Süddeutsche Zeitung

Bad Tölz:Strom wird um sechs Prozent teurer

Die Stromrechnung vieler Tölzer wird im neuen Jahr steigen. Denn die Stadtwerke erhöhen die Preise. Schuld daran ist der Ökostrom-Boom, sagt das Unternehmen.

B. Lohr

Die Tölzer Stadtwerke erhöhen zum 1. Januar den Strompreis. Der Tarif für Privathaushalte und kleine Gewerbekunden steigt um sechs Prozent. Auch Großkunden zahlen mehr. Der Geschäftsführer der Stadtwerke, Michael Hofmann, begründete den Schritt mit dem Boom bei den regenerativen Energien und der deswegen gestiegenen Umlage nach dem Erneuerbaren Energiengesetz (EEG). Die Stadtwerke kündigen an, selbst weiter in regenerative Energien zu investieren. Die Eon Bayern Vertrieb GmbH garantiert Privatkunden über den Jahreswechsel stabile Preise.

Der durchschnittliche Kunde der Tölzer Stadtwerke mit einem Jahresverbrauch von 2800 Kilowattstunden zahlt künftig rund 40 Euro im Jahr mehr. Hofmann sagte, man gebe die um 70 Prozent gestiegene EEG-Umlage weiter, wobei preissenkend in den neuen Tarif eingerechnet worden sei, dass die Umlage für Kraftwärmekopplungsanlagen gesunken sei.

Auch Großkunden wie die Städte Wolfratshausen und Geretsried oder die Stadtwerke Geretsried müssen laut Hofmann mit rund sechs Prozent höheren Kosten kalkulieren. Die Umlage sei dort vertraglich nicht Bestandteil des Tarifs, sondern werde auf den Preis draufgeschlagen, sagte Hofmann. Bis dato ist laut Stadtwerke-Chef Harald Dörig in Geretsried keine Information über einen künftig höheren Preis eingegangen.

Mit ihrem Vorgehen befinden sich die Stadtwerke in Gesellschaft mit etlichen anderen Stromanbietern bundesweit, die ebenfalls die Kosten aus dem EEG weitergeben. Die Eon Bayern Vertrieb GmbH freilich zögert noch. Sprecher Andreas Sutner sagte, man werde den Markt für Haushaltsstrom beobachten und zumindest zum Jahresbeginn die Preise nicht erhöhen. Für Gewerbekunden könne man keine Aussage treffen. Eon Bayern hat erst im Mai 2010 den Strompreis für Privatkunden erhöht.

Ausschließlich Ökostrom

Die Tölzer Stadtwerke vertreiben ausschließlich Strom aus regenerativen Energiequellen. Sie kaufen Strom an der Strombörse in Leipzig ein, produzieren aber auch selbst und suchen immer auch nach Beteiligungen, um Ökostrom beziehen zu können. Erst kürzlich haben sich die Stadtwerke bei einem Windpark in der Oberpfalz engagiert. Im Hinterkopf hat Hofmann noch andere Pläne, so etwa für ein neues Wasserkraftwerk an der Isar. Wobei er letzteres im Moment zumindest nicht für realistisch hält.

Hofmann sagte, der Bau eines solchen Kraftwerks in einem durch die europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie geschützten Gebiet sei "relativ schwierig" durchzusetzen. Aber für die Zukunft schließe er das nicht aus. Mit Interesse verfolgt Hofmann zwei große Kraftwerksprojekte im Landkreis. In Geretsried strebt die Enex Power Germany GmbH den Bau eines Geothermiekraftwerks an und bezweckt damit in erster Linie, CO2-frei Strom zu produzieren.

Und die WGV Recycling GmbH plant als landkreiseigener Abfallwirtschaftsbetrieb in Quarzbichl mit demselben Ziel den Bau einer Biogasanlage. Hofmann sagte, er werde "mit Sicherheit" wegen einer möglichen Abnahme des Ökostroms auf die WGV und auf Enex zugehen. Dies würde zum Geschäftsmodell der Stadtwerke passen, entscheiden werde der Preis.

Angesichts der aktuellen Preiserhöhungen für Stromkunden erinnern die Verbraucherzentralen an die Möglichkeit des Sonderkündigungsrechts. Das Internet-Portal Verivox teilt mit, der neue Tarif müsse bis 20. November mitgeteilt werden. Kunden könnten dann bis 30. November ihren Vertrag fristgerecht kündigen.

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Quelle:
SZ vom 16.11.2010/tob
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