Süddeutsche Zeitung

Leben im Oberland:Plädoyer für Pflegeberufe

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Das Image der Branche habe zu Unrecht gelitten, sagt Vinzenz Benz, der Leiter des Asklepios-Bildungszentrums Bad Tölz, und wirbt um Bewerber.

Von Arnold Zimprich, Bad Tölz

Vinzenz Benz, der Leiter des Asklepios-Bildungszentrums für Gesundheitsfachberufe in Bad Tölz, lässt sich seine Enttäuschung nicht anmerken. Dass aber jüngst so wenig Interessenten zur Info-Veranstaltung des Asklepios-Bildungszentrums gekommen sind, ist dann doch überraschend - wo doch Benz und sein Team die Werbetrommel intensiv gerührt haben.

91 Schulplätze bietet das Tölzer Bildungszentrum, das an die Asklepios-Stadtklinik angegliedert ist. Um die Ausbildung attraktiver zu machen, will Benz ab September 2024 auch eine Teilzeitausbildung anbieten. "Damit wollen wir unter anderem Alleinerziehende ansprechen", sagt der Pädagoge. Das Bildungszentrum ist zwar auch räumlich Teil der Asklepios-Stadtklinik, steht jedoch anderen Schülern offen, die ihre Praxisausbildung bei anderen Trägern, auch jenseits der Landkreisgrenzen, absolvieren.

Die Nachwuchssituation sei in Bad Tölz zwar nicht schlecht, über Bewerber freue man sich jedoch immer. "80 Prozent unserer Absolventen bleiben bei uns im Haus", sagt der 35-Jährige, "wir könnten sogar 100 Prozent weitervermitteln". Der Bedarf ist da - und die Kapazität der Schule soll ausgebaut werden.

"Wir sind auch Assistenten der Ärzte"

Vinzenz Benz und seinen Co-Referenten liegt eines ganz besonders am Herzen: Das Bild geradezurücken, dass die Medien von Pflegeberufen zeichnen. "Es geht nicht nur um Waschen, Essen, Trockenlegen", sagt Petra Volkmann, die seit 33 Jahren als Pflegerin in der Stadtklinik arbeitet. "Wir sind auch Assistenten der Ärzte, übernehmen seelsorgerische Aufgaben, arbeiten im organisatorischen Bereich."

Das Spektrum der Ausbildungsberufe in Bad Tölz erstreckt sich von der einjährigen Ausbildung zum Pflegefachhelfer/in über die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachfrau/mann bis zur Ausbildung zum Medizinischen Fachangestellten (MFA), Operationstechnischen Assistenten (OTA) und Anästhesietechnischen Assistenten (ATA), wobei der theoretische Teil bei der Ausbildung zum MFA, ATA und OTA an Fachschulen in Starnberg oder München stattfindet. "Besonders OTA und ATA sind sehr im Kommen", sagt Danny Strathmann, der als Dozent am Bildungszentrum arbeitet. Die Zeit sei vorbei, in der monotoner Frontalunterricht vorherrschte, sagt er. "Inzwischen ist bei allen angekommen, dass auch in Schulen wie der unsrigen pädagogisches Fachpersonal unterrichten sollte."

Mehr Langzeit-Pflegekräfte werden benötigt

Das Aufgabenspektrum für Pfleger habe sich in den vergangenen Jahren gewandelt, berichtet Vinzenz Benz. "Früher hatten wir mehr akut erkrankte Patienten, heute sind es mehr chronische Erkrankungen." Das bringe mit sich, dass mehr Langzeit-Pflegekräfte benötigt werden. Viele Berufsanwärter wüssten zudem nicht, dass man auch über eine universitäre Ausbildung in das Pflegewesen eintreten könne. "Im Bereich Pflegewissenschaften ist gerade wahnsinnig viel ausgeschrieben." Dazu komme die Pflegepädagogik.

Eines wird im Rahmen der Info-Veranstaltung klar: Die Möglichkeiten, in einen Pflegeberuf einzusteigen, sind mannigfaltig - und die Abbrecherquote, zumindest im Tölzer Bildungszentrum, gering. "Bei uns sind das weniger als fünf Prozent", schätzt Benz. "Dass ein Schüler gar nicht klar kommt, haben wir noch gar nicht erlebt." Prompt meldet sich eine ukrainische Frau aus dem Publikum, die eine einjährige Ausbildung zur Pflegefachhelferin beginnen möchte. Deutsch-Kenntnisse auf B1-Niveau hat sie bereits - ein Vorstellungsgespräch ist schnell vereinbart.

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