Bad Tölz:"Kein politisches Vorbild"

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Die SPD ist für eine Umbenennung der Hindenburgstraße in der Kreisstadt. Josef Förster hat in einem Papier die aktive Mitwirkung des Reichspräsidenten an "Etablierung und Sanktionierung der NS-Diktatur" herausgearbeitet

Klaus Schieder

Wenn die Straße umbenannt wird, dürfe die Stadt die Anlieger nicht mit den Folgen und deren Kosten allein lassen, erklärt die Tölzer SPD. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Tölzer SPD setzt sich dafür ein, die Hindenburgstraße in absehbarer Zeit umzubenennen. In geheimer Wahl folgten 13 von 18 Mitgliedern in der Jahreshauptversammlung am Freitagabend einem entsprechenden Antrag des Ortsvorstands. Drei Sozialdemokraten sprachen sich dagegen aus, einer verwies die Sache zurück an die Führungsriege, eine Stimme war ungültig. Paul von Hindenburg habe als Reichspräsident nicht nur Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt, sondern hernach an der "Etablierung und Sanktionierung der NS-Diktatur aktiv mitgewirkt", sagte Mitglied Josef Förster, der die Beschlussvorlage formuliert hatte.

Ausführlich legte Förster dar, dass Hindenburg in der jüngeren Geschichtsforschung auch für die sinnlose Verlängerung des Ersten Weltkriegs, die fatale Dolchstoßlegende und eine stets autoritäre Staatsauffassung stehe. Für eine Demokratie könne er "kein politisches Vorbild" sein, weshalb ihm die Tölzer Ehrenbürgerschaft sofort und der Straßenname mittelfristig abzuerkennen sei, sagte er. Die Tölzer SPD fordert eine breite Diskussion der Bevölkerung über diese Frage, dazu auch Vorträge und Ausstellungen. Die Debatte müsse "zivilisiert ausgetragen werden, aber stattfinden muss sie selbstverständlich schon", erklärte Förster.

Deutliche Kritik übt die SPD an der Haltung von Bürgermeister Josef Janker (CSU), der erst eine Informationstafel vorgeschlagen hatte und nun ein begehbares Mahnmal anregt. Dieser "Geschichtsaufklärung am Straßenrand" und dem Argument Jankers, dass mit dem Namen Hindenburg auch die Geschichte ausradiert und getilgt werde, können die Sozialdemokraten nichts abgewinnen. Die verhängnisvolle Rolle den Reichspräsidenten werde in Fachbüchern und Medien auch künftig dargestellt und somit nicht in Vergessenheit geraten, meinte Förster: "Das geht fast ins Absurde." Auch Ortsvorsitzender Paul Lehmann sieht in einer Info-Tafel oder einem Mahnmal "keine ausreichende und notwendige Geschichtsaufbereitung".

Den richtigen Weg zeigt für die Sozialdemokraten die Vorgehensweise in Garmisch-Partenkirchen auf. Dort hat der Marktgemeinderat beschlossen, die Hindenburgstraße umzubenennen. In einer gemeinsamen Erklärung der drei Bürgermeister und vier Fraktionsvorsitzenden heißt es, dass Garmisch-Partenkirchen für Weltoffenheit und ein liebenswürdiges Image stehe. "Paul von Hindenburg, der es Zeit seines Lebens verstand, sich ins rechte Licht zu rücken und auch keinen Hehl aus seiner antidemokratischen Gesinnung zu machen, steht eben nicht dafür." Anliegern und Gewerbetreibenden zahlte die Marktgemeinde eine Entschädigung für die Kosten, die ihnen durch einen anderen Straßennamen entstanden. Förster fragte, ob dies nicht auch eine Begründung für Bad Tölz wäre: "Unsere Stadt hat doch auch ein liebenswürdiges Image."

Vorsichtiger äußerte sich Willi Streicher. Der SPD-Fraktionssprecher im Stadtrat hat einen Fragenkatalog an Bürgermeister Janker geschickt, um zu erfahren, wann Hindenburg zum Ehrenbürger ernannt und wie dies begründet wurde, ob die Stadt eine Versammlung mit Anwohnern und Bürgern plant und ob vom Gabriel-von-Seidl-Gymnasium, das an der Hindenburgstraße liegt, eine Stellungnahme angefordert wurde. Janker müsse man die Chance geben, auf diese Fragen zu antworten, sagte Streicher. Außerdem hielt er dem Bürgermeister zugute, "ein taktisches Vorgehen" gewählt zu haben. Der Fraktionssprecher plädierte für eine Versammlung mit Anwohnern und Bürgern.

Förster mag die Entscheidung über eine Straßenumbenennung indes nicht den Anliegern überlassen. So etwas sehe die Gemeindeordnung "aus guten Gründen" nicht vor. Und dies wäre aus seiner Sicht auch unfair gegenüber den Anwohnern, da sich offenkundig selbst die Tölzer Stadträte schwer tun, einen Standpunkt einzunehmen. Sollte es zu einem anderen Straßennamen kommen, dürften Bewohner und Gewerbetreibende an der Hindenburgstraße allerdings nicht im Stich gelassen werden, wenn es um Kosten und bürokratische Folgen gehe.

© SZ vom 15.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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