Energiekosten:Bad Tölz-Wolfratshausen: Spritpreise treffen Branchen hart

Energiekosten: Knapp 2,42 Euro kosten der Liter Diesel und Super Plus an dieser Tankstelle bei Königsdorf.

Knapp 2,42 Euro kosten der Liter Diesel und Super Plus an dieser Tankstelle bei Königsdorf.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Ambulante Pflegedienste, Taxifahrer und Bus-Unternehmen fordern angesichts der Preisexplosion an den Zapfsäulen schnelle Entlastung. Die Politik aber ist sich uneins, wie diese erfolgen soll.

Von Tilman Voss

Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Ölknappheit sorgen weiter für rasant steigende Preise an den Zapfsäulen des Landkreises. So kostete der Liter Benzin am Dienstagmittag in der Wolfratshauser Innenstadt 2,28 Euro, während für einen Liter Diesel 2,33 Euro zu Buche standen, andernorts im Landkreis sogar bereits mehr als 2,40 Euro. Laut ADAC haben sich die Preise für Super und Diesel in Deutschland allein seit Kriegsausbruch am 24. Februar um 25 respektive 38 Prozent verteuert. Die wachsenden Kosten sind nicht nur für Privatpersonen schwerer zu tragen, sondern auch für Unternehmen.

Eine Branche, die davon besonders getroffen wird, sind die ambulanten Pflegedienste. Einer davon ist die in Geretsried ansässige Pflegezentrale Wagner. Deren Geschäftsführer Stefan Schleicher nennt die explodierenden Spritpreise "annähernd eine Katastrophe" für sein Unternehmen. Schließlich seien die Ausgaben für Sprit schon vor der neuerlichen Teuerung durchschnittlich nur zu einem Drittel durch die Anfahrtspauschale der Kassen gedeckt worden, erklärt er. Nun müsse das Unternehmen bei 240 Einsätzen in der Woche mit einem Minus von 100 Euro am Tag rechnen, sagt Schleicher. Für die Pflegeunternehmen, die sich durch die corona-bedingten Probleme wie Personalmangel und Einnahmeausfälle ohnehin in einer finanziellen Ausnahmesituation befänden, könne diese Preisentwicklung beim Sprit das "Tröpfchen, das das Fass zum Überlaufen bringt" bedeuten. Problematisch sei vor allem, dass die zur Verfügung stehenden Budgets und Pauschalen nicht angehoben würden, während die Preise für Kraftstoff gleichzeitig förmlich durch die Decke gingen.

So sieht es auch Barbara Urban vom ambulanten Pflegedienst der Caritas im Landkreis. Zwar sei dort die Lage nicht so brenzlig wie in anderen Betrieben, sagt sie. Doch auch die Caritas müsse in Bad Tölz-Wolfratshausen mit einem höheren Defizit kalkulieren. Verhandlungen über höhere Tarife und Pauschalen seien wohl erst für das kommende Jahr geplant.

Eine Branche, die unter den hohen Spritpreisen besonders leidet, sind die lokalen Taxiunternehmen. So zahlt etwa der Geretsrieder Taxibetrieb Kottysch die zusätzlich anfallenden Kosten derzeit aus eigener Kasse, wie Geschäftsführer Jürgen Kottysch berichtet. Die Taxibetriebe hätten bereits vor Ausbruch des Krieges einen Antrag auf eine Erhöhung der Kilometerpauschale beim Landratsamt gestellt, sagt Kottysch. Diese liege momentan immer noch bei 1,90 Euro. Bis in der Kreisbehörde eine Entscheidung falle, versuchten die Fahrer, so gut es gehe Sprit zu sparen. Unter anderem sollen Leerfahrten so weit wie möglich vermieden werden, sagt Kottysch. Sollte der Antrag angenommen und die Pauschale vom Landratsamt erhöht werden, müssten sich Taxikunden auf höhere Preise einstellen.

Auch die Busunternehmen ziehen Konsequenzen aus den gestiegenen Kraftstoff-Preisen. So berichtet etwa Martin Matheis, Inhaber von "Isartal-Reisen", dass er die Preise für Busreisen mit seinen Kunden bei anhaltend hohen Dieselkosten wohl nachverhandeln müsse. Mittelfristig aber trage das Unternehmen die zusätzlichen Kosten für bereits gebuchte Reisen noch selbst.

Die Hoffnung der Betriebe liegt nun auf der Politik, von der sie Unterstützung und finanzielle Entlastung erwarten. Stefan Schleicher von der Pflegezentrale spricht sich beispielsweise für eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer aus, die es bereits während der Hochphase der Corona-Pandemie gegeben hat. Sein ambulanter Pflegedienst könne und wolle die zusätzlichen Kosten nicht auf die Kunden abwälzen, die ohnehin schon hohe Ausgaben für die Pflege zu tragen hätten, sagt er. Busunternehmer Matheis plädiert hingegen für eine Senkung der Mineralölsteuer oder der CO2-Abgaben.

Die Vorstellungen der Geschäftsleute gehen auseinander, genau wie die der Politiker. Der Wahlkreis-Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan (CSU) fordert etwa eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Diesel und Benzin und eine temporäre Absenkung aller Energiesteuern, da sich dies schnell umsetzen lasse: "Wichtig ist, dass es unbürokratisch ist und sofort wirkt", sagt Radwan. Es sei von großer Bedeutung, dass die zusätzlichen Einnahmen des Staates durch die steigenden Sprit- und Energiepreise beim Bürger verblieben. Durch niedrigere Steuern könne die Politik so Pendler und Mittelständler finanziell unterstützen.

Einen anderen Ansatz hat der ebenfalls für den Landkreis zuständige Bundestagsabgeordnete Karl Bär von den Grünen. Er setzt sich für die Auszahlung eines sogenannten Energiegeldes ein, einer festen jährlichen Pauschale, die an jeden Bürger ausgezahlt wird. Dieses Geld werde durch Einnahmen aus Energiesteuer und CO2-Abgabe refinanziert. Die Auszahlung sei nicht nur schnell umzusetzen, sagt Bär. Man könne damit vor allem sozial schwache Menschen besser unterstützen. Schließlich ziehe sich eine Steigerung der Energiepreise durch die gesamte Wirtschaft und sorge auch für höhere Preise bei anderen Gütern, so Bär. Auch wenn Leute kein Auto besäßen oder nicht überdurchschnittlich viel heizten, seien sie also früher und später mit ähnlichen finanziellen Problemen konfrontiert. Das Energiegeld seit "offensichtlich sozialer und ökologischer" als Steuersenkungen, findet Bär. "Denn damit würde man vor allem die unterstützen, die viel Energie verbrauchen. Und das sind vor allem die, die sich das leisten können."

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