Tölzer Leonhardifahrt:Ärger mit zügellosen Reitern

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Bei der Nachbesprechung der Bad Tölzer Leonhardifahrt hagelt es viel Kritik. Die Stadt müsse mit aller Härte gegen Teilnehmer vorgehen, die mit lebensgefährlichen Ritten Zuschauer bedrohen, wird gefordert.

Von Benjamin Emonts, Bad Tölz

Im gestreckten Galopp preschen drei Reiter mit ihren Pferden die Tölzer Markstraße hinauf, keine zwei Meter von den Zuschauern entfernt. Ein Pferd rutscht aus. Mit voller Wucht stürzt es auf das Kopfsteinpflaster. Das Johlen der Zuschauer geht in Kreischen über. Das Whatsapp-Video sorgt noch eine Woche nach der Leonhardifahrt in Bad Tölz für Aufregung. Das Pferd blieb glücklicherweise unverletzt, der Reiter zog sich einen Schlüsselbeinbruch zu und wurde ins Krankenhaus gebracht. Die Veranstalter aber sind sich einig: Reiter, Tier und Publikum haben großes Glück gehabt.

Der Unfall auf der 163. Leonhardifahrt in Bad Tölz aber wirkt immer noch nach. Am Montagabend bei der obligatorischen Nachbesprechung der Wallfahrt kritisieren Teilnehmer die Stadt Tölz scharf, die das Spektakel veranstaltet. Sie müsse gegen die rücksichtslosen Reiter entschlossen und mit aller Härte vorgehen, fordert Florian Schelle, der Vorsitzende des Pferdezuchtverbands Oberbayern. "Es müssen endlich Maßnahmen ergriffen und Fahrverbote gegen die schwarzen Schafe erteilt werden."

Als ein erstes Zeichen verlangt Schelle von der Stadt den sofortigen Ausschluss der drei Reiter, die auf dem Video zu sehen sind. Die große Mehrheit der Fahrer und Reiter schließt sich ihm an. Werner Gorn hat in diesem Jahr den Wagen der Stadt gefahren - er nimmt seit mehr als 20 Jahren an Leonhardifahrten in Oberbayern teil. Die Tölzer Wallfahrt sei zwar die schönste, aber auch die anspruchsvollste, betont er. "Das Galoppieren hat auf der Marktstraße nichts verloren. Sie ist ein gefährliches Pflaster. Das ist unverantwortlich und lebensgefährlich." Fast genauso lang dabei ist Rosso Babel Junior. Er hält sogar das Reiten im Trab für zu gefährlich für die Veranstaltung auf Kopfsteinpflaster und mit mehr als 10 000 Zuschauern. "Das ist ein Wettrennen und keine Wallfahrt mehr", sagt er. An den Tölzer Bürgermeister Josef Janker (CSU) richtet er die Forderung, die Pferde künftig nur noch im Schritttempo durch die Stadt gehen zu lassen.

Janker verfolgt die Diskussion und macht sich Notizen. Er verweist auf das Merkblatt, das die Stadt jedes Jahr vor der Wallfahrt herausgibt. Das Galoppieren sei darin ausdrücklich verboten, betont er. Von dem Vorschlag, die Pferde nur noch Schritt laufen zu lassen, wirkt der Bürgermeister wenig überzeugt. Das Unfallvideo habe auch er inzwischen gesehen. "Das ist absolut dumm, was die drei da gemacht haben", sagt er.

An einem sofortigen Ausschluss der Personen äußert er Zweifel. Doch das Video hat Janker offenbar zum Nachdenken gebracht: "Wir haben ein Sicherheitskonzept. Da müssen wir uns unterhalten. Vielleicht muss man etwas anpassen oder möglicherweise nachjustieren." Die Teilnehmer der Wallfahrt machen sich offenbar Sorgen, dass solche Unfälle in Zukunft wieder vorkommen und dramatischer enden könnten.

Sie befürchten etwa, dass beim Galoppieren auf dem Kopfsteinpflaster die Räder der alten Wagen zu Bruch gehen und ein Gespann ins Publikum rasen könnte. Ein Durchgreifen der Stadt sei deshalb auch im Sinne der gesamten Veranstaltung, ist Pferdezüchter Schelle überzeugt. Man müsse schließlich auch verhindern, dass die Kritiker der alljährlichen Wallfahrt weiteren Stoff geliefert bekommen. Nach der diesjährigen Wallfahrt war die Kritik besonders groß, weil ein Pferd zusammengebrochen und auf der Straße verendet war. Tierschützer forderten danach das Ende der Leonhardifahrten. Als Gegner empfinden die Teilnehmer der Wallfahrt aber auch die Presse, wie sich am Montag herausstellt. Die Nachbesprechung beginnt mit einer halbstündigen Medienschelte, an der sich nahezu alle im Saal beteiligen, auch Bürgermeister Janker. Reiter, Fahrer und Veranstalter fühlen sich unfair behandelt. Die einhellige Meinung ist, dass nicht tagelang über ein verendetes Pferd berichtet werden sollte. Das Tier sei nicht an den Strapazen der Wallfahrt verendet, sondern an einem Aortenriss. Bürgermeister Janker schließt sich der Kritik an. Er wolle mit allen Beteiligten über den Vorfall sprechen, kündigt Janker an. In den Gesprächen werde er "um mehr Verständnis" bitten. Die Leonhardifahrt sei ohne die zwei Vorfälle "eine prächtige Wallfahrt an einem Prachttag" gewesen.

© SZ vom 14.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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