Unverpackt-Laden in Bad Tölz:Tante Emma in modern

Unverpackt-Laden in Bad Tölz: Sabine Riesch führt den Unverpackt-Laden in der Hindenburgstraße in Bad Tölz. Auch Kuchen und Mittagessen gibt es - wegen Corona gerade in Pfandgefäßen to go. Das kommt bei den Kunden gut an. Im Sommer sollen sie wieder auf der großen Terrasse sitzen können.

Sabine Riesch führt den Unverpackt-Laden in der Hindenburgstraße in Bad Tölz. Auch Kuchen und Mittagessen gibt es - wegen Corona gerade in Pfandgefäßen to go. Das kommt bei den Kunden gut an. Im Sommer sollen sie wieder auf der großen Terrasse sitzen können.

(Foto: Manfred Neubauer)

Früher waren verpackungsfreie Läden Standard, sagt Sabine Riesch. Sie führt den "Ois Ohne" in Bad Tölz, der im Landkreis als erster seiner Art vor drei Jahren eröffnete.

Von Marie Heßlinger, Bad Tölz

Der "Ois Ohne" war der erste Unverpackt-Laden im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Im Frühling 2019 eröffnete er in Bad Tölz, getragen von einer Spenden-Kampagne und 107 Genossenschaftsmitgliedern. "Hätten Sie mich vor zwei Jahren gefragt, hätte ich gesagt, es explodiert, wir werden Deutschland übernehmen", scherzt Geschäftsführerin Sabine Riesch. Nun jedoch sei die finanzielle Lage zwar stabil, aber nicht ideal.

Zu Beginn jedes Jahres machten sich die Neujahrsvorsätze bemerkbar, sagt Riesch. Dann kämen viele Neukunden dazu. Bei einigen würde sich dann aber die Bequemlichkeit durchsetzen - der Ois Ohne ist nicht zentral gelegen, man muss an Gefäße zum Auffüllen denken, es gibt kein frisches Obst. Die Gesellschaft von heute habe sich an vieles gewöhnt, was noch vor ein paar Jahren undenkbar war, sagt Riesch.

"Ich glaube, dass wir nicht mehr wegzudenken sind"

Die Generation der kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Geborenen etwa habe selbstverständlich mit eigenen Auffüllgefäßen in Tante Emma Läden eingekauft, sagt Riesch. "Der Tante Emma Laden ist nichts anderes als wir, nur wir fangen jetzt modern damit an." Die Gesellschaft müsse wieder lernen, dass Rohstoffe nicht unendlich sind. Riesch wünscht sich, "dass man Sachen wieder wertschätzt, repariert, wiederverwendet."

Unverpackt-Laden in Bad Tölz: Sabine Riesch bekommt die Lebensmittel für ihren Laden in Metalleimern und großen Papiersäcken geliefert. Ihre Kunden können diese dann in ihre eigenen Gefäße abfüllen.

Sabine Riesch bekommt die Lebensmittel für ihren Laden in Metalleimern und großen Papiersäcken geliefert. Ihre Kunden können diese dann in ihre eigenen Gefäße abfüllen.

(Foto: Manfred Neubauer)

Mit dem Beginn der Corona-Pandemie hat der Ois Ohne einen Einbruch erlebt, seitdem ist er auf jenem Level geblieben. Dass es aus Sorge vor Ansteckung ist, glaubt Riesch nicht, auch eine Kunden-Umfrage spiegle das nicht wider. Bereits vor der Pandemie hätten strenge Hygiene-Standards gegolten. Sie vermutet eher, dass der Unverpackt-Laden in Wolfratshausen ihr etwas Konkurrenz machen könnte.

Riesch und ihr Team überlegen sich nun neue Konzepte, um Kundschaft zu gewinnen. Eine noch engere Kooperation mit der Gemüse-Genossenschaft "Biotop" etwa kann sie sich vorstellen. Unverpackte Produkte könnten bald an deren Verteiler-Stationen abzuholen sein oder nach Hause geliefert werden. "Aber das steckt noch ziemlich in den Kinderschuhen", sagt Riesch.

Was die Zukunft der verpackungsfreien Läden in Deutschland betrifft, ist Riesch zuversichtlich. "Ich glaube, dass wir nicht mehr wegzudenken sind", sagt sie. "Wir werden auf alle Fälle wachsen und bleiben."

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