Bad Tölz:Ein Museum der ganzen Stadt

Am Sonntag eröffnet das umgestaltete Stadtmuseum seine Pforten. Die Hauptattraktion ist ein 2000 Jahre altes Ausstellungsstück.

Suse Bucher-Pinell

Wenn das Tölzer Stadtmuseum am Sonntag erstmals nach mehreren Monaten wieder seine Pforten öffnet, dann sind die umgestalteten Räume kaum mehr wiederzuerkennen. Mit einem modernen Konzept präsentiert das Museum in ihnen die Tölzer Geschichte und das Handwerk vergangener Jahrhunderte.

Skelett Ascholdinger Mädchen Stadtmuseum

Das Skelett des "Ascholdinger Mädchens" wurde vor zehn Jahren beim Umbau eines Bauernhauses gefunden.

Bis alle Etagen neu gemacht sind, wird es noch einige Jahre dauern. Schon der bisherige Umbau ist aber ein Beispiel für Bürgerbeteiligung par excellence.

Eines des bedeutendsten Ausstellungsstücke des Museums ist wohl das "Ascholdinger Mädchen", das Skelett einer jungen Keltin, das vor zehn Jahren zufällig beim Umbau eines Bauernhauses in dem Dietramszeller Ortsteil gefunden worden war. Das Mädchen, das mit 14 Jahren gestorben ist, lag gut einen halben Meter unter dem Holzdielenboden des Wohnzimmers im Erdreich begraben.

Beigaben wie Ringe, Messing-Fibeln oder Nieten eines Gürtels deuten darauf hin, dass es aus einer wohlhabenden Familie stammte. Der sensationelle Fund wurde in der Zwischenzeit in der Anthropologischen Staatssammlung in München genau untersucht. Künftig wird das jugendliche Skelett im Stadtmuseum gezeigt - professionell zusammengepuzzelt von einem Orthopädie-Fachmann, dem Chefarzt an der Tölzer Asklepios-Stadtklinik, Matthias Zurstegge.

Er ist einer von rund 90 ehrenamtlichen Helfern, die in den vergangenen Monaten ihre Fachkenntnis in die Umgestaltung des Museums eingebracht haben - sei es als Restaurator der im zweiten Stock ausgestellten Ölgemälde von Richard Pietzsch, als jugendlicher Sprayer der Mammut-Modelle oder als zwölfjähriger Bastler eines Kalkofen-Modells.

Vor allem Mitglieder des Freundeskreises des Stadtmuseums sowie des Historischen Vereins halfen neben vielen anderen Freiwilligen mit. Keiner hat alle Stunden zusammengezählt, es mögen an die 1000 sein, schätzt Museumsleiter Andreas Binder: "Die Bürgerbeteiligung ist eine ganz tolle Sache." Dabei will er das Ganze nicht als "Laienveranstaltung" missverstanden wissen, denn die Hauptakteure sind Experten.

Neben Binder prägen zwei weitere Protagonisten die Neukonzeption: Der wissenschaftliche Betreuer Stephan Bammer und der professionelle Ausstellungsmacher Peter Syr, der lange für das Stadtmuseum und das Kulturreferat in München tätig war und nun im Ruhestand seine Erfahrung mit Begeisterung in Tölz einbringt. "In einem Haus von Gabriel-von-Seidl ein Museum einzurichten, das ist einfach irre."

Fast 30 Jahre lang präsentierte sich das Museum an der Marktstraße unverändert, lediglich der Name wechselte von Heimatmuseum in Stadtmuseum. Über Jahrzehnte hatte der Historische Verein an die 25 000 Exponate zusammengetragen, von denen ein Teil ganz im Stile der damaligen Zeit ausgestellt und beschriftet wurde - eine Darstellung, die Fachleute begeistern konnte, Einheimische und Gäste aber selten ein zweites Mal lockte. Das soll künftig anders sein.

Geschichte soll durch Geschichten erlebbar und von der Eiszeit bis zur Gegenwart dargestellt werden. dazu sind museumspädagogische Angebote ebenso geplant wie getrennte Kataloge für Erwachsene und Kinder. Letztere soll ein Museumskaspar durch die Ausstellung leiten.

Syr schafft im ersten Umbauabschnitt Atmosphäre durch Farbe und Geräusche. Vögel zwitschern an der Isar, Flussrauschen begleitet eine Floßfahrt im Film. Tölzer Prügel und Krautlöffel stehen einträchtig nebeneinander. Moralt-Werke, Holzarbeit und das Kistlerhandwerk werden vorgestellt. In der neuen Galerie riecht es noch nach frischer Farbe. Der Isartal-Maler Richard Pietzsch, der zeitweise in Tölz und Beuerberg lebte, eröffnet den Reigen geplanter Wechselausstellungen. Insgesamt rund 800 000 Euro lässt sich die Stadt ihr neues Museum in den kommenden Jahren kosten.

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