Tölzer "West Side Story": Mammut-Projekt nimmt Fahrt auf

Tölzer "West Side Story": Das Lampenfieber steigt: Harald Roßberger, Eva Emmler und Sarah Thompson in der Garderobe des Tölzer Gymnasiums.

Das Lampenfieber steigt: Harald Roßberger, Eva Emmler und Sarah Thompson in der Garderobe des Tölzer Gymnasiums.

(Foto: Manfred Neubauer)

Musik, Schauspiel, Tanz und Akrobatik: 200 Begeisterte vor und hinter den Kulissen fiebern der Premiere am Freitag entgegen.

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Nur noch wenige Tage sind es bis zur Premiere des Musicals "West Side Story", das vom Gabriel-von-Seidl-Gymnasium und der Tölzer Sing- und Musikschule gemeinsam auf die Beine gestellt wird. Nach vier Jahren Vorbereitungen, Corona-Unterbrechungen, einem kompletten Neustart im November vorigen Jahres und vielen Probenwochenenden ist die Vorfreude auf die Premiere am Freitag, 27. Januar, bei den Beteiligten riesig. "Wir sind heiß wie Frittenfett", sagt Musikschulleiter Harald Roßberger, der sich mit Lehrerin Eva Emmler die Gesamtkonzeption teilt und musikalischer Leiter des Mammutprojekts mit fast 200 Beteiligen ist.

Beim Pressegespräch ahnt man, welcher Kraftakt es ist, ein solches Projekt zu stemmen und unter Corona-Bedingungen durchzuziehen. Dafür braucht es nicht nur einen langen Atem, sondern auch breite Schultern. "Wir mussten die Strukturen eines Theaters erst schaffen", sagte Emmler. Viele haben sich eingebracht, und so ist diese Musicalproduktion zu einem generationsübergreifenden Gemeinschaftsprojekt geworden, das über den schulischen Rahmen weit hinausgeht.

Gut 100 junge Darsteller sind dabei, davon etwa 30 ehemalige Schüler, die zu den Probenwochenenden zum Teil eigens anreisen. Es gibt ein achtköpfiges Team aus Lehrkräften beider Schulen. Im 50-köpfigen East-Side-Isar-West-Side-Story-Orchestra, kurz "Easiwesso", sind alle vertreten, die in Tölz in musikalischer Hinsicht Rang und Namen haben. Ein Co-Coach-Team mit 20 Tänzern hat während der Corona-Zeit mit Maske und Abstand trainiert und den anderen die Tanzschritte dann weitergegeben. Es gibt eine Akrobatikgruppe und ein Ton- und Lichttechnikteam. Fünft- und Sechstklässler aus der "Komparserie" helfen beim Umbau, Profis bei der technischen Umsetzung des Bühnenbilds. Externe kümmern sich in "Aktiv-Teams" um Finanzierung und Sponsoring oder helfen bei Kostümen und Maske.

Man wolle ein Niveau bieten, das über eine Schulaufführung hinausgehe

"Wir haben uns schon überlegt, ob es nicht auch eine Nummer kleiner gegangen wäre", sagt Roßberger. Aber zum hundertjährigen Jubiläum der Schule habe man etwas Besonderes machen wollen. Und so sei aus mehr als zehn Vorschlägen die Wahl auf den weltberühmten Klassiker von Leonard Bernstein gefallen. Der Anspruch an das Orchester sei extrem hoch - wie der an die Qualität der Produktion insgesamt. Denn man wolle ein Niveau bieten, das über eine Schulaufführung hinausgehe, betont Roßberger. So spielen im Easiwesso-Orchester auch Profis wie die Violinistin Elisabeth Heuberger, Peter Zoelch (Saxofon), Johanna Kiening (Querflöte), Florian Rein (Schlagzeug) oder Landrat Sepp Niedermaier (Klarinette).

Über die Aufführungsrechte am Stück erwerbe man zugleich auch bestimmte Vorgaben, erklärt Regisseurin Elisabeth Artmeier-Mogl. Man habe die verbleibenden Spielräume aber genutzt und eine "Tölzer Fassung" der West Side Story entwickelt, weil während der Probenarbeit so viele Impulse von den jungen Leuten gekommen seien.

Die Choreografie wurde ganz neu konzipiert, wie Susanne Molendo sagt, weil die Original-Choreo nicht verwendet werden durfte. Auch die Bühnenbilder wurden eigens für die Tölzer Inszenierung entwickelt: Die Schauplätze wurden am Computer generiert und werden auf eine acht Meter große Leinwand projiziert, wie Dramaturgin Sarah Thompson erklärt. Alle Rollen seien doppelt und gleich gut besetzt, das Ensemble wechselt sich bei den Aufführungsterminen ab.

"Es ist unfassbar, wie viele begabte junge Leute es an der Schule gibt", schwärmt Artmeier-Mogl, und wie viele ungeahnte Talente zum Vorschein gekommen seien. Auch einige junge Schauspieler beim Pressetermin äußern sich begeistert. "Wir sind wie eine Familie zusammengewachsen", sagt Kilian Widmann, der eine der männlichen Hauptrollen spielt. An den vielen Probenwochenenden seien enge Freundschaften entstanden. Mit dem Schulstoff komme er trotzdem hinterher, "das passt". Die Probenarbeit habe ihn verändert, sagte der 17-Jährige, "ich bin nicht mehr die Person wie vorher."

In seinem Fall sei Corona fast ein Glück gewesen, sagt Artmeier-Mogl. Denn nach der zweijährigen Verzögerung sei Kilian mit dem Stimmbruch durch gewesen und könne nun den Gesangspart wunderbar meistern. Charlotte Rein, die die weibliche Hauptrolle der Maria spielt, hat zwar bereits im vergangenen Jahr Abitur gemacht, aber ihre beruflichen Pläne zurückgestellt, um weiter dabei sein zu können. "Es ist eine einmalige Möglichkeit, bei einer so großen Produktion mitzumachen, die so professionell ist und bei der verschiedene Altersgruppen mitmachen."

In dieser Woche wird sich die Turnhalle in einen Theatersaal mit einer zwölf mal acht Meter großen Bühne, Orchestergraben und 600 Sitzplätzen verwandeln. Alle sechs Vorstellungen sind bereits ausverkauft.

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