Bad Tölz:Ein Prosit auf die Bierkultur

Lesezeit: 3 Min.

Der Genuss steht beim zweiten Tölzer Bierfest im Vordergrund, allerdings in 0,2-Liter-Gläsern, die man für drei Euro erwerben und jeweils für zwei Euro befüllen lassen kann. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Beim zweiten Tölzer Bierfest präsentieren sich zehn regionale Brauereien. Die Bierkönigin kommt, es gibt Brauereiführungen und ein historisches Wirtshausspiel .

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Ralph Munkert trinkt gerne mal ein gutes Bier. „Als Arzt aber überwiegend Wasser“, sagt er. Dass es in der einst so bedeutenden Bierstadt Bad Tölz kein Fest gibt, das sich dem bayerischen Traditionsgetränk widmet, habe ihn immer gewundert. Also hat Munkert, Gründungsmitglied und ehemaliger Vorsitzender des Unternehmervereins „Wir für Tölz“, im vorigen Jahr das erste Tölzer Bierfest organisiert. Eigentlich ein „ProBierfest“, sagt Munkert, denn im Wortspiel steckt die Idee: sich in geselliger Atmosphäre durch die Biere der Region probieren und den Brauereien eine Plattform bieten. Und so findet, „gegen Ende der Sommerferien und vor der Wiesn“, vom 30. August bis 1. September am Vichyplatz das zweite Tölzer Bierfest statt. Mit dabei sind zehn Brauereien, den Anstich am Freitag übernimmt die bayerische Bierkönigin, es gibt Essensstände, Live-Musik und ein Rahmenprogramm.

Die Premiere im vergangenen Jahr sei gut angekommen, sagt Munkert: Rund 4000 Besucher an drei Tagen, 45 Hektoliter ausgeschenktes Bier. Das Format, das sich Munkert beim Weinfest in Bardolino abgeschaut hat, habe „allen gefallen“: Besucher kaufen für drei Euro ein 0,2-Liter Glas, das an den verschiedenen Schankwägen für jeweils zwei Euro gefüllt werden kann. Anders als beim Weinfest in Bardolino würden die Gläser allerdings aus hygienischen Gründen vor dem Befüllen ausgetauscht. Bei einer Menge von einer Mass könne man also fünf verschiedene Biersorten probieren und zahle zehn Euro. Mit dabei sind die drei Tölzer Brauereien Binderbräu, Mühlfeldbräu, und Steg-Bräu. Außerdem das Mariensteiener Brauhaus, das Brauhaus Garmisch, der Hoppebräu aus Waakirchen, der Sappl Bräu aus Holzkirchen, die Reutberger Klosterbiere, der Schwoaga Bräu aus Gaißach und das Brauhaus Schongau.

Brauer Stephan Maximilian Albrecht aus Schongau freut sich aufs Gastspiel in Tölz. (Foto: Privat/oh)

Stephan Albrecht, Braumeister beim Brauhaus Schongau, freut sich auf das Tölzer Bierfest. Denn seine Familie habe eine besondere Verbindung zur Stadt, erklärt der 24-Jährige. Sein Urgroßvater Hans Merkl habe in den 1930-er Jahren den Schaftlerbräu in der Marktstraße gekauft und in „Brauerei Oberland“ umbenannt. Bis weit über den Landkreis hinaus sei die Brauerei bekannt gewesen, Produktionsstätten gab es auch in Tutzing und Gräfelfing. Wie viele mittelständische Brauereien geriet auch der Oberlandbräu in den 1970-er Jahren in eine Krise und wurde von Hacker-Pschorr übernommen, ehe die Produktion schließlich eingestellt wurde. Das Brauwesen habe die Familie aber nie losgelassen, sagt Urenkel Stephan Albrecht. Im Jahr 2012 übernahm sie eine kleine Gasthausbrauerei in Schongau. Das Unternehmen sei nach alter Familientradition „Brauerei Oberland“ benannt worden und produziere, teilweise nach alten Rezepten, nun die „Schongauer Biere“. „Ich bin gespannt, ob sich noch Leute in Tölz an unser Bier erinnern“, sagt der junge Braumeister. 

Das Tölzer Brauwesen hat eine lange Tradition, die sich bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Im Jahr 1631 gab es in der Stadt 22 Brauereien. Dass das Brauereiwesen in Tölz gut gedieh, war der geologischen Beschaffenheit des Standorts zu verdanken: In den weichen Tuffhügelrücken im Bereich von Marktstraße und Mühlfeld wurden Höhlen geschlagen, die den Tölzer Brauereien jahrhundertelang als Kühl- und Lagerkeller dienten. Dank des Tuffgesteins blieb die Temperatur konstant bei sechs bis acht Grad – ideal für untergärige Biere. Im 18. Jahrhundert wurde Tölzer Bier im Werdenfelser Land, am Tegernsee und Tirol, vor allem aber in München getrunken. Mitte des 19. Jahrhunderts setzte der Niedergang des Tölzer Brauwesens ein. Mit ein Grund war die Entwicklung der Kompressionskältemaschine durch Carl von Linde im Jahr 1873, die den Standortvorteil der Tölzer Lagerkeller zunichte machte. Immer mehr gaben auf; mit der „Grüner Brauerei“ schloss 2001 die letzte der historischen Tölzer Brauereien.

Ein historisches Bild aus den Hochzeiten der Bierbrau-Stadt Bad Tölz. (Foto: Privat/oh)

Doch das bedeutete nicht das Ende dieser jahrhundertealten Tradition; denn veränderte Bedingungen ermöglichten die Gründung neuer Brauereien: Den Anfang machte 2008 der kleine Steg-Bräu, Mühlfeld- und Binderbräu folgten. Der Besitzer des Steg-Bräus habe extra seinen Urlaub verschoben, damit er beim Bierfest dabei sein könne, erzählt Munkert. Zur Eröffnung kommt am Freitag um 17 Uhr die bayerische Bierkönigin, an allen drei Tagen gibt es Brauereiführungen im Binderbäu (5 Euro pro Person, Kinder bis 16 Jahre sind frei). Außerdem können Besucher nicht nur verschiedene Biersorten, sondern auch ein historisches Wirtshausspiel probieren: Das „Taubenschießen“, das nichts mit Schusswaffen, aber viel mit einer Taube zu tun hat. Genauer gesagt einer gut vier Kilo schweren Holztaube mit eisernem Schnabel, die der Wirt vom Binderbräu, Andreas Binder, im Fundus seines Schwiegervaters gefunden hat. Sie stammt vermutlich aus dem 19. Jahrhundert. Das Original soll ins Museum, sagt Binder. Aber er habe das alte Wirtshausspiel, das weltweit nur noch in zwei Vereinen gespielt werde, nämlich in Nußdorf am Inn und in Altaussee, nachgebaut. Es funktioniert mittels einer Pendelbewegung: Die Taube, die an einer etwa 8,50 Meter langen Kette aus Stahlgliedern hängt, muss von einem „Schützen“ so gelenkt werden, dass ihr eiserner Schnabel auf einer Zielscheibe aus Holz möglichst viele Punkte erreicht.

Beim Tölzer Bierfest kann man das Spiel am Freitag, Samstag (17 bis 20 Uhr) und Sonntag (10 bis 20 Uhr) ausprobieren. Am Sonntag gibt es ab 10 Uhr ein Weißwurstfrühstück mit der „Landratsamtmusik“, von 11 bis 13 Uhr findet außerdem die erste Tölzer Stadtmeisterschaft im Schafkopf statt. Für die Kleinen gibt es in Zusammenarbeit mit der Tölzer Stadtbibliothek von 15 bis 17 Uhr eine „Märchenstunde“.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFreizeit im Oberland
:„Rennochse zu werden ist die beste Option für ein Rind“

Georg Unterholzner überwacht in Münsing, ob alle Tiere gesund sind und der Tierschutz beachtet wird. Woran man das erkennt und warum er solche Veranstaltungen wichtig findet, erklärt der Leiter des Kreisveterinäramts im Gespräch.

Interview von Benjamin Engel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: