SkigebieteSchneekanonen und Natursport-Netzwerk

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Derzeit scheint eine Zukunft ohne Skifahren (zumindest noch) unvorstellbar, hier der Ahorn-Sessellift am Brauneck.
Derzeit scheint eine Zukunft ohne Skifahren (zumindest noch) unvorstellbar, hier der Ahorn-Sessellift am Brauneck. (Foto: Manfred Neubauer)

Bei einer Podiumsdiskussion im Tölzer Kurhaus bekennen sich die Teilnehmenden zum Wintersport in der Region - und denken über Alternativen für schneearme Zeiten nach.

Von Benjamin Engel, Bad Tölz

Die schneearme Witterung der vergangenen Wochen hat eine Zukunft ohne Wintersport im Isarwinkel erlebbar gemacht. Am Lenggrieser Hausberg Brauneck standen die Lifte still, Skitouren waren unmöglich. Trotzdem setzt die Region weiter auf den Schneetourismus, wie Landrat Josef Niedermaier (FW) auf dem branchenübergreifenden regionalen Summit "Dein Winter, dein Sport" im Tölzer Kurhaus deutlich gemacht hat. "Wir sind eine Wintersportregion", betonte er. Ohne den Wintersport werde es nicht funktionieren. Alle damit verbundenen Aktivitäten abzuschaffen, sei keine Option. Wer es sich leisten könne, fahre nur weiter Richtung Österreich. "Ich plädiere dafür, unsere Skigebiete zu ertüchtigen und auch zu beschneien."

Dieses klare Bekenntnis bedeutet aber nicht, dass der Wintertourismus unverändert bleibt. Das zeigte die Podiumsdiskussion mit Persönlichkeiten unterschiedlicher Branchen, die davon leben. "Unser Ansatz ist es, uns breiter, ganzjähriger aufzustellen", sagte Peter Hennekes. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Skilehrerverbandes (DSLV) berichtete etwa vom neu gegründeten Netzwerk der Natursport-Akademie. Darin haben sich seine Organisation, die Deutsche Initiative Mountainbike (DIMB) sowie die Verbände Deutscher Wassersportschulen (VDWS), Deutscher Bergsteigerschulen (VDB) und Deutscher Polizeiberg- und Skiführer (VdPBS) zusammengeschlossen. Durch die Vernetzung wolle man flexibler sein, wenn die Temperaturen zu warm für Schneesport seien. "Dann haben wir eben ein anderes Angebot", so Hennekes.

Auf dem Podium im Tölzer Kurhaus (v. l.): Moderator Tobias Barnerssoi, DSV-Jugendsekretärin Sophie Mayr, Landrat Josef Niedermaier, der Tölzer Bürgermeister Ingo Mehner sowie Biathlet Leonhard Pfund.
Auf dem Podium im Tölzer Kurhaus (v. l.): Moderator Tobias Barnerssoi, DSV-Jugendsekretärin Sophie Mayr, Landrat Josef Niedermaier, der Tölzer Bürgermeister Ingo Mehner sowie Biathlet Leonhard Pfund. (Foto: Manfred Neubauer)

Bislang überlagern allerdings der Alpinskisport und der Langlauf alle übrigen Aktivitätsalternativen im Winter. Das zeigt etwa die Tölzer Sport-Jugendherberge. Deren Leiter, Holger Strobel berichtete, dass heuer 14 Schulklassen Übernachtungen gebucht hätten. Als am Brauneck kein Skibetrieb möglich gewesen sei, sei man zum Spitzingsee ausgewichen. Im Umfeld der Jugendherberge gebe es zwar Einrichtungen für Alternativaktivitäten wie das Eisstadion, das Hallenbad oder das Kletterzentrum. Aber: "Die Nachfrage besteht nur nach Alpinski", so Strobel.

Gleichwohl wachsen die Herausforderungen auch abgesehen vom Klimawandels mit zu erwartenden schneeärmeren Wintern. Für Lars Bengsch vom touristischen Beratungsunternehmen dwif-Consulting wird die Branche vor allem mit zwei Engpässen konfrontiert sein: bei der Leistbarkeit für die Gäste sowie bei der Verfügbarkeit von Personal. Im Gastgewerbe sei jeder sechste Arbeitsplatz verloren gegangen, mit weniger als zehn Prozent Minus sei die Tourismusregion Tölzer Land noch gut weggekommen. Im Salzburger Land kooperierten die Festspiele mit den Bergbahnen, um etwa Techniker gegenseitig auszutauschen und einzusetzen. Der Wintersport sei ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Jeder bei der Bergbahn ausgegebene Euro erzeuge fünf Euro Einnahmen für andere Branchen.

Bengsch warb dafür, die Diskussion um den Wintersport zu versachlichen, die Beschneiung nicht nur einseitig zu verdammen. "Ein Tag in der Therme ist energieintensiver als ein Tag Skifahren." Das bedeute aber nicht, dass die Branche in Sachen Umwelt- und Klimaschutz nicht aktiv werden müsse. Die entscheidende Rolle spiele aber die An- und Abreise. Um die 75 Prozent des für Wintersport anfallenden Energieverbrauchs entfielen darauf.

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An der Beschneiung will die Geschäftsführerin der Brauneck- und Wallberg- sowie der Alpenbahnen Spitzingsee, Antonia Asenstorfer auch keinesfalls rütteln. "Die brauchen wir", sagte sie auf dem Podium. Das erwarte auch der Gast mit seinen Qualitätsansprüchen an präparierte Pisten. Nach einer Studie des Verbands Deutscher Seilbahnen (VDS) verbrauche die Beschneiung in allen Skigebieten der Bundesrepublik 42,5 Gigawattstunden Strom pro Saison. Stand-by-Geräte dagegen 10 000 Gigawattstunden. Nur 0,8 Prozent der bayerischen Alpenfläche machten Skipisten aus. Nicht einmal 30 Prozent seien beschneit.

Für ein bezahlbares Angebot arbeitet der Alpen Plus-Verbund, zu dem das Brauneck zählt, laut Asenstorfer etwa mit Skischulen und Jugendherbergen zusammen. Im Familienskipass fahren das zweite und alle weiteren Kinder gratis. In Kooperation mit der bayerischen Regiobahn (BRB) biete die Bergbahn das Kombiticket mit Zugfahrkarte und Tagesskipass inklusive an. "Wir unterstützen regionale Skiclubs", so Asenstorfer. "Das Angebot muss bezahlbar bleiben, wir brauchen Nachwuchs." Von der Lust der Leute nach Schneeaktivitäten berichteten auch der Tölzer Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) sowie Peter von der Wippel, Geschäftsinhaber von Sport Peter. Zu mehr Gelassenheit in der Diskussion riet Andreas Wüstefeld, Leiter der Tourismusorganisation Tölzer Land. "Wir verkaufen Freude an der Bewegung im positiven Sinn." Das müsse mehr herausgestellt werden.

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