Haushalt 2022 in Bad Tölz:Stabile Finanzen in unsicheren Zeiten

Haushalt 2022 in Bad Tölz: Der Neubau an der Tölzer Jahnschule gehört zu den größten Investitionen der Stadt. In diesem Jahr sind dafür mehr als drei Millionen Euro im Haushalt eingeplant.

Der Neubau an der Tölzer Jahnschule gehört zu den größten Investitionen der Stadt. In diesem Jahr sind dafür mehr als drei Millionen Euro im Haushalt eingeplant.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Klimawandel, Corona, Ukraine-Krieg: Trotz vieler Krisen legt der Tölzer Kämmerer Hermann Forster einen soliden Etat für 2022 vor. Die Stadträte sind sich aber einig, künftig jede Ausgabe genau zu prüfen.

Von Klaus Schieder

Hermann Forster klang fast ein wenig wehmütig. Der Haushalt 2022 ist nach knapp 18 Jahren der letzte, für den der Tölzer Kämmerer voll und ganz verantwortlich zeichnet. 2023 geht er in den Ruhestand - dann gelte für ihn die Devise "Wer nichts mehr zu sagen hat, soll trotzdem schweigen", avisierte Forster. In der Sitzung des Stadtrats am Dienstagabend musste er sich daran noch nicht halten. Den Etat für dieses Jahr apostrophierte er als "solide und stabil". Allerdings gebe es künftig viele Unwägbarkeiten: Die Corona-Pandemie sei nicht vorbei, die Klimakrise "nicht annähernd eingepreist", die Flüchtlingsbewegungen aus dem Jahr 2015 nur "verpflastert, aber nicht therapiert", die Folgen des Kriegs gegen die Ukraine überhaupt noch nicht abzusehen. Vor diesem Hintergrund mahnten Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) und die Redner aller Stadtratsfraktionen an, fortan jede Ausgabe genau unter die Lupe zu nehmen.

Die Haushaltslage in Bad Tölz sähe schlechter aus, wäre das Jahr 2021 trotz Corona nicht so überraschend gut gelaufen. Die Gewerbesteuer sprudelte, der Anteil an der Einkommensteuer schrumpfte nicht, die Rücklage wurde sogar aufgestockt. Anders sieht es bei den Ausgaben aus: Neben den großen Projekten wie etwa dem Neubau der Jahnschule oder dem Ausbau der Bairawieser Straße muss die Stadt inzwischen eine ganze Reihe zusätzlicher Kosten stemmen. Mehner zufolge reicht dies von Schnelltests für Mitarbeiter, Sicherheitsdienste, Kosten wegen Müll und Vandalismus bis hin zu Mietausfällen und Hilfszahlungen für Tölzer Institutionen in Corona-Zeiten. Forster verwies auch darauf, dass mittlerweile mehr als 100 000 Euro im Jahr für Gerichts- und Anwaltskosten nötig seien, weil viele Bebauungspläne der Stadt beklagt würden.

Unterm Strich fällt die Investitionsrate, also die Zuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt, im Haushalt 2022 mit 1,9 Millionen Euro nicht eben üppig aus. Die Rücklage schrumpft erheblich von 7,3 auf rund 3,3 Millionen Euro. Zudem ist ein Kredit über zwei Millionen Euro vorgesehen. Dafür würden wichtige Großprojekte wie der Umbau der Jahnschule nun abgeschlossen, sagte Bürgermeister Mehner. In Bad Tölz gebe es auch keinen Investitionsstau, da in den vergangenen Jahren viel umgesetzt worden sei - vom Neubau des Rathauses bis zur Neugestaltung des Stadtmuseums. "Für die Zukunft liegt es dann aber auch im Wesentlichen an uns als Stadtrat, auf welche Projekte wir uns konzentrieren", sagte Mehner.

Haushalt 2022 in Bad Tölz: Kämmerer Hermann Forster hielt seine letzte Haushaltsrede. Seine Nachfolgerin ist Silke Furmanek.

Kämmerer Hermann Forster hielt seine letzte Haushaltsrede. Seine Nachfolgerin ist Silke Furmanek.

(Foto: Stadt Bad Tölz/oh)

Dies unterstrich Kämmerer Forster. Es sei wichtig, "die finanzielle Balance zu halten, was nur geht, wenn priorisiert wird". Schließlich stehe die Stadt vor einem "neuen Zyklus an Großprojekten". Als da wären: der Neubau der Lettenholzschule, eine weitere Kindertagesstätte, der Hochwasserschutz Rehgraben und Ellbach, Wohnprojekte (etwa an der Arzbacher Straße), die Sanierung des Marionettentheaters oder auch die Entwicklung der Flinthöhe nach dem Bau der Nordumfahrung. Außerdem wies der Kämmerer darauf hin, dass über den städtischen Finanzen noch das "Damoklesschwert" der Umsatzsteuer hänge, die nächstes Jahr für Kommunen fällig werde. Für jeden Euro Einnahme aus Parkgebühren würden dann beispielsweise 19 Prozent Steuer fällig, rechnete er vor.

"Jede Fraktion, jeder Stadtrat wird sich künftig genau überlegen müssen, welche Auswirkungen sein Antrag auf den Haushalt hat": Dies forderte Stadtrat Anton Mayer (CSU). Außerdem sollte man sich Gedanken über die Ansiedlung umweltfreundlicher Unternehmen machen, die wenig Flächen verbrauchen. Wichtig sei "ein gut gemischter Mittelstand". Harsche Kritik übte Mayer an dem Erbbaurecht für das Baugebiet Hintersberg II, das die Grünen durchgesetzt hatten. Ohne diese "fehlgeleitete Ideologie" müsste man jetzt nicht zwei Millionen Euro Schulden aufnehmen, meinte Mayer. Die Stadt könne schließlich "nicht für günstiges Wohneigentum verantwortlich" sein.

Fürs Erbbaurecht auf der Zwickerwiese hätten ja nicht bloß die Grünen gestimmt, konterte deren Fraktionssprecherin Johanna Pfund. Das Augenmerk bei den Investitionen müsse künftig auf der Kinderförderung, der Digitalisierung und dem Hochwasserschutz liegen. Dabei gelte es, die Schulden der Stadt im Auge zu behalten und die Investitionsrate wieder zu erhöhen. Für Willi Streicher (SPD) müssen die Stadträte haushaltstechnisch fortan "auf Sicht fahren". Dabei sollten sie aber nicht aufrechnen, ob ein Kindergarten wichtiger als eine Kultureinrichtung sei, sagte er. Peter von der Wippel (FWG) warnte davor, sinnvolle Investitionen zu scheuen. In Zeiten einer geringen Inflation und niedriger Zinsen seien Kreditaufnahmen "kein Teufelswerk", sagte er.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: