Aufwertung in der Altstadt:Schönheitskur fürs Gries

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Bad Tölz lässt sein ensemblegeschütztes historisches Viertel umgestalten. Die Straßen sollen neu gepflastert, die Gehsteige abgebaut und die Parkplätze reduziert werden - um die Aufenthaltsqualität zu erhöhen

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Ein neuer Straßenbelag, Barrierefreiheit, eine andere Form der Oberflächenentwässerung, mehr Aufenthaltsqualität und erheblich weniger Parkplätze: Dies sind die Eckpunkte der Schönheitskur, die das ensemblegeschützte Viertel "Im Gries" in der Tölzer Altstadt erhalten soll. Vorgestellt wurden die Umbaumaßnahmen von Stadtplaner Axel Lohrer vom Münchner Büro Lohrer-Hochrein GmbH im Februar im großen Saal des Rathauses, wobei die Zuhörer - vorwiegend Anlieger des pittoresken Quartiers - noch einmal die Chance hatten, ihre Sorgen und Wünschen hernach auf Karteikarten zu schreiben. Dabei ging es unter anderem um eine Durchfahrtssperre, die Parkplatzsituation, den Straßenbelag, den Winterdienst, oder auch die Hausanschlüsse. "In Kürze wird das Stadtbauamt Einzelgespräche mit den Anwohnern führen", avisiert Birte Otterbach, Pressesprecherin der Stadt.

Um die freien Flächen in dem verwinkelten Viertel zwischen Stadtpfarrkirche und Isarkai zu verschönern, sollen rund 40 der insgesamt 115 Parkplätze wegfallen. Einige Anwohner wollten deshalb wissen, ob Alternativen für die fehlenden Stellplätze vorgesehen sind. Ein Vorschlag: Auf dem nahe gelegenen Parkplatz der Tölzer Stadtwerke könne ein Anwohnerparken geschaffen werden. Dies lehnt die Stadtverwaltung ab. Der Grund: Eine solche Beschränkung lasse das Straßenverkehrsrecht nicht zu. Allerdings sei das Parken auf diesem Areal mit zehn Cent pro Stunde - werktags von 8 bis 18 Uhr und samstags von 8 bis 13 Uhr - sehr günstig. Im Übrigen befänden sich Stellplätze am Isarkai, der Kohlstattstraße und im Zentralparkhaus, wo 30 Euro pro Monat für eine Dauerparkkarte fällig werden. Ein neues Parkdeck am Isarkai plant die Stadt nicht. Dies sei wegen der großen Abwasserkanäle im Untergrund nicht möglich, heißt es aus dem Rathaus.

Im Gries selbst soll es Parkplätze lediglich für Bewohner, nicht für Besucher geben. Das gibt es sonst nirgends in Bad Tölz. Auf dieses Anliegerparken wird auf Schildern an den Zufahrten zum Viertel hingewiesen. Kurzparkzonen sind hingegen nicht vorgesehen. "Diese Regelung gab es früher und sie hat zu erheblichem unnötigen Suchverkehr geführt", erklärt Bauamtsleiter Christian Fürstberger. Andere Teilnehmer der Präsentation regten eine Durchfahrtssperre an, zum Beispiel in der Konradgasse. Dies sei dem Straßenverkehrsrecht zufolge unzulässig, so Fürstberger. Dagegen plane man im Stadtbauamt, das Altstadtviertel als verkehrsberuhigte Zone auszuweisen. Anders ausgedrückt: Autofahrer, Motorradfahrer oder auch Radfahrer dürften dort nur noch in Schrittgeschwindigkeit unterwegs sein.

Damit soll auch die Sicherheit der Fußgänger erhöht werden. Die Passanten können bislang noch die Gehsteige benutzen, die an manchen Häuserkanten allerdings abrupt enden. Diese Fußwege mit ihren hohen Bordsteinen fallen allesamt weg. Der Boden im ganzen Quartier wird dann eben gestaltet, die neue Pflasterung soll vorwiegend aus Gredplatten bestehen, in verschiedenen Farben. So sollen die Tretstreifen an den Häusern entlang dunkel sein, der breite Straßenbelag in der Mitte hingegen grau. Wo sich diese beiden Flächen treffen, ist eine taktile Kante für Sehbehinderte geplant.

Axel Lohrer hat den Umbau im Februar vorgestellt. Anwohner konnten ihre Wünsche einbringen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Gredplatten seien "ein sehr traditioneller Ansatz" und würden gerade in historischen Stadtvierteln verwendet, so Fürstberger. Um die Barrierefreiheit zu gewährleisten, dürften die Oberflächen allerdings nicht rau, also gebrochen sein. Die Fußgänger sieht der Bauamtschef auch ohne Gehsteige nicht mehr gefährdet als bisher. Wegen der verwinkelten Gassen und der parkenden Autos sei schnelles Fahren im Gries sowieso unmöglich, meint er.

Das Regenwasser soll in dem Altstadtquartier nicht mehr in die Gullys an den Bordsteinen fließen, sondern in eine Rinne in der Mitte der Straße, die deshalb an beiden Seiten leicht angehoben werde. Für Starkregenfälle sei außerdem "eine höhere Anzahl von Versickerungsschächten" geplant, erklärt der Bauamtsleiter. Eine Hochwasserplanung werde von der Stadt vorangetrieben. Sie laufe jedoch parallel und sei nicht Teil der Umgestaltung.

Für den Winterdienst türmt die Schönheitskur fürs Gries laut Fürstberger keine zusätzlichen Probleme auf. Nach dem Wegfall der Bürgersteige könne der Schneepflug weiträumiger die weiße Last wegschaufeln und auch besser abtransportieren. Der Schnee, der unmittelbar am Haus anfalle, müsse weiterhin vom Eigentümer geräumt werden. So wie bisher schon an den Gehsteigen. In Privatgärten greift die Stadt bei der Umgestaltung nicht ein. Neue Bäume will sie an den Eingängen in das ehemalige Handwerkerviertel pflanzen.

Ein Grund für das neue Outfit ist auch, dass der Kanal in dem Quartier schon mehr als 70 Jahre alt ist und saniert werden muss. Über die künftigen Hausanschlüsse soll es mit jedem Haushalt ein Einzelgespräch geben. Im Zuge der Arbeiten und "der Öffnung entlang der Hauswände können die Häuser abgedichtet werden", sagt Fürstberger. Auch darüber werde mit jedem Eigentümer gesprochen. Überdies sollen dabei auch gleich Leerrohre für einen späteren Internet-Ausbau verlegt werden. Wie Pressesprecherin Otterbach mitteilt, will die Stadt noch in diesem Jahr die einzelnen Arbeiten vergeben. "Beginn für den ersten Bauabschnitt ist voraussichtlich im Frühjahr 2020."

© SZ vom 23.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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