Bad Tölz-Wolfratshausen:Bereitschaft zur Impfung steigt

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Am Impfzentrum in Geretsried musste man für einen Pikser Schlange stehen. (Foto: Hartmut Pöstges)

In Bad Tölz-Wolfratshausen sind immer noch weniger als 60 Prozent der Bevölkerung gegen das Coronavirus geschützt. Doch mittlerweile muss man für einen Pikser sogar Schlange stehen. Zu Besuch an zwei Impfstellen.

Von Kathrin Müller-Lancé, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Zeiten, in denen die Mitarbeitenden der Impfstellen auf Impfwillige warten mussten, sind definitiv vorbei. Sowohl am Impfzentrum in Wolfratshausen als auch am Impfbus, der vor dem Isartaler Elektromarkt in Geretsried Station gemacht hat, stehen am Montagnachmittag etliche Menschen. Er warte hier bestimmt schon seit einer Stunde, schätzt ein Mann, der in Wolfratshausen vor dem Impfzentrum steht.

Dass die Schlangen vor den Impfstellen wieder länger werden, erstaunt kaum angesichts der aktuellen Pandemie-Lage: Die Sieben-Tage-Inzidenz erreicht beinahe täglich Höchstwerte, die Corona-Ampel steht auf Rot. Seit gut einer Woche gelten im Landkreis deshalb verschärfte Corona-Regeln - schon ein paar Tage länger als in weiten Teilen Bayerns. Die Impfquote liegt zwar immer noch unter 60 Prozent. Aber es geht wieder etwas vorwärts: Etwa 850 Menschen haben sich in der vergangenen Woche zumindest schon einmal eine Erstimpfung abgeholt - das sind in etwa doppelt so viele wie in den Wochen zuvor.

Wer sich unter den Wartenden in den Impfschlangen umhört, erfährt, dass die Menschen vor allem aus zwei Gründen gekommen sind: Viele wollen sich die Booster-Impfung abholen, zum Beispiel Helmut und Heike Gerber, die in Geretsried warten. "Die Impfung ist das Beste, was uns passieren konnte", sagt Heike Gerber, und schiebt hinterher: "Wir hoffen, dass wir noch etwas bekommen." Wenn es nach ihr und ihrem Mann ginge, hätte in Deutschland schon längst eine flächendeckende Impfpflicht eingeführt werden müssen - und die Impfstoffvergabe deutlich besser koordiniert werden.

In den Warteschlangen stehen aber auch einige, die sich zum ersten Mal impfen lassen wollen - und das aus unterschiedlichen Gründen. Die 38-jährige Kerstin Gasch steht in Begleitung ihres Mannes und eines Kinderwagens vor dem Geretsrieder Impfbus. "Ich wollte mich nicht am Ende der Schwangerschaft impfen lassen", sagt sie. "Aber jetzt ist die Geburt drei Wochen her, jetzt geht das." Skeptisch gegenüber der Impfung sei sie nie gewesen.

Zum ersten Mal impfen lassen will sich auch der 18-jährige Marc Sadowski in Wolfratshausen. "Es hat sich vorher irgendwie nicht ergeben", sagt er, "aber jetzt, wo wieder alle Sportvereine dichtmachen, habe ich mir gedacht, dann impfe ich mich halt." Etwas hinter ihm steht ein Mutter-Sohn-Gespann, das lieber anonym bleiben möchte. Auch sie warten beide auf die erste Impfung. Der 14-jährige Sohn auf seinen eigenen Wunsch hin, er habe generell nichts gegen die Impfung, sagt er. Seine Mutter hingegen gibt an, dass sie sich "definitiv widerwillig" impfen lasse. Aber der gesellschaftliche Druck werde immer größer, da wolle sie sich nicht ausgeschlossen fühlen. "Ich tue das letztlich für die Allgemeinheit", sagt sie. "Es gibt genug Leute, die unter einem erneuten Lockdown leiden würden."

Ein 31-Jähriger, der seinen Namen ebenfalls nicht in der Zeitung lesen möchte, sagt in der Schlange vor dem Wolfratshauser Impfzentrum: "Ich vertraue dem Impfstoff, aber ich hatte bisher nicht das Gefühl der moralischen Verpflichtung, mich impfen lassen zu müssen." Durch den zunehmenden politischen Druck habe er sich nun umentschieden. "Ich habe Angst, nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können", sagt er. "Da geht es ja nicht mehr nur um mich, sondern auch um meine Familie."

In eine ähnliche Richtung argumentieren zwei Frauen, die vor dem Impfbus in Geretsried anstehen. Auch sie haben sich, wie sie sagen, vor allem wegen ihrer Kinder zur Erstimpfung durchgerungen. "Ich habe das Gefühl, dass ich ohne Impfung mit meinen Kindern nirgends mehr hingehen kann", sagt eine der beiden. "Ich will einfach, dass das Chaos endlich aufhört", sagt die andere, "und ich will niemandem ein Intensivbett wegnehmen."

© SZ vom 16.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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