Bad Tölz:E-mobil im Tourismus

E-Mobilität in der Region

Die Funktionsweise eines modernen E-Bike erklärte Andreas Kies (2. v. li) von der "Bike Boutique" in Bad Tölz.

(Foto: Manfred Neubauer)

Mit dem Projekt "Mobile Region Oberland" will sich der Landkreis im Fremdenverkehr auf die Zukunft ausrichten. Durch einen Verbund an Kooperationspartnern sollen Gäste unter anderem Elektrofahrräder per App ausleihen können.

Von Klaus Schieder

Ein Münchner möchte mit einem Elektrofahrrad einen Ausflug von Lenggries aus in die Berge unternehmen. Im Wohnzimmer sieht er auf seinem Smartphone, dass am Wochenende ein E-Bike vor dem Rathaus der Brauneck-Gemeinde zur Verfügung steht, das sonst Beamte und Verwaltungsangestellte nutzen. Oder auch eines vor einem Hotel, das die Gastgeber von einem örtlichen Fahrradhändler gemietet haben. Er bucht das Pedelec, fährt nach Lenggries, öffnet das Radschloss über eine App, verbringt einen Tag in den Bergen, bringt es wieder zurück, verschließt das Schloss per App und zahlt 3,60 Euro pro Stunde. Dies ist das Grundprinzip von "MoRe Oberland" (Mobile Region Oberland). Mit diesem Projekt will der Tölzer Land Tourismus die Elektromobilität fördern und den Landkreis vor allem im Fremdenverkehr auf die Zukunft ausrichten. Für das Modell zeichnet die Kompetenzzentrum Sport Gesundheit Technologie GmbH aus Garmisch-Partenkirchen verantwortlich, getragen wird es von der Energiewende Oberland und dem Stadtwerke-Verbund 17er Oberlandenergie GmbH.

Sonderlich gute Erfahrungen haben Vermieter im Landkreis mit dem Verleih von Elektrofahrrädern bisher nicht gemacht. Vor fünf Jahren hätten noch mehr als 20 Gastgeber solche Bikes oder auch Ladestationen angeboten, zuletzt nur zwei oder drei, berichtet Holger Lortz, Marketingchef beim Tölzer Land Tourismus. "Viele haben gesagt, das rechnet sich nicht, die Fixkosten seien zu hoch, der Verleih zu gering." Dabei ist E-Mobilität zunehmend gefragt. Ebenso das Leasing. Vor einigen Jahren hatte Andreas Kies von der "Bike Boutique" in Bad Tölz lediglich fünf E-Fahrräder verkauft, heute macht er mit ihnen 50 Prozent seines Umsatzes. Unter den knapp 190 Rädern, die er vermietet, sind 25 bis 30 E-Bikes. Er kooperiere auch mit Reiseveranstaltern und Jugendherbergen, erzählt Kies.

An diesem Widerspruch setzt "MoRe Oberland" an. Das System sieht ein Netzwerk von Kommunen, Firmen, Gastgebern, Tourist-Informationen, örtlichen Händlern und lokalen Energieversorgern vor, das den Besuchern, aber auch Einheimischen ermöglicht, sich einfach ein Elektrofahrzeug von einem der Kooperationspartner auszuleihen. Dabei geht es nicht bloß um Fahrräder, sondern auch um Elektroautos, E-Motorräder oder Segways, also elektrisch betriebene Stehroller. Die Idee sei, "Produkte und Services aus der Region zu bündeln und ein nachhaltiges Mobilitätsangebot für die Region zu entwickeln", sagte Christoph Ebert, Geschäftsführer des Garmischer Kompetenzzentrums, am Freitag bei der Präsentation im Landratsamt. Deshalb sei es ganz wichtig, Ansprechpartner an Ort und Stelle zu haben. Zum Beispiel den Fahrradhändler, der komplett für die Wartung zuständig ist, deshalb zum Hotel fährt und die E-Bikes checkt. Das muss ein Gastgeber dann nicht selbst veranlassen.

"MoRe Oberland" fährt gewissermaßen auf vier Rädern. Die Internet-Plattform: "Dort ist nicht nur zu sehen, wo es eine Ladestation gibt und wo ich mir ein Radl leihen kann", sagt Ebert. Auf der Webseite sollen unter anderem auch alle Anbieter oder die Fahrpläne des Öffentlichen Nahverkehrs aufgelistet sein. Zweitens die Infrastruktur: Geplant ist, die Ladestationen so zu verknüpfen, dass sich der Kunde nur einmal zum Tanken anmelden muss - egal, ob er die Zapfstation eines Autohauses oder der Stadtwerke nutzt. Ebert schweben überdies sogenannte "Mobility Points" für alle Arten von Elektrofahrzeugen vor - solarbetriebene Kleintankstellen, wo der Nutzer nicht bloß die Batterie oder den Akku aufladen, sondern auf einem Bildschirm auch Informationen abrufen kann. Drittens das System: Das ist zum einen der automatische Verleih von E-Bikes, E-Mountainbikes, E-Cityräder oder E-Lastenräder zum Einkaufen. Ein Hotelier kann etwa ein 3000 Euro teures Mountainbike für 170 Euro im Monat mieten, wovon 150 Euro an den Fahrradhändler und 19,90 Euro an "MoRe Oberland" gehen. Und von den Einnahmen aus dem Verleih behält er 50 Prozent, den Rest teilen sich Händler und "MoRe Oberland". Dafür habe der Gastgeber keine Arbeit mit Rechnungen, auch die Anmeldungen an der Rezeption entfielen, so Ebert. Am Ende sei dies "kein Minusgeschäft", sagt Illkan Karatas vom Kompetenzzentrum. Allerdings weist er darauf hin, dass das ganze System "stationsbasiert" sei. Dies bedeutet, dass der Nutzer das Elektrofahrzeug zum Ausgangspunkt zurück bringen muss. Alles andere sei auf dem Lande wegen der weiten Wege zum Abholen nicht sinnvoll, erklärt Ebert. Das gilt auch für E-Autos. Fürs Carsharing reicht ein Smartphone, anders als beim Fahrrad, allerdings nicht aus. Nötig ist eine spezielle ID-Karte. "Ich lege die Karte auf. Wenn ich berechtigt bin, geht die Tür auf, ich hole die Schlüssel aus dem Handschuhfach, lege die Karte nach der Fahrt wieder auf, um das Auto zu verschließen", so Karatas. Die Beratung: Das Kompetenzzentrum beantwortet alle Fragen rund um Kosten, Ausleihe, Abrechnung. Zudem biete man auch eine Faktencheck für den Betrieb einer Flotte mit E-Fahrzeugen an, so Ebert. "Wir haben ein wirtschaftlich funktionierendes Modell."

Die Elektromobilität sei die Zukunft - darin waren sich Josef Geisreiter vom Autohaus Frimberger und Martin Wiegele vom Autohaus Rinner einig. Beide hatten E-Autos draußen vor dem Landratsamt abgestellt. Im Foyer standen ein Segway und Elektrofahrräder. Ebert lud zum Probefahren ein: "Es ist ja kurz vor Weihnachten, da wollen wir gerne ein Erlebnis schenken."

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