Den Krieg in der Ukraine spüren Landkreisbewohner längst am eigenen Geldbeutel, sei es durch die Energiepreise und die steigenden Kosten für Wärme, Strom und Treibstoff, durch Probleme in den Lieferketten oder eben die allumfassende Inflation. Kommunen geht es da mit ihrem Haushalt nicht besser als den Bürgern, weshalb es umso erstaunlicher ist, was die Tölzer Kämmerin Silke Furmanek am Dienstag dem Haupt- und Finanzausschuss zu berichten hatte: Trotz zahlreicher Mehrausgaben im laufenden Jahr und Ausfällen verschiedener Einnahmen steht die Kommune heuer finanziell deutlich besser da als ursprünglich angenommen - und zwar um ganze 1,4 Millionen Euro.
Diese bemerkenswerte Summe setzt sich aus vielen kleineren Beträgen zusammen, hat aber auch drei herausstechende Trägersäulen: Allein die Gewerbesteuer spült dieses Jahr rund zwei Millionen Euro mehr in die Tölzer Kassen als gedacht, sodass statt elf Millionen nun 13 Millionen Euro im Buche stehen werden. Der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer bringt wohl an die 80 000 Euro mehr als die ursprünglich geschätzten 1,46 Millionen Euro. Und dann macht sich Tölz in postpandemischen Zeiten auch weiter einen Namen als Urlaubs- und Ausflugsziel: Ein Plus von 50 000 Euro steht beim Fremdenverkehrsbeitrag unterm Strich. Weil folglich die über- und außerplanmäßigen Mehrausgaben und die Ausfälle kompensiert werden können, könne der Tölzer Haushalt in diesem Jahr ausgeglichen werden, kündigte Kämmerin Furmanek an.
Mehr ausgeben als geplant wird die Stadt im Verwaltungshaushalt beispielsweise für den Unterhalt der alten Madlschule, die vom Hagelunwetter am 26. August schwer beschädigt wurde: 200 000 Euro werden für die Reparaturen wohl fällig. Eine Hagelversicherung gebe es für die kommunalen Gebäude in Tölz nicht, erklärte Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) - eine solche abzuschließen werde aber demnächst diskutiert.
Die geplante Darlehensaufmahme kann auf 1,5 Millionen halbiert werden
105 000 Euro statt geplanter 40 000 Euro werden zudem für den baulichen Unterhalt der Volksschule Süd benötigt, unter anderem für die Sanierung des Brandschutzes und die Verlegung der Tölzer Tafel in den Radlkeller. Auch die Überwachung des Stadtgebiets durch einen privaten Sicherheitsdienst wird durch zusätzliche Stunden um etwa 30 000 Euro teurer als angesetzt, die Weihnachtsbeleuchtung schlägt mit weiteren 40 000 Euro zu Buche. Beim Vermögenshaushalt kostete die Kanalerneuerung der Benedikt-Erhard-Straße die Stadt außerplanmäßig etwa 75 000 Euro.
Demgegenüber stehen aber eben auch Minderausgaben, wenn mit höheren Kosten gerechnet wurde als tatsächlich benötigt. 250 000 Euro spart sich Tölz etwa bei der kindbezogenen Förderung für Kindertagesstätten. Und an anderen Stellen hat die Stadt überraschend mehr eingenommen als geplant - insbesondere bei der Gewerbesteuer, die sich "weiterhin erstaunlich positiv" entwickle, wie Furmanek sagte: "Das seit 2019 für Tölzer Verhältnisse hohe Aufkommen scheint sich derzeit auf einem Niveau zwischen elf und 12,5 Millionen Euro zu stabilisieren." Durch den Überschuss von insgesamt rund 1,4 Millionen Euro kann Bad Tölz die eigentlich für heuer geplante Darlehnsaufnahme von drei Millionen Euro auf 1,5 Millionen halbieren.
Die Schulden steigen um 3,23 Millionen Euro
Die Schulden der Stadt werden Furmanek zufolge aber trotzdem bis zum Ende des Jahres um 3,23 Millionen Euro auf 9,23 Millionen Euro steigen. Angesichts der "erheblichen Investitionen" für Projekte wie den Rathaus-Ausbau, die Wohnanlagen an der Osterleite und Königsdorfer Straße, den Kindergarten an der Jahnstraße und die Erweiterung der Jahnschule sowie den Erwerb des Grundstücks am Maxlweiher sah sie das dennoch positiv.
Ob sich Bad Tölz indes auch in den kommenden Jahren gegen den Trend stemmen kann und finanziell oben auf schwimmt, ist Furmanek zufolge ungewiss. Die Kämmerin warnte, "dass große Risiken bestehen, wenn die Folgen des Ukraine-Kriegs und die daraus resultierenden Engpässe im Energiesektor sowie die weiterhin gestörten Lieferketten auch auf die Betriebe vor Ort durchschlagen". Auch das veränderte Zinsniveau mit seinen Folgen für den Bausektor könne sich in den kommenden Jahren negativ auf den Stadthaushalt auswirken. "Des Weiteren ist nicht abschätzbar, ob und wie sich die derzeit sehr eingetrübte Stimmung in der deutschen Wirtschaft in den Steuereinnahmen niederschlagen wird." Einen Schatten wirft die derzeitige Lage schon voraus: Weil Bad Tölz heuer so hohe Gewerbesteuereinnahmen erreicht, muss die Stadt 2024 mit einer höheren Kreisumlage rechnen und kann gleichzeitig weniger Schlüsselzuweisungen erwarten.
Auch bei anderen Punkten seien die Auswirkungen auf die städtischen Finanzen derzeit nicht kalkulierbar, warnte Furmanek: etwa beim Tarifabschluss im öffentlichen Dienst mit einem Anstieg der Tarifgehälter von im Schnitt zwölf Prozent, den Kosten von Integration der zahlreichen Geflüchteten und von Eingliederungshilfe, oder beim Anspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler ab 2026.
Angesichts dieser vielen Fragezeichen appellierte sie für eine sparsame Mittelbewirtschaftung: "Die Gratwanderung zwischen notwendigen, zukunftsträchtigen Investitionen, dem Ergreifen von sich bietenden Chancen und tragbarer Verschuldung wird weiterhin die größte Herausforderung bleiben."