Bad Tölz ist seit 50 Jahren "Heilklimatischer Kurort":Im Zeichen der Champagnerluft

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Der geodätische Referenzpunkt am stark befahrenen Kapellengasteig war einer von vier Stellen im Tölzer Stadtgebiet, die vom Deutschen Wetterdienst voriges Jahr für die Messung der Luftqualität festgelegt wurde. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Unternehmerverein "Wir für Tölz" sammelt Ideen, wie dieses Prädikat für herausragende Luftqualität im nächsten Jahr gefeiert werden soll

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Bad Tölz feiert kommendes Jahr gleich zwei Jubiläen. 120 Jahre ist es her, dass die Stadt zum Kurort ernannt wurde und seither das Bad in ihrem Namen tragen darf. Außerdem ist Tölz seit 50 Jahren ein "Heilklimatischer Kurort". Dieses Prädikat besagt, dass die Luftqualität hier noch besser ist als beispielsweise in einem Luftkurort. "Das wird immer etwas unterschätzt", sagte Kurdirektorin Brita Hohenreiter beim Treffen der Sparte Tourismus im neuen Unternehmerverein "Wir für Tölz" am Mittwoch im Vitalzentrum. Dabei wurden auch Ideen gesammelt, wie mit der Tölzer Champagnerluft im Jubiläumsjahr geworben werden kann.

Die rückte erst in den Vordergrund, als die Zeiten der alten Sozialkur in den Neunzigerjahren zu Ende gingen. Die Jodquellen, die Tölz einst zum Bad machten, verloren an Bedeutung. 1999 strichen Krankenkassen die Jodbehandlungen ganz aus ihrem Leistungskatalog. Dafür ist die Kreisstadt seit 2005 ein Moor-Heilbad. Was immer ein wenig übersehen wurde, ist die herausragende Güte der Luft, bedingt durch den Austausch von Berg- und Talwinden. Dadurch hat Tölz ein therapeutisch wirksames, also anwendbares Reizklima. Alle zehn Jahre wird vom Deutschen Wetterdienst die Luftqualität ein Jahr lang an vier Stellen im Stadtgebiet gemessen: zwei davon liegen an Verkehrsknotenpunkten, zwei in einer ruhigen Gegend. Untersucht wird unter anderem die Belastung mit Feinstaub, Grobstaub, Pollen und Stickstoffdioxid. Von Februar 2017 bis Anfang März 2018 fand die Überprüfung am geodätischen Referenzpunkt am Kapellengasteig und in der Badstraße bei der Tourist-Info statt, außerdem im Kurpark und am Aufgang zum Kalvarienberg. Bad Tölz bekam dabei Bestnoten.

Das Klima sei gut für Herz- und Gefäßerkrankungen, bei Bluthochdruck, Atemwegskrankheiten, Erschöpfungszuständen oder auch in der Rekonvaleszenz, sagte Hohenreiter. "Der Wechsel von Reiz- und Schonfaktoren trainiert den Körper." Allerdings hat die Kurdirektorin das Problem, dass der Begriff Heilklimatischer Kurort im Marketing ein Stimmungskiller ist. Diese Bezeichnung sei "total unsexy", sagte sie. Damit spreche man allenfalls die Generation 90plus an. Deshalb sei die Herausforderung, das Thema "kommunikationstechnisch so aufzubereiten, dass jeder sagt, da muss ich hin". Gerade in Zeiten, wo über Smog und Feinstaubbelastung in großen Städten diskutiert werde.

Für 2019 plant Hohenreiter neben einem eigenen Logo, einer Neuauflage der Heilklima-Wanderkarte und speziellen Pauschalen für Gäste auch ein großes Kurpark-Fest, das am 4. August steigen soll. "Das soll der Höhepunkt des Jahres sein, am Programm sind wird dran", sagte sie, ohne Details zu nennen. Unter dem Motto "Gedankenstürme" lud Ingrid Dietl, Leiterin der Sparte Tourismus, die Handvoll Teilnehmer zu freien Assoziationen zum Thema Luft ein, die dann in Ideen für Veranstaltungen im nächsten Jahr fließen sollen. Die Vorschläge reichten von Luftbaden bis zu Ballonfahrten, von Flying Fox zu Luftduschen an der Isar, von einer Art Skydiving über einem Ventilator bis zu Luftsprüngen für Kinder auf einem Trampolin. Dietl selbst brachte etwa eine Slackline über die Isar zur Sprache, also eine Art modernes Seiltanzen. "Es braucht Inszenierungen, damit man aufmerksam wird", sagte sie. Andere Teilnehmer wie Stadtwerkeleiter Walter Huber oder Holger Strobel, Chef der Sportjugendherberge, regten an, Sportler als Repräsentanten einzubinden. Ebenso die Gastronomen und Künstler.

Am Rande des Treffens spielte im Übrigen auch das Bootfahren auf der Isar eine Rolle. Das sei für die Jugendherberge ein Alleinstellungsmerkmal im Alpenraum, sagte Strobel. "Wir achten darauf, mit welchen Anbietern wir zusammenarbeiten, und sind überzeugt, dass gute Anbieter das auch gut machen." Auch Hohenreiter sieht in den Bootstouren ein "tolles Produkt". Dabei müsse man jedoch auf den Naturschutz achten. Ziel der vom Landkreis geplanten Verordnung sei es, "den Naturraum Isar zu erhalten". Und auf diesen seien auch die Touristiker angewiesen. "Was wir alle auf der Isar nicht wollen, ist der Junggesellenabschied, wo im Beiboot fünf Kästen Bier mitfahren."

© SZ vom 14.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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