Flucht und Migration:Gericht stoppt umstrittene Asylunterkunft in Bad Tölz

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Die Flüchtlingsunterkunft am Isarleitenweg in Bad Tölz ist fertig, kann aber nicht genutzt werden – weil der VGH der Klage eines Nachbars recht gegeben hat. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Eilentscheid des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gibt Klägern recht und setzt Baugenehmigung außer Kraft. Doch das Gebäude ist bereits fertiggestellt. Wie kann es nun weitergehen?

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Die Asylunterkunft am Isarleitenweg in Bad Tölz ist bereits fertig, die ersten fünf Bewohner sind Mitte September eingezogen. Vorige Woche hat nun der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit einem Eilentscheid der Klage eines Anwohners sowie der Stadt Bad Tölz recht gegeben und die Baugenehmigung vorerst außer Kraft gesetzt. Das endgültige Urteil in diesen beiden Klageverfahren obliegt dem Verwaltungsgericht. Das kann dauern, denn „eine Terminierung ist derzeit nicht absehbar“, erklärt Pressesprecher Matthias Prinzler auf Nachfrage.

Was mit dem Gebäude nun geschieht – ob es womöglich abgerissen werden muss, wie es mit den Pachtzahlungen des Landratsamts an den Investor aussieht –, all das sei noch offen, sagt Behördensprecherin Marlis Peischer. „Das Landratsamt nimmt diese Entscheidung zur Kenntnis und prüft nun das weitere Vorgehen“. Klar sei bisher nur, dass die wenigen Bewohner wieder ausziehen mussten und keiner mehr in die Unterkunft am Isarleitenweg einquartiert werde, bis das Verfahren entschieden ist.

Obwohl der Bedarf nach wie vor groß sei, wie Peischer betont. Denn an der Tatsache, dass alle zwei Wochen 50 Menschen in den Landkreis verlegt würden – Asylsuchende sowie ukrainische Kriegsflüchtlinge, und in den staatlichen Unterkünften auch Fehlbeleger wohnen, die eigentlich ausziehen müssten, aber keine Wohnung finden –, habe sich nichts geändert. Aktuell leben laut Peischer 3300 Geflüchtete im Landkreis. Zwar seien Asylsuchende wegen der verschärften Asylgesetze und Grenzkontrollen weniger geworden, aber die aktuelle Situation im Nahen Osten sowie der bevorstehende Kriegswinter in der Ukraine lasse nicht erwarten, dass die Zahlen insgesamt sinken.

Die Flüchtlingsunterkunft am Isarleitenweg auf einem Areal westlich der Bockschützstraße war von Anfang an umstritten. Im September 2023 lehnte der Tölzer Stadtrat einstimmig den Bauantrag eines privaten Investors für eine Unterkunft mit rund 50 Metern Länge für die Unterbringung von 96 Menschen ab. Der Bebauungsplan, der das Areal als allgemeines Wohngebiet definiert, wurde schärfer gefasst und insbesondere lärmintensive Nutzungen sowie Anlagen für soziale Zwecke, zu denen auch Flüchtlingsunterkünfte gehören, explizit ausgeschlossen. Außerdem wurde eine Veränderungssperre erlassen.

Die Planung, wie sie dem Stadtrat vorgelegt wurde. (Foto: Claudia Koestler/oh)

Das Landratsamt erteilte die Baugenehmigung trotzdem, mit der Begründung, dass Unterkünfte dringend gebraucht würden. Gegen diese Baugenehmigung, die auf eine Nutzung von zwölf Jahren befristet ist, klagte ein Anwohner wegen der Verletzung „nachbarschaftlicher Belange“ durch die Unterkunft, die neben einem Wohnhaus situiert ist, in dem bereits etwa 30 Asylbewerber untergebracht sind. Auch die Stadt hat die Baugenehmigung im Februar mit Verweis auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht juristisch angefochten. Zudem habe man die Verpflichtung zur Unterbringung von Geflüchteten bereits übererfüllt, argumentierte die Stadt. Ungeachtet der laufenden Klageverfahren wurde mit dem Bau begonnen. „Bauherr ist der private Investor, das Risiko trägt aber der Freistaat“, erklärt Peischer.

Weil das Verwaltungsgericht den von den Nachbarn eingereichten Eilantrag im August in erster Instanz abgelehnt hatte, wurden die Bauarbeiten fortgesetzt. Die Kläger reichten daraufhin Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein. Dieser setzte die Baugenehmigung nun per Eilentscheid vorläufig außer Kraft. Die Unterkunft für 96 Bewohner dominiere und verändere den Charakter des Wohngebiets, so die Begründung des VGH. Außerdem sei mit einer Lärmbelästigung zu rechnen.

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Der Tölzer Stadtrat beschließt eine Veränderungssperre und einen neuen Bebauungsplan für das Areal.

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