Süddeutsche Zeitung

Bad Tölz-Wolfratshausen:CSU entsetzt, Grüne jubeln

Lesezeit: 3 min

Direktkandidat Martin Bachhuber zieht zum dritten Mal in den Landtag ein, allerdings mit seinem bisher schwächsten Ergebnis. Die Grünen werden auch im Landkreis zweitstärkste Kraft

Von Konstantin Kaip, Bad Tölz-Wolfratshausen

Ernüchterung bei der CSU, Jubel bei den Grünen, Zufriedenheit bei den Freien Wählern, Sprachlosigkeit bei der SPD: Die Landtagswahl hat im Landkreis bei den Parteien und ihren Direktkandidaten ähnliche Reaktionen geweckt wie im ganzen Freistaat. Gemessen am Gesamtergebnis ist die CSU zwar mit 40,9 Prozent (Zweitstimmen) im Landkreis besser weggekommen. Im Vergleich zu 2013, da die Christsozialen 57,8 Prozent erreichten, ist der Verlust jedoch drastisch. Historisch hoch hingegen ist das Ergebnis der Grünen mit 17,9 Prozent. Drittstärkste Kraft sind die Freien Wähler (10,7 Prozent). Die SPD erlitt mit 6,4 Prozent der Zweitstimmen die größte Niederlage. Die Sozialdemokraten hatten vorsorglich auf eine Wahlparty verzichtet.

CSU-Direktkandidat Martin Bachhuber konnte wieder einmal die meisten Erststimmen gewinnen (37,1 Prozent) und zieht somit zum dritten Mal hintereinander in den Landtag ein. Allerdings nach einer deutlichen Klatsche. Bei der vergangenen Landtagswahl 2013 hatte Bachhuber ein deutliches Votum von mehr als 51 Prozent der Erststimmen erhalten; und auch 2008, als die Wähler ihn für das Kasernen-Debakel in Bad Tölz abgestraft hatten, hatte ihn noch mehr als 45 Prozent gewählt. Bei dem Bad Heilbrunner, der am Sonntag seinen 63. Geburtstag feierte, kam also keine Freude auf. "Das ist sehr ernüchternd", sagte er bei der Wahlparty der CSU in Königsdorf angesichts der ersten Hochrechnungen, die seiner Partei ein fast historisches Tief bescherte. "Bis gestern hatte ich gehofft, dass es etwas mehr werden würde." Bachhuber räumte jedoch ein: "Es hätte tatsächlich aber auch noch schlimmer kommen können."

Im Landtag wird er sich nun umgewöhnen müssen - von einer Alleinregierung der CSU an eine Koalition. Am wahrscheinlichsten ist diese mit den Freien Wählern, inklusive ihres Direktkandidaten für den Stimmkreis, Florian Streibl. Auf Platz eins der Liste, konnte Streibl im Landkreis für seine Partei mit 13,0 Prozent erneut deutlich mehr Erst- als Zweitstimmen (10,5 Prozent) erzielen. Streibl nannte das Abschneiden der Freien Wähler am Sonntag "grandios". Es sei "das beste Landtagsergebnis, das wir je hatten", sagte er. "Und es bestätigt, das Themen wie die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung und die Einführung des G 9 sehr wohl bei den Wählern ankommen." Für eine Koalition der bürgerlichen Mitte stehe man bereit, so Streibl. "Der Ball liegt nun bei der CSU."

Für die Grünen war der Sonntagabend ein Festtag. Schließlich erzielten sie auch im Landkreis mit 23,9 Prozent für den Direktkandidaten Hans Urban und 2o,1 Prozent der Zweitstimmen ein historisch gutes Ergebnis - und wurden zweitstärkste Kraft. Entsprechend ausgelassen war die Stimmung auf der Wahlparty der Partei im Stücklhof in Eurasburg, der Heimatgemeinde Urbans. "Das ist das Resultat aus dem Wahlkampf und aus dem politischen Auftreten der Parteien über die letzten Monate und Jahre", resümierte der Biobauer. "Die Grünen sind bei ihrer Haltung geblieben und nicht auf den populistischen Zug aufgesprungen. Das haben wir nicht nötig gehabt, weil wir Themen vertreten, die die Menschen bewegen."

Die AfD zieht nun erstmals in den bayerischen Landtag ein - auch mit Unterstützung aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Insgesamt lag das Ergebnis mit 7,7 Prozent der Zweitstimmen allerdings unter dem der Bundestagswahl von 11,94 Prozent. Die Direktkandidatin Anne Cyron konnte 7,8 Prozent der Erststimmen erzielen. Für eine Stellungnahme zum Wahlausgang war sie am Sonntagabend nicht zu erreichen.

Für die SPD, die in Bayern die Zehn-Prozent-Marke nicht knacken konnte, war der Sonntag ein schwarzer Tag. Im Landkreis gaben nurmehr 6,5 Prozent der Wähler ihre Zweitstimme den Sozialdemokraten, die 2013 immerhin noch 17,1 Prozent erzielen konnten. "Mir fehlen die Worte", sagte Direktkandidat Robert Kühn, der den Wahlausgang zuhause in Bad Wiessee verfolgte, zum Ergebnis der SPD. "Für so eine alte und ehrwürdige Partei ist das garantiert kein Freudenschrei."

Den spannendsten Wahlabend hatte wohl die FDP. Schließlich blieb lange unklar, ob sie die Fünf-Prozent-Hürde knacken würde. Auf ihrer Wahlparty in Tölz gaben sich die Mitglieder jedoch erstaunlich entspannt. Direktkandidat Fritz Haugg betonte die starke Konkurrenz der Freien Wähler. Es sei wichtig, dass die FDP in den Landtag komme, weil sie sich besonders für die Infrastruktur einsetze.

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Quelle:
SZ vom 15.10.2018
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