Bad Tölz:Völkerverständigung am Berg

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In Bad Tölz ist wieder eine internationale Gruppe Jugendlicher im Naturschutz am Blomberg engagiert. Eine Teilnehmerin nennt es scherzhaft einen riesigen Outdoorspielplatz

Von Lisa Fey, Bad Tölz

Daniela Gapski steht am Fuß eines steilen Abhangs am Blomberg. Es regnet. Sie trägt eine schwarze Regenjacke mit Kapuze und eine von frischer Erde beschmutzte Jeans, die mal dunkelblau gewesen sein muss. Sie gibt ihrem Team aus 14 Jugendlichen Tipps, wie es den durch Regen aufgeweichten Abhang hinunterklettern soll. Und das möglichst ohne zu stürzen oder die jungen Tannen, Buchen und Eiben zu beschädigen, welche die Gruppe zuvor in mühsamer Arbeit gepflanzt hat. Sie erklärt die Gefahren auf Englisch, denn die Jugendlichen sind aus Spanien, Italien, Frankreich, Serbien, Russland und sogar aus Japan auf eigene Kosten angereist. Ihre Aufgabe ist es, den durch Erdrutsch beeinträchtigten Bergwald zu stabilisieren. Zusammen mit Jasper Cordes leitet die 23-Jährige die Gruppe der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (IJGD).

Die Jugendgruppe mit Projektreferentin Sandra Rosenzweig (r.) und dem stellvertretenden Forstamtsleiter Wolfgang Neuerburg. (Foto: Manfred Neubauer)

Der gemeinnützige Bundesverein organisiert Freiwilligendienste im In- und Ausland. Die IJGD haben sich die Förderung der Völkerverständigung und der interkulturellen Kommunikation zur Aufgabe gemacht. Diese verbindet der Verein mit sozialen Projekten, Bau- und Renovierungsarbeiten, Denkmalprojekten und Naturschutz wie in Bad Tölz: "Das sind zwei wichtige Puzzleteile", erklärt Sandra Rosenzweig, Projektreferentin der internationalen Workcamps. Sie stellt die Gruppen zusammen und organisiert deren Unterkunft. Dabei achte sie darauf, nicht mehr als drei Jugendliche aus einem Land für ein Projekt zu wählen, erklärt sie. Es sei ihr wichtig, ein "buntes und multinationales" Team zu bilden. "Die lernen sich hier dann erst kennen", sagt Rosenzweig. Die Gruppe am Blomberg engagiere sich seit Montag voriger Woche und bleibe noch bis Freitag. Die Teilnehmer seien zwischen 16 und 25 Jahre alt. Deren Gruppenleiter sind Daniela Gapski, die zum ersten Mal dabei ist, und Jasper Cordes, welcher die Funktion bereits zum zweiten Mal übernimmt.

Wo heftigste Niederschläge am Blomberg 200 Bäume hinweggerissen haben, forsten die Jugendlichen auf. (Foto: Manfred Neubauer)

Gapski sagt, sie habe sich speziell ein Projekt zum Naturschutz ausgesucht. Sie wolle ihren CO₂-Ausstoß ausgleichen, erklärt sie, da sie privat sehr häufig fliege - zu Verwandten in Kroatien. Die Arbeit am Berg bezeichnet sie als einen "riesigen Outdoorspielplatz". Auf die Frage, welches Wetter angenehmer sei für diese Tätigkeit - die Hitze der vergangenen Tage oder der Regen -, sagt sie: "Die Hitze war besser!" Auf dem Berg werde es nicht so heiß, sagt Gapski. Das Besondere an ihrer Gruppe sei der hohe Anteil an Minderjährigen. Da sei die vorausgesetzte Selbstorganisation innerhalb des Teams nicht selbstverständlich.

Neupflanzungen bekommen einen Schutz gegen Wildverbiss. (Foto: Manfred Neubauer)

Cordes ist über ein Freiwilliges Soziales Jahr zu den Internationalen Jugendgemeinschaftsdiensten gestoßen. Er empfindet das Projekt als sehr spannend. Für den 21-Jährigen steht jedoch der soziale Aspekt im Vordergrund. Die Workcamps seien eine Herausforderung für Jugendliche, sagt er. Jeder müsse Verantwortung für sich selbst und für die anderen übernehmen. An heißen Tagen bade das Team im nahe gelegenen Steinbach.

Der Bach sei einer der Gründe, warum die Bepflanzung mit stabilen Bäumen so wichtig sei, sagt Stephan Philipp, Projektmanager der Bergwaldoffensive vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Miesbach (AELF). Ein befestigter Wald aus tiefwurzelnden Bäumen wie der Tanne schütze die umliegenden Gemeinden vor erneutem Hochwasser, bei dem zum Beispiel der Steinbach über seine Ufer treten könnte.

Zu Beginn des Projekts habe er anhand einer Powerpoint-Präsentation den Jugendlichen noch einmal genau erklärt, was zu tun sei und worauf man achten müsse. Philipp gab die Fläche vor, alle zwei Meter solle ein junger Baum gepflanzt werden.

Das Projekt zum Schutz des Bergwalds ist heuer durch die Zusammenarbeit der IJGD mit Stephan Philipp, Forstdirektor Wolfgang Neuerburg und Landrat Josef Niedermaier möglich geworden. Der Personen- und Pflanzentransport wurde von der Waldgenossenschaft Bichl unterstützt. Neuerburg und Josef Janker, Bürgermeister von Bad Tölz, danken den 16 Jugendlichen für ihren Einsatz bei jedem Wetter.

Der Regen hört auf. Es wird heller am Blomberg. An einem weiteren Abhang, nicht ganz so steil wie jener, an dessen Bepflanzung die Jugendlichen noch arbeiten, fällt Licht auf eine gewaltige Schneise. Das Team der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste hat dort bereits in der vergangenen Woche fleißig Jungbäume gepflanzt. Denn wo einst hohe Fichten, Tannen und Buchen ein dichtes Waldstück bildeten, tut sich nun eine Lichtung auf. Vor drei Jahren verursachten starke Regenfälle im Landkreis sowie in ganz Deutschland Hochwasser. In den Bergen führte der heftige Niederschlag zum Teil zu gewaltigen Erdrutschen. Ungefähr 200 Bäume wurde allein an dieser Stelle am Blomberg in die Tiefe gerissen. Die jungen Leute tragen dazu bei, dass diese Wunde geschlossen wird.

© SZ vom 31.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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