Sicherer Radverkehr:Wie Fahrradunfälle vermieden werden können

Sicherer Radverkehr: Bessere Radwege können für mehr Sicherheit im Verkehr sorgen.

Bessere Radwege können für mehr Sicherheit im Verkehr sorgen.

(Foto: Manfred Neubauer)

2022 haben sich im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen mehr Zusammenstöße mit verletzten Radlern ereignet. Woran das liegt und wie die Anzahl reduziert werden kann.

Von Yannik Achternbosch, Bad Tölz-Wolfratshausen

Seit Beginn der Corona-Pandemie boomt der Radverkehr. Zumindest vorübergehend wollten Menschen Innenräume meiden, auf dem Zweirad war die Gefahr einer Ansteckung deutlich geringer als in öffentlichen Verkehrsmitteln. Das gestiegene Interesse am Radverkehr führt allerdings auch zu deutlich mehr Unfällen. Im Jahr 2022 ereigneten sich im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen 214 Verkehrsunfälle mit Beteiligung von Velofahrern, 2021 waren es noch 199 Zusammenstöße mit Fahrrädern. Auch die Anzahl der Unfälle mit verletzten Radlern ist leicht gestiegen, von 196 in 2021 auf 199 in 2022, wie Zahlen des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd zeigen. Im Gegensatz zu 2021 ist im vergangenen Jahr im Landkreis immerhin kein Radfahrer bei einem Unfall ums Leben gekommen.

Die Zahlen zeigen allerdings nicht nur, dass sich mehr Menschen bei Fahrradunfällen verletzen. Sie zeigen auch, dass fast jeder Unfall mit einem Fahrrad, den die Polizei aufnimmt, auch mit einer Verletzung einhergeht. Der Grund dafür sind nicht etwa überhöhte Geschwindigkeit oder ständig abgelenkte Radfahrer, er ist viel offensichtlicher: Während Menschen in Autos geschützt sind, schützt Menschen auf Fahrrädern im Fall eines Zusammenstoßes höchstens ihr Helm vor den allerschlimmsten Verletzungen. "Der Autofahrer kriegt einen Kratzer in sein Blech rein und das war's dann. Der, der im Zweifel mit seinem Leben darunter leidet, ist der Radfahrer", sagt Nikolaus Wiedemann, Ehrenvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Bad Tölz-Wolfratshausen. Für diese Gefährdung müsse vor allem bei Autofahrern ein verstärktes Bewusstsein geschaffen werden. "Die Gefahr geht immer von dem Großen, Starken und Schweren aus - und das ist der Autofahrer", sagt Wiedemann.

Auffällig anders analysiert das Polizeipräsidium Oberbayern Süd das Problem. Auf Nachfrage berichtet Pressesprecher Maximilian Maier, dass man derzeit neben präventiven Maßnahmen wie Infoständen auf Messen und dem "Radlführerschein" in der vierten Klasse prüfe, spezielle Fahrradstreifen einzusetzen. Dabei handelt es sich um Polizisten auf Fahrrädern, die "einen besseren Kontakt zu allen Radfahrern" erlangen sollen. Diese Antwort legt nahe, dass das Problem von Unfällen mit Fahrradbeteiligung für die Polizei vor allem bei den Radfahrern liegt. "Als oberster Grundsatz für Radfahrer und auch Autofahrer gilt: Ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht", sagt Maier.

Wiedemann kritisiert die Polizei im Gespräch für genau diese Darstellung von Unfällen: Häufig stehe erst ganz unten in den Polizeimeldungen, dass "der Autofahrer der war, der den Fahrradfahrer umgefahren hat." Eine ähnliche Analyse hatte der Tagesspiegel 2020 durchgeführt und darin gezeigt, dass Autounfälle in Mitteilungen der Polizei oftmals verharmlost werden. Die Lösung dieses Problems ist für Wiedemann sehr klar: "Es müssen alle darauf hinarbeiten, dass das Fahrrad ein vollwertiges Verkehrsmittel ist und man darauf entsprechend Rücksicht nehmen muss." Das beginne bei den Materialien der Führerscheinprüfung und müsse sich auch in den Äußerungen und Planungen von Politikern zeigen, die Fahrräder bei der Straßen- und Städteplanung als Priorität mitdenken müssen.

ADFC organisiert Sicherheitstrainings

Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen passiert das, so Wiedemann, bisher viel zu wenig. Er kritisiert beispielsweise, dass es immer noch keine ausgebaute Fahrradverbindung zwischen Geretsried und Bad Tölz gebe. "Das ist eine wichtige Verbindung, die aber nicht eigentlich nicht existiert." Auch wenn einzelne Landwirte die Flächen dafür nicht zur Verfügung stellen wollen, sieht er die Verantwortung bei der Politik, die "eben eine andere Lösung" finden müsse. Ein Problem sei dabei auch das staatliche Bauamt in Weilheim, das für den Straßenbau im Landkreis zuständig ist. "Ich habe das Gefühl, die blockieren einfach nur alles, was man an guten Vorschlägen in ihre Richtung schickt", sagt er etwas resigniert.

Nikolaus Wiedemann betont im Gespräch zwar immer wieder, dass es auch bei Autofahrern mehr Bewusstsein für radelnde Verkehrsteilnehmer braucht. Allerdings können auch Radler mehr Sicherheit auf dem Rad erlangen. Der ADFC bietet dafür am 18. März von 14 bis 17 Uhr in Geretsried ein Fahrsicherheitstraining, das sich sowohl an Menschen mit einem herkömmlichen Fahrrad als auch an Menschen mit einem E-Bike richtet. Weitere Informationen dazu bietet der Verein unter toel-wor.adfc.de an.

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