliche Nahverkehr. Er will die öffentlichen Verkehrsmittel im Landkreis verlässlicher und pünktlicher machen, damit beispielsweise Pendler sich für ihren Weg zur Arbeit darauf verlassen können. Gerade dafür, sagt Hoechner, sei allerdings eine überregionale Koordination wichtig - diese will er im Landtag voranbringen. Außerdem will er die Energiewende in Bayern schneller umsetzen, besonders wichtig ist für ihn dabei die Windkraft. Neben windkraftfreundlicheren Landesgesetzen fordert er einen stärken Ausbau des Stromnetzes, damit dieses den Anforderungen der Energiewende besser gewachsen ist.

Die Energiewende ist auch für den Kandidaten der Grünen, Jakob Koch, wichtig. Mit seiner Kandidatur möchte er "ein möglichst gutes Ergebnis erzielen, um die wichtigen Inhalte umzusetzen" - etwa "jedes Gramm CO2" zu sparen. Er studiert Lehramt für Sonderpädagogik in München, ist mit 24 Jahren der Jüngste der bisher bekannten Kandidaten und wohnt in Beuerberg. Seit 2015 ist der Sohn des Dritten Landrats Klaus Koch in Bad Tölz-Wolfratshausen bei den Grünen aktiv, mit Freunden hat er die Grüne Jugend in Wolfratshausen aufgebaut. Auch wenn er betont, dass er ein Kandidat für die Interessen aller Altersgruppen im Landkreis sei, ist ihm das Engagement für die Jugend besonders wichtig. So will Koch sich für bessere Mobilitätsangebote einsetzen, damit Jugendliche aus allen Bevölkerungsschichten im Landkreis wohnen können und nicht mehr zwangsläufig auf das Auto zur Fortbewegung angewiesen sind.

Koch sagt im SZ-Gespräch zudem, dass er sich in Bayern für mehr Chancen- und Bildungsgerechtigkeit einsetzen will. "Bei diesem Thema gibt es in Deutschland gerade Zustände, die man eigentlich in einer Demokratie nicht akzeptieren kann." Aufstiegschancen seien für ihn zu stark an soziale Faktoren geknüpft, Armut verbaue diese Chancen oft komplett.

Auch Die Linke hat für den Stimmkreis 111 mit Sebastian Englich einen Direktkandidaten aufgestellt. Der Bäckermeister aus Bad Tölz ist erst seit 2019 Mitglied der Linken, hat die Partei aber bereits im Bundestagswahlkampf 2017 aktiv unterstützt. Seit 2020 sitzt er für die Linke im Kreistag. Vor seiner Zeit bei der Linken hat er sich für die Piratenpartei engagiert, bis deren Positionen sich zu stark von seinen Überzeugungen entfernt hatten. Mit seiner Kandidatur will auch er sich für eine sozialere Wohnungspolitik einsetzen. Er hat vor, einen Plan für neuen und bezahlbaren Wohnraum zu entwickeln, damit Menschen nicht aus Wohnungsnot aus dem Landkreis wegziehen müssten.

Auf der Agenda von Englich steht zudem der Ausbau des Radwegenetzes in seinem Stimmkreis. Auch die geplante Verlängerung der S7 müsse "endlich" umgesetzt werden, fordert er. Diese beiden Punkte könnten den Landkreis nicht nur für Touristen, sondern auch für die Bewohner deutlich attraktiver machen.

Zur Wahl steht für die Bürgerinnen und Bürger im Stimmkreis 111 überdies Tim Sachs von der FDP. Der 32-Jährige stammt aus Mittelhessen und ist "seit sechs Jahren Wahlbayer", seit zwei Jahren wohnt er in Bichl. Er beschreibt sich selbst als freiheitsliebenden Menschen, der sich mit seiner Kandidatur für mehr Selbstbestimmung der Menschen einsetzen will. Ein zentraler Punkt ist dabei sein Engagement für den Mittelstand; er selbst ist Gründer einer Unternehmensberatung und hat daher Kontakte zu anderen Unternehmen aus der Region. "Viele, gerade mittelständische Betriebe kämpfen mit bürokratischen Auflagen", berichtet er im SZ-Gespräch, deswegen könnten sie sich oftmals gar nicht mit ihrem eigenen Geschäft befassen.

Sachs will sich mit seiner Kandidatur außerdem dem Gesundheitswesen zuwenden. Als großes Problem sieht er dort, dass zwar Geld vorhanden sei, wegen der schlechten Arbeitsbedingungen allerdings zu wenig Personal. Er will sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen, damit "das Menschliche in der Pflege" nicht verloren gehe. Zusätzlich plädiert er, ähnlich wie der Grüne Koch, für mehr Chancengleichheit in der Bildung. Sachs möchte "strukturelle Benachteiligungen beim Start ins Leben ausräumen" und auch Menschen aus ärmeren Haushalten gleiche Bildungschancen ermöglichen.

Ein weiterer Kandidat für den Stimmkreis 111, Manuel Tessun, kommt von der ÖDP. Er ist in München geboren und wohnt inzwischen in Egling. Erst mit 40 Jahren ist der Unternehmer in die ÖDP eingetreten, aktuell sitzt er für die ÖDP im Kreistag Bad Tölz-Wolfratshausen. Zu Tessuns wichtigsten Themen gehört eine transparentere Darstellung des Einflusses von Konzernen auf die Politik im Land. Er will sich außerdem für mehr nachhaltiges Bauen einsetzen. Zudem spricht er sich, auch wenn die Corona-Pandemie im Alltag der Menschen kaum noch bemerkbar ist, gegen eine verpflichtende Covid-19-Impfung aus. Tessun war für ein persönliches Gespräch nicht zu erreichen, hat aber schriftlich Fragen beantwortet.

Auch die AfD hat mit Ingo Hahn einen Kandidaten für die Landtagswahl aufgestellt. Hahn sitzt, wie Streibl auch, bereits seit 2018 im bayerischen Landtag, seit 2014 ist er Mitglied der AfD. Er lehrt als Professor für Geografie, Geoökologie und Kartografie an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München, lässt diese Tätigkeit aber aufgrund seines Landtagsmandats derzeit ruhen. Hahn hat auf eine Anfrage für ein Gespräch zu seiner Kandidatur und seinen Themen nicht reagiert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5767969
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.