Süddeutsche Zeitung

Bad Tölz/München:Ein Baby bringt Tölzer zur Vernunft

Lesezeit: 1 min

Der 17-fach vorbestrafte Mann erstreitet sich eine Bewährungsstrafe

Was Gerichtsurteile und Gefängnisstrafen bislang nicht vermochten, scheint ein erst fünf Monate altes Kind zu schaffen: Seinen drogensüchtigen Vater zur Vernunft zu bringen. Stefan W. (Name von der Redaktion geändert) nimmt seit Jahren Drogen und hat deshalb immer wieder Ärger mit der Justiz bekommen. Der Tölzer ist 31 Jahre alt und 17-fach vorbestraft. Im November vergangenen Jahres wurde er Vater. Sein Kind sei der einzige Grund, mit dem Konsum von Betäubungsmitteln aufzuhören, sagte Stefan W. jetzt vor dem Landgericht München II. Ganz ist das dem Tölzer allerdings noch nicht gelungen. Daraus machte er in der Verhandlung nicht einmal einen Hehl. In den vergangenen fünf Monaten sei er zwei Mal rückfällig geworden. Nur zwei Mal, betonte Stefan W.

Der Grund, weshalb der 31-Jährige sich nun wieder vor einem Strafgericht verantworten musste, war eine Verurteilung zu vier Monaten Haft ohne Bewährung durch das Amtsgericht Wolfratshausen. Gegen diese Entscheidung ging Stefan W. vor dem Landgericht München II in Berufung.

Nachdem er seine letzte Gefängnisstrafe verbüßt hatte, war er unter Führungsaufsicht gestellt worden und musste bestimmte Weisungen befolgen. Dazu zählte, dass er Kontakt zu seinem Bewährungshelfer hält und Drogentests macht. Beidem kam der 31-Jährige nicht nach. Die Quittung hierfür waren jene vier Monate Haft, die das Amtsgericht verhängt hatte.

Wenn er jetzt wieder ins Gefängnis müsse, bekomme er sein Kind nicht mehr zu sehen, sagte W. vor dem Landgericht. Warum, fragte Richterin Sabine Klemt. Weil ihm dann das Jugendamt den Umgang verbieten werde, entgegnete der Tölzer. Richterin Sabine Klemt gab Stefan W. schließlich noch einmal eine Chance. Sie setzte die vier Monate Haft unter strengen Auflagen zur Bewährung aus - auch wenn die Entscheidung angesichts der kriminellen Vergangenheit des Angeklagten mit "vielen Fragezeichen" zu versehen sei, meinte Richterin Klemt. Da es aber so aussehe, dass Stefan W. durch die Geburt seines Kindes zur Vernunft gekommen sei, so die Vorsitzende, gebe es einen Lichtblick.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2426963
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 09.04.2015 / sal
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.