Bad Tölz-Wolfratshausen:Endlich wieder arbeiten

Eine junge, kranke und arme Alleinerziehende will sich eine Existenz aufbauen

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Allein auf sich gestellt zu sein, sich eine Existenz aufbauen zu müssen und obendrein verantwortlich für ein elf Monate altes Kind zu sein, das kann für eine junge Mutter zur Herausforderung werden. Alma B. (Name geändert) ist 20 Jahre alt und weitgehend auf sich allein gestellt. Der Vater des Kindes zeigt kaum Interesse am Nachwuchs, Unterhalt zahlt er nicht. Alma B.s Familie kann die junge Frau nur begrenzt unterstützen. Momentan lebt die 20-Jährige von Arbeitslosengeld II, dazu kommt noch Elterngeld. Zudem hat sie sich in jungen Jahren verschuldet, als sie die Kosten für ihre Ausbildung zur Kosmetikerin schulterte.

Auf dem Boden des Zimmers liegen bunte Spielsachen. Doch der Junge hantiert lieber mit der Fernbedienung herum oder zieht am Tischläufer. Jede Minute beansprucht er die Aufmerksamkeit seiner Mutter. Die beiden haben eine sehr innige Beziehung. Aber auch das kann fordernd sein. Um für einige Stunden am Tag Luft für etwas anderes zu haben, soll der Bub in eine Krippe. Zurzeit läuft die Eingewöhnungsphase - "schon manchmal schwierig", erzählt Alma B. Zumal sie mit dem Buben quer durch ihren Wohnort muss, um zur Kindertagesstätte zu gelangen. Alles zu Fuß, das dauert einfach eine Dreiviertelstunde bergauf mit Kinderwagen. Ein Auto besitzt Alma B. nicht. Als sie erst um 10 Uhr dort sein musste, konnte sie mit dem Baby den Bus nehmen. Nun beginnen die Zeiten frühmorgens, "da fährt nichts. Hoffentlich schneit es nicht. Ich weiß nicht, wie das mit dem Kinderwagen gehen wird", sagt die 20-Jährige. Und fügt schnell hinzu, sie sei nicht zu faul zu gehen. Aber wenn der Kleine anfange zu schreien, sei das manchmal viel zu viel.

Ein Auto ist der große Wunsch von Alma B. Oder besser gesagt, einer der beiden großen Wünsche. Seit der Geburt ihres Kindes leidet sie an Diabetes. Die Krankheit schränkt ihren Alltag ein. Hinzu kam eine Schilddrüsenerkrankung. Da werde es ihr manchmal schon bange, was aus ihrem Sohn werde, wenn sie erkranke. Zur Kontrolle ihrer Zuckerkrankheit müsste sie regelmäßig in eine Fachklinik fahren. Doch die öffentlichen Verbindungen dorthin sind schlecht - und mit Kind beschwerlich. Eine Therapie, um ihre eigene Geschichte aufzuarbeiten, ist derzeit nicht drin, weil die entsprechende Therapeutin in Penzberg im Landkreis Weilheim-Schongau sitzt. Auch dorthin sind die Busverbindungen nicht die besten. Trotz ihres geringen Einkommens hat es Alma B. geschafft, auf einen Führerschein zu sparen. Vor zwei Monaten hat sie die Prüfung bestanden. "Leider kann ich jetzt nicht regelmäßig fahren", erzählt sie. Manchmal lasse ein Freund sie mit seinem Wagen üben.

Unbedingt wegkommen will die 20-Jährige von den finanziellen Leistungen des Jobcenters. Sie möchte auf eigenen Beinen stehen und sucht daher einen kleinen Praxisraum. Kostengünstig müsste er sein. Sie will wieder in ihrem Beruf arbeiten, aber nicht als Kosmetikerin im herkömmlichen Sinn. Mit Zusatzausbildung möchte sie ihr Wissen im medizinischen Bereich einsetzen, Aknenarben oder Altersflecken mit Ultraschall und Radiofrequenz behandeln. Nicht nur die Miete fällt dafür an, Alma B. braucht Geräte und Materialien. "Es wird Zeit, dass ich anfange zu arbeiten." Sie hat Ärzte angeschrieben, die vielleicht an ihrer Arbeit interessiert sein könnten.

Da der Kleine nur vormittags in der Krippe betreut wird, könne sie zunächst nur einige Stunden arbeiten. Am liebsten, erzählt sie, würde sie Dermatologie studieren. "Aber da geht ja momentan nicht."

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