Süddeutsche Zeitung

Renntermin bleibt unklar:Gaißacher Schnabler müssen noch warten

Nach drei Jahren Pause fiebert der Ort dem traditionellen Schlittenrennen entgegen. Doch noch liegt nicht genug Schnee.

Von Yannik Achternbosch, Gaißach

In den vergangenen zwei Jahren war es ausnahmsweise mal nicht der Schnee, der zum Ausfall des traditionellen Schnabler-Rennens geführt hat: Wegen der Corona-Pandemie mussten die Veranstaltungen 2021 und 2022 aus Gründen des Infektionsschutzes abgesagt werden. Die Absage des Rennens Anfang 2020 hatte allerdings den ganz traditionellen Grund: zu wenig Schnee. Die Corona-Einschränkungen sind inzwischen aufgehoben, das diesjährige Rennen könnte nach drei Jahren Pause also wieder im gewohnten Rahmen stattfinden. Aktuell sieht es dafür allerdings nicht besonders gut aus, auch wenn die Landschaft gerade wieder weiß ist. Einen Renntermin am Sonntag, 29. Januar, schließen die Organisatoren aus: "Die Schneelage ist vor allem im Zielbereich deutlich zu wenig", sagt Schriftführer Florian Weber. Für die Austragung dieser Wintersportveranstaltung der besonderen Art bleiben also nur noch die ersten zwei Sonntage im Februar. Weber hofft dabei auf Beistand von ganz oben: "Hoffentlich ist uns Frau Holle wohlgesonnen und lässt es in den nächsten Tagen ordentlich schneien."

Ein bisschen enttäuscht über die Schneelage sind sie im Verein aktuell schon, berichtet auch Präsident Balthasar Brandhofer. Im "Hohen Komitee" gebe es einige neue Mitglieder, es herrsche regelrecht Aufbruchsstimmung. "Aber die Sicherheit ist das Wichtigste", sagt er - und die sei bei der aktuellen Schneemenge am Hang noch nicht gegeben. "Wenn da unten zwei Schlitten drüberfahren, ist der Schnee weg." Normalerweise nehmen etwa 30 Schnabler-Teams sowie etwa 40 Einzelstarterinnen und -starter an dem Rennen teil. Kunstschnee ist für die Schnabler keine Alternative, der Wettkampf muss unter natürlichen Bedingungen ausgetragen werden.

Das Schnabler-Rennen findet am Lehener Berg in Gaißach statt. Nach einer kurvigen Abfahrt von etwa 1,5 Kilometern über einen Waldweg gehört es dann zur großen Kunst der Holzschlittenfahrer, mit ihrem Gefährt am Gerstlandhang vor der Zieleinfahrt noch einen möglichst weiten Sprung hinzulegen. Der Weitsprung-Rekord stammt aus dem Jahr 1981, der Schlitten flog damals 25 Meter durch die Luft. Gesteuert werden die eigentlich als Transportschlitten konstruierten Gefährte ohne Bremsen und Lenkhilfen, lediglich Körperkraft und Geschick der Fahrer entscheiden über den Sieg.

Sollten die Schnabler in diesem Jahr noch starten, erwarten die Veranstalter nach der Zwangspause während der Pandemie einen besonders hohen Andrang an Zuschauern. "Die Menschen möchten endlich wieder ein Rennen sehen", sagt Weber. Dabei soll allerdings die eigentliche Tradition bewahrt werden, weswegen es eine besonders strenge Regel für die Teilnahme gibt: Bei Einzelschlitten muss der Fahrer oder die Fahrerin aus Gaißach stammen, bei einem doppelten Schlitten mindestens die vordere Person. Außerdem müssen alle Fahrer und Beifahrer an einer Sicherheitsbelehrung zum Rennen teilnehmen, damit sie über die Gefahren aufgeklärt werden. Ganz ungefährlich sind die rasante Abfahrt durch den Wald und der Sprung am Ende nämlich nicht. Zudem ist die Teilnahme im alkoholisierten Zustand untersagt, im Ziel darf aber durchaus ein Bier oder ein Glühwein getrunken werden.

Das Rennen der Schnabler in Gaißach geht auf eine Wette aus dem Jahr 1928 zurück und findet seitdem jährlich im Januar oder Februar statt - sofern Schnee oder Pandemie das zulassen. Ins Leben gerufen haben diese Wintersport-Tradition der außergewöhnlichen Art ein paar junge Männer aus dem Ort. Sie haben Holz und Heu auf ihren Schlitten transportiert und gewettet, wer von ihnen am schnellsten den Hohlweg der 1124 Meter hohen Schwaigeralm ins Tal fahren kann. Wegen der Austragung in der Faschingszeit nehmen sowohl die Rennfahrer als auch die Zuschauer oft in ausgefallenen Verkleidungen am Schnabler-Rennen teil.

In Gaißach ist der Schlitten-Wettkampf aktuell das bestimmende Thema, wie Weber berichtet: "Auch bei uns im Dorf wird gerade fast ausschließlich über das Rennen gesprochen." Noch hoffen die Vereinsmitglieder, dass das Event im Ort wieder stattfinden kann. Regelmäßig blickt das Komitee auf die Wettervorhersage für die kommenden Tage. Die ist allerdings noch nicht eindeutig, die für Gaißach und Umgebung prognostizierte Schneemenge schwankt immer wieder. So müssen sie einfach abwarten und hoffen. "Wenn der liebe Gott will, dann fahren wir", sagt Brandhofer.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5738833
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/aip
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.