Flüchtlinge in Bad Tölz-Wolfratshausen:An der Grenze

Flüchtlinge in Bad Tölz-Wolfratshausen: Der Tölzer Bürgermeister Ingo Mehner fordert mehr Solidarität der Landkreiskommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten.

Der Tölzer Bürgermeister Ingo Mehner fordert mehr Solidarität der Landkreiskommunen bei der Unterbringung von Geflüchteten.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Tölzer Bürgermeister Ingo Mehner fordert eine gleichmäßige Verteilung von Geflüchteten.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz

"Ich bin nicht mehr bereit, den Kopf dafür hinzuhalten, dass andere untätig sind." Mit deutlichen Worten hat sich Ingo Mehner (CSU), Bürgermeister von Bad Tölz, am Donnerstag zur aktuellen Flüchtlingspolitik und Unterbringungsquote geäußert. "Es kann nicht sein, dass nur eine Handvoll Gemeinden die Lasten tragen und andere sagen, sie finden keine Flächen. Das Thema bringt uns alle an unsere Leistungsgrenzen."

Anlass dieser offiziell als Stellungnahme bezeichneten Brandrede war neben den Flüchtlingszuweisungen und der Ankündigung der Nachbarkommune Greiling, dagegen zu klagen, auch ein Bauvorhaben für eine große Flüchtlingsunterkunft am Tölzer Isarleitenweg, das derzeit die Gemüter in der Kurstadt erregt. Die "überschaubare Rolle" einer Kommune in einem solchen Bauantragsprozess sei zwar "grundsätzlich eine trockene Angelegenheit", die Prüfung auf Rechtmäßigkeit lasse "wenig Platz für Emotionalität", sagte Mehner noch eingangs der Bauausschusssitzung. "Bei dem aktuellen Bauantrag werden sich die meisten von uns schwertun, das rein rechtlich zu sehen", schränkte der Rathauschef allerdings ein.

"Wir über-erfüllen die Quote zu 83 Prozent"

"Ich habe nicht mehr mitgezählt, wie viele Bürgerinnen und Bürger mich die letzten Wochen angesprochen und gesagt haben: ,Ihr müsst da was machen'." Für die Demokratie sei wichtig, so Mehner, dass einmal deutlich gemacht werde, welche politischen Ebene für was zuständig und verantwortlich sei. "Auch der Landrat kann grundsätzlich nicht beeinflussen, wie viele Menschen in den Landkreis kommen. Das einzige, was er versuchen kann, ist, möglichst gerecht auf die 21 Gemeinden zu verteilen." Aber er wolle eben nicht länger den Kopf hinhalten. Schließlich müsste Bad Tölz laut Königssteiner Schlüssel 14,89 Prozent der Geflüchteten aufnehmen. "Das wären 455 Personen. Wir haben gerade 377 mehr als wir müssten. Das heißt, wir über-erfüllen die Quote aktuell zu 83 Prozent", so Mehner.

Ihm seien die internationalen Fluchtursachen durchaus bewusst. "Aber wenn wir im Schnitt 100 Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge pro Monat in den Landkreis bekommen, und das bei quasi null Leerstand, dann muss das ein zentrales Thema für die Bundesregierung sein", appellierte er. Aus diesem Grund sei er bereits im März mit hunderten Bürgermeistern aus ganz Deutschland nach Berlin gefahren. Alle hätten deutlich gemacht, "dass der Zustrom begrenzt werden muss. Wir schaffen das immer schlechter, irgendwann wahrscheinlich gar nicht mehr."

"Es geht nicht oder nur am Rande um Geld"

Doch im Radio habe er daraufhin Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vernommen, dass sie nicht wisse, welches Problem die Kommunen hätten, diese bekämen ja genug Geld. "Es geht nicht oder nur am Rande um Geld. Frau Faeser, das hier ist das Problem: Die Leichtbauhalle neben dem Landratsamt, die Planungen am Isarleitenweg, und vieles andere."

Wenn die Stadt schon keinen Einfluss darauf habe, wie viele Menschen in den Landkreis kommen, "so drängen wir doch darauf, dass die Flüchtlinge gleichmäßig auf den ganzen Landkreis verteilt werden", machte Mehner klar. Selbst wenn die Unterkunft am Isarleitenweg nicht komme - der Bauausschuss hatte das Projekt zuvor aus baurechtlichen Gründen einstimmig abgelehnt, vorab einen Bebauungsplan aufgestellt, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt sowie eine Veränderungssperre verhängt- liege Bad Tölz deutlich über dem Aufnahme-Soll.

Zwar werde Freistaat aufgrund der Hagelschäden die Zuweisungen in den Landkreis für einige Monate aussetzen. "Das bedeutet aber auch, dass wir dies später durch Mehraufnahmen wieder aufholen müssen", warnte der Tölzer Bürgermeister. Er hoffe, dass die Gemeinden im Landkreis, die bisher die Quote nicht erfüllen, "bis dahin die Zeit nutzen", schloss Mehner.

Zwei Tage zuvor hatte allerdings die Gemeinde Greiling den Beschluss gefasst, gegen die Zuweisung von Flüchtlingen eine einstweilige Verfügung zu erwirken und zu klagen.

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