Interview zum Ganes-Konzert in Bad Tölz:"Unfassbarer Luxus"

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(Foto: Christoph Jorda)

Das aktuelle Album "Or Brüm" erzählt vom Wasser. Sängerin Marlene Schuen will mit ihm auch daran erinnern, "dass wir noch Einiges zu tun haben".

Interview von Quirin Hacker

Die Schwestern Elisabeth und Marlene Schuen kommen aus La Val in Südtirol, zusammen mit der Bassistin Natalie Plöger bilden sie das Trio Ganes. Ihr Alleinstellungsmerkmal: Sie singen auf Ladinisch. "Or Brüm" heißt ihr aktuelles Album, übersetzt "blaues Gold". An diesem Donnerstag, 19. Mai, stellen sie es im Tölzer Kurhaus vor.

SZ: Frau Schuen, haben Sie schon einmal in der Isar gebadet?

Marlene Schuen: Ja, natürlich! Aber es ist schon ein bisschen länger her. Jetzt wohne ich in Pasing an der Würm. Im Sommer ist es dort auch ganz schön, die Füße reinzustecken.

Wo schmeckt das Wasser besser, in Tirol oder in München?

Ich finde, das Wasser in München schmeckt sehr gut. Wir haben ja sowieso das große Glück, dass wir das Leitungswasser überall trinken können. Das ist unfassbarer Luxus, den wir gar nicht als Luxus begreifen. Wenn man bedenkt, in wie vielen Ländern der Welt man das nicht darf, wo du dir immer Wasser holen musst oder gar nicht weißt, ob es verschmutzt ist. In La Val schmeckt das Wasser schon auch sehr gut. Da kommt es direkt von der Neunerspitze. Wir sind nah an diesen Gebirgsquellen dran, und das Wasser ist auch sehr, sehr kalt. Ist schon gut.

Warum haben Sie das neue Album dem Thema Wasser gewidmet?

Wenn man ein Thema hat, ist es leichter, einen roten Faden durch das Album zu ziehen. Uns ist das Stichwort Wasser eingefallen, weil das Wasser mit unserem Namen verknüpft ist: Ganes kommt von Aguanes, das sind die Wasserfrauen in den Dolomitensagen, mit denen wir aufgewachsen sind. Außerdem steht unser Elternhaus in Südtirol direkt am Wasser, es ist eine alte Mühle. Wasser wird in Zukunft noch mehr zum großen Thema werden. In dieses Wort kann man sowohl Poetisches als auch Politisches oder Kritisches legen. Elisabeth hat eine irische Sage gefunden, in der ein Königreich im Wasser versinkt, weil der König eine Quelle nicht teilen wollte. Ressourcenaufteilung ist ein aktuelles Thema. Ein Lied heißt "Tartaruga de Plastica", übersetzt "die Plastikschildkröte". Sie leidet darunter, dass unsere Meere plastikverseucht sind. Das Lied klingt ganz sommerlich und frisch, aber dahinter versteckt sich etwas Ernstes. Mit diesem Zwiespalt zwischen der lockeren, leichten Musik und dem schweren Thema wollten wir die Absurdität darstellen, wie wir mit unserem Planeten umgehen.

Warum ist es Ihnen wichtig, einen kritischen Anspruch in den Liedtexten zu haben?

Wir wollten auf "Or Brüm" sowohl poetisch leichtere als auch gesellschaftskritische Lieder haben. Ich denke, gerade nach dieser langen Corona-Phase brauchen die Menschen eine Auszeit. Wenn man nur sehr kritische Lieder schreibt, dann ist das auch zu viel. Wir sollten dieses Gefühl von Leichtigkeit und Zusammensein wiederfinden und dann aber auch nicht vergessen, dass wir noch Einiges zu tun haben.

Ganes singen auf Ladinisch, einer Sprache, die nur von wenigen Menschen gesprochen wird. Warum ist das die Sprache Ihrer Lieder?

Wir haben uns schon gefragt, will das überhaupt jemand hören? Werden die Radios das spielen? Wir haben uns dann dafür entschieden, weil es sich für uns einfach am natürlichsten anfühlt. Ladinisch ist unsere Muttersprache, und wir möchten authentisch sein. Ladinisch prägt bei unserer Musik den Klang. Außerdem schaffen wir so Raum für die Fantasie der Menschen, weil nicht sofort alles ersichtlich und klar ist. Unser Publikum ist schon Kulturpublikum und oft sehr an Sprache interessiert. Es weiß, woher wir kommen und was Ladinisch ist. Viele beschäftigen sich dann auch im Nachhinein mit den Texten, lesen die Übersetzungen und fragen sogar, ob es Wörterbücher gibt. Im Konzert erzählen wir, was die Liedtexte bedeuten. Dass wir viele CDs verkaufen, liegt auch daran, dass die Übersetzungen im Booklet stehen. Für uns war es tatsächlich ein Glücksgriff, dass wir uns entschieden haben, in dieser kleinen Sprache zu singen.

Auf dem Album gibt es ein Lied, in der die Aufnahme rückwärts läuft. Warum?

Daniel Comploi hatte diese Idee. Er hat unsere Platte gemischt und gemastert und kommt lustigerweise auch aus unserem Dorf. Das war eigentlich als Gag gedacht. Wir fanden das dann aber so interessant, dass wir es mit auf das Album genommen haben. Zum Proben treffen wir uns in La Val bei unseren Eltern im Haus, meistens vor der Tour. Da probieren wir Vieles aus. Bei unseren Stücken versuchen wir, Passagen offenzulassen und zu improvisieren. Jedes Konzert ist also ein bisschen anders. An unsere letzten Auftritte im schönen Bad Tölz haben wir gute Erinnerungen. Wir freuen uns auf den Abend!

Ganes, Donnerstag, 19. Mai, Kurhaus, Bad Tölz, Beginn 20 Uhr, Einlass 19 Uhr, Karten zu 29,90 Euro gibt es in der Tourist-Info, über München Ticket und an der Abendkasse

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