Es ist noch nicht allzu lange her, dass Bad Tölz den Literaturnobelpreisträger und Sommerfrischler Thomas Mann für sich entdeckt hat. Nun findet bereits zum dritten Mal das Festival zu Ehren des weltberühmten Schriftstellers statt, das sich vom 1. bis 7. Juni dem Thema „Exil“ widmet. Die Veranstaltungswoche ist von Organisator Christof Botzenhart und der Tourist Info wieder als „Buntes Programm“ konzipiert, das neben hochkarätig besetzten Vorträgen und Lesungen auch Konzerte und eine Fotografie-Ausstellung anbietet.

Ein „trimediales Ereignis“ aus Wort, Musik und Bild, so hatte Botzenhart die Premiere 2020 beschrieben. Am Konzept hat sich nichts geändert. „Wenn jemand nichts mit Thomas Mann am Hut hat, kann er auch nur in die Konzerte gehen“, sagt er. Und für die „Freaks“ gebe es die Fachvorträge. Nach dem Auftakt-Festival 2020, in dessen Mittelpunkt die Novelle „Der Tod in Venedig“ stand und das arg unter den Corona-Beschränkungen gelitten hatte, folgte 2023 eine Fortsetzung rund um „Doktor Faustus“.
Eine Stimme des Widerstands
Heuer also die dritte Auflage mit einem interessanten Schwerpunkt. Denn Thomas Mann hatte sich erst relativ spät und vor allem unter dem Einfluss seiner Kinder Erika und Klaus zu einer eindeutigen Position gegenüber dem Nationalsozialismus durchgerungen. Er wurde in der Folge zum entschiedenen Gegner, der die Deutschen aus dem Exil in Radioansprachen zum Widerstand aufrief.

Das diesjährige Festival verspreche gleich mehrere Höhepunkte, kündigt Botzenhart an: So findet am 6. Juni im Kurhaus ein Staatsempfang anlässlich des 150. Geburtstags des Literaturnobelpreisträgers statt, zu dem neben eingeladenen Gästen auch der bayerische Wissenschafts- und Kunstminister Markus Blume kommt. Zum Festakt gibt es eine Lesung mit Schauspieler Thomas Loibl, die musikalisch von Ausnahmepianist Gerold Huber umrahmt wird. Dass der Staatsempfang anlässlich des Mann-Jubiläums in Bad Tölz stattfindet und nicht in München, sei bemerkenswert. Ebenso, dass es überhaupt einen solchen gibt. „Es hat noch nie ein Staatsempfang zu einem literarischen Anlass stattgefunden“, sagt Botzenhart.

Sommerfrische in Bad Tölz
Das sei auch eine Würdigung für das Engagement, das die Stadt in den vergangenen Jahren in Sachen Thomas Mann unternommen habe. Staatsminister Blume liege der weltberühmte Schriftsteller am Herzen, „er möchte ihn gewürdigt sehen“, sagt Botzenhart. Schließlich habe der gebürtige Lübecker 40 Jahre lang, von 1893 bis zum Exil 1933, in Bayern gelebt. Hauptsächlich im Herzogpark in München, in den Sommermonaten der Jahre 1909 bis 1917 in seinem Tölzer Landhaus an der Heißstraße. Das Anwesen gehört heute dem Orden der Armen Schulschwestern und kann nicht besichtigt werden.

Die Nonnen hätten allerdings eine Ausnahme gemacht und dem Architekturfotografen Jean Molitor bereitwillig Einlass gewährt, erzählt Botzenhart. Die Fotografien von den Privaträumen der Familie Mann stellt Molitor denen vom Exil im kalifornischen Pacific Palisades gegenüber, wo die Familie Mann von 1942 bis 1952 lebte. Mit der Vernissage der Fotografie-Ausstellung „Architekten im Exil“ eröffnet das Festival am 1. Juni um 16 Uhr im Stadtmuseum. Den Festvortag „Thomas Mann 1949. Rückkehr in ein geteiltes Deutschland“, hält Professor Friedhelm Marx von der Universität Bamberg um 19 Uhr. Darin wird der Vizepräsident der Deutschen Thomas-Mann-Gesellschaft nicht nur über dessen abenteuerliche Heimkehr sprechen, sondern auch die 2025 erschienene Graphic Novel vorstellen, die Marx als Co-Autor mitverfasst hat.
„Ein Thomas-Mann-Festival ohne Musik ist eine Unmöglichkeit“
Bei zwei Konzerten sind im Kurhaus hochkarätige Streichquartette zu hören. Denn: „Ein Thomas-Mann-Festival ohne Musik ist eine Unmöglichkeit“, heißt es in der Ankündigung der Stadt. Und so spielt am 2. Juni das Abeo-Quartett aus Delaware Werke von Mendelssohn-Bartholdy, Korngold und Schubert. Das Zemlinsky-Quartett aus Prag folgt am 5. Juni mit Musik von Schulhoff, Zemlinsky und Dvorak.

Am 3. Juni lädt der Thomas-Mann-Experte Dirk Heißerer zu einem „literarischen Spaziergang“ in den Münchner Herzogpark und die ehemalige Nachbarschaft der Manns ein. Über das Exil im südfranzösischen Sanary-sur-Mer, wo die berühmte Familie im Sommer 1933 für einige Monate strandete, informiert der Vortrag von Magali Nieradka-Steiner von der Universität Heidelberg. Den Abschluss des Festivals bildet am 7. Juni eine Lesung der beiden Schauspieler Stefan Hunstein und August Zirner, die aus dem Jahrzehnte währenden Briefwechsel von Thomas Mann und Stefan Zweig lesen.
„Die Verluste werden kleiner"

Referenten und Musiker für das Festival zu finden, sei kein Problem, sagt Botzenhart, der auch Dritter Bürgermeister und Kulturbeauftragter der Stadt ist. Zur Deutschen Thomas-Mann-Gesellschaft mit Sitz in Lübeck etwa pflege man beste Kontakte. Botzenhart, der das Festival ehrenamtlich organisiert, freut sich, dass die Besucherzahlen 2023 „deutlich nach oben“ gegangen und Gäste aus ganz Deutschland angereist seien. Freilich gebe es noch Luft nach oben, denn bei Kulturveranstaltungen zahle man eigentlich immer drauf. „Aber die Verluste werden kleiner.“