Bad Tölz-Wolfratshausen:Flößer: Behörden haben zu spät reagiert

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Rettungswägen an der Marienbrücke in Wolfratshausen am Samstag. Dort ist auch die Floßlände. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Während die Profis schon am Freitagabend erkannten, dass die Isar derzeit wegen des Hochwassers nicht sicher ist, konnten noch am Samstag Freizeitsportler auf den Fluss. Viele mussten gerettet werden.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Behörden hätten die Isar früher für den Bootsverkehr sperren müssen. Das findet Elfriede Angermeier vom gleichnamigen Flößerbetrieb. Sie wirft den Behörden vor, dass Befahrverbot zu spät ausgesprochen zu haben. Schon am Freitagabend hätten sie und ihr Mann Michael an der Wolfratshauser Marienbrücke dicke Baumstämme vorbeitreiben sehen. Die verkeilten sich mitten im Fluss und seien an der Wasseroberfläche oft nicht zu sehen. Schlauchboote könnten dadurch leicht aufgeschlitzt werden. Das Verbot hätte deshalb spätestens Samstagfrüh erfolgen müssen, sagt Angermeier. Seitdem sind sämtliche Wolfratshauser Flößer nicht mehr auf der Isar unterwegs gewesen - zu gefährlich.

Das Befahrverbot bleibt bis auf Weiteres bestehen

Die Behörden reagierten nach zahlreichen Rettungsaktionen aber erst am Samstagnachmittag: Die Landratsämter Bad Tölz-Wolfratshausen und München verhängten das "Befahrverbot" zwischen Geretsried und Egling beziehungsweise von der Landkreisgrenze bis zur Großhesseloher Brücke. Das rechtfertigen sie damit, dass sich die Situation erst am Samstag zugespitzt habe. Das Verbot bleibt bis auf Weiteres bestehen. Für diesen Dienstag sind bereits neue Regenfälle angesagt.

Für Angermeier sind Ausflügler auf der Isar unter den derzeitigen Bedingungen einfach nur "blöde". Wer mit gesundem Menschenverstand urteile, fahre einfach nicht mit dem Boot auf dem Fluss. Die Strömung sei gerade von der Wolfratshauser Marienbrücke flussabwärts - dort startet die Familie Angermeier ihre Floßfahrten - zu stark. Die von den Behörden aufgestellten Hinweisschilder zum "Befahrverbot" hält sie hingegen für kaum ausreichend. Klar sichtbare rote Flaggen wie am Meer wären aus ihrer Sicht sinnvoller.

Der Wolfratshauser Flößermeister Josef Seitner hat bereits alle Fahrten am Dienstag und Mittwoch abgesagt. Wann es wieder losgeht, kann er nicht abschätzen. Das prüfte er von Tag zu Tag, erklärt er. Über die Freizeitsportler mit Schlauchbooten kann auch er nur den Kopf schütteln. "Die unterschätzen, dass die Isar ein Wildfluss ist."

Wer das Verbot missachtet muss mit hohen Bußgeldern rechnen

Das Tölzer Landratsamt und das Landratsamt München haben die "Befahrverbote" am späten Samstagnachmittag gleichzeitig angeordnet. Cornelia Breiter, Sachgebietsleiterin für Wasserrecht am Tölzer Landratsamt, rechtfertigt den Zeitpunkt. Schließlich schränkten die Behörden damit ein hohes Gut ein - nämlich die freie Befahrbarkeit der Flüsse für alle. Die Situation habe sich erst am Samstag zugespitzt. Wasserwacht und Deutsche-Lebensrettungs-Gesellschaft hätten an diesem Tag als erste vor den Gefahren gewarnt. Im übrigen seien Flößer und private Bootsfahrer nicht vergleichbar. Die gewerblichen Flößer hätten eigene, sehr strenge Genehmigungsrichtlinien. Sie seien schließlich für viele Fahrgäste verantwortlich.

Erst von der Tattenkofener Brücke an flussabwärts weisen Schilder an den Haupteinstiegsstellen auf das Befahrverbot hin. Das hält der stellvertretende Sachgebietsleiter für Sicherheit und Ordnung am Landratsamt, Alexander Bauer, für ausreichend. Wer sich daran nicht halte, begehe eine Ordnungswidrigkeit und müsse mit Bußgeldern bis zu 50 000 Euro rechnen. Bauer hält es nicht für notwendig, schon in Bad Tölz auf das Verbot weiter flussabwärts hinzuweisen. Von der Kreisstadt bis zur Tattenkofener Brücke sei es schließlich gestattet, die Isar zu befahren.

Wann Bootsfahrer wieder auf die Isar dürfen, hängt vom Regen ab

Dass das überhaupt noch möglich ist, erklärt Bauer damit, dass sich dort anders als nördlich der Tattenkofener Brücke keine Bäume im Fluss verkeilt hätten. Auch seien die Strömungsverhältnisse weniger tückisch. Wie lange das Verbot bestehen bleibt, kann er schwer abschätzen. Das hänge von den erwarteten Niederschlägen in den kommenden Tagen und der Abflussmenge aus dem Sylvensteinspeicher ab.

Der Speichersee südlich von Lenggries ist derzeit gut gefüllt. Laut Betriebschef Andreas Bauer liegt der Wasserspiegel derzeit rund zwei Meter über dem im Sommer angepeilten Ziel von 750 Metern über Meereshöhe. Angesichts der zu erwartenden Niederschläge müsse derzeit mehr Wasser abgelassen werden, als zufließe, um die Marke wieder zu erreichen. Das werde maximal bis Mittwoch dauern.

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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