Das Hagelunwetter im August 2023 hat der Alten Madlschule in Bad Tölz schwer zugesetzt, die Lust an der Kultur hat freilich keinen Schaden genommen. Im Gegenteil: Ein frischer Wind weht in vielerlei Hinsicht durch das Gebäude. Die Wände sind frisch gestrichen, Türrahmen und Wandleisten leuchten in kräftigem Blau, „genau so, wie es vorher war“, sagt Evi Luber. Sie ist seit November 2023 Vorsitzende des Kulturvereins Lust, der in diesem Jahr seinen 40. Geburtstag feiert. Noch ist das Gebäude eingerüstet, aber die Renovierung ist weitgehend abgeschlossen. Komplett neue Technik, einige neue Fenster, neues Dach samt Isolierung. Die knarzenden Holzböden, die viel zur gemütlichen Atmosphäre beitragen, sind zum Glück geblieben. Nach der Interimslösung im Tölzer „Gasthaus“, die wunderbar funktioniert habe, ist die Madlschule wieder bereit.
Und so gibt es vom 26. bis 28. September ein buntes „Vierzig Jahre Lust-Festival“: Michael Altinger spielt sein Kabarett-Programm „Lichtblick“. Sepp Müller lädt zu einem „Müllers Lust Spezial“ ein, eine etwas andere Talkrunde, dieses Mal mit Gründungsmitgliedern und der neuen Garde des Vereins. Außerdem gibt die Lust-Theatergruppe eine kurze Vorschau auf das neue Theaterstück von Hausautor Alex Liegl, das am 14. März 2025 Premiere feiert. Es geht um zwei Mafiosi-Familien, „die Tölzer Marktstraßenmafia, aber es werden keine Namen genannt“, wie Lust-Urgestein Wiggerl Retzer verrät. Am Samstagnachmittag, 28. September, gibt es „Das Bayerische Schneewittchen“ mit dem gebürtigen Tölzer Stefan Murr und Heinz-Josef Braun, die seit Jahren immer wieder in der Lust spielen. Abends steigt dann die große Lust-Party mit der Band The Jokers.
Nach 40 Jahren ist der Verein mit momentan 70 Mitgliedern, davon 15 Aktiven, kein bisschen müde. Die Lust am Spielen, an Spaß und Satire ist geblieben. Dafür steht künftig mehr Raum zur Verfügung, denn Lust und der Theaterverein „Komische Gesellschaft“ können den ehemaligen Probenraum der Stadtkapelle, die in die Jahnstraße umgezogen ist, mitnutzen. Deshalb sind neuerdings auch Veranstaltungen an Donnerstagen möglich, die bereits um 19 Uhr beginnen. Das komme Arbeitnehmern entgegen, die am Freitag arbeiten müssten, sagt Pressesprecher Peter Knoblich. Und noch in anderer Hinsicht soll die Lust größer werden: Es gebe Gespräche mit dem Tölzer Kunstverein über eine Zusammenarbeit, so Knoblich. So könnte die Alte Madlschule für Ausstellungen genutzt werden, die zuletzt im Stadtmuseum oder im kleinen Kursaal stattgefunden haben. Sein Traum wäre „eine richtig schöne Ausstellung begleitend zum Christkindlmarkt“, sagt Knoblich, der auch zweiter Vorsitzender des Kunstvereins ist.
Neues und Klassiker
Viel Neues, aber bleiben werden freilich die Lust-Klassiker: Die Leonhardi-Abende am 2. und 3. November, die vor 15 Jahren aus einer „gspinnerten Idee vom Wiggerl und mir entstanden sind“, wie Sepp Müller sagt, und mittlerweile zu den Traditionsveranstaltungen in der Stadt gehören. Auch die Aktmalgruppe, Lachyoga, Improtheater und die Lust-Theatergruppe bleiben.
Über die Anfänge des 1984 gegründeten „Freundeskreises“, der 1987 in einen Verein überführt wurde, ursprünglich in der Alten Knabenschule zu Hause war und 1988 in die Madlschule umzog, kann Wiggerl Retzer viel erzählen. Der 79-Jährige ist Gründungsmitglied und war selbst 20 Jahre Vorsitzender. Der frische gesellschaftlich-politische Wind der 80er-Jahre sei irgendwann auch in Bad Tölz angekommen. „Da gab es vorher ja nur den Tölzer Knabenchor, Kirchenkonzerte und Tanzabende für Kurgäste.“ Sogar Friedensmärsche seien in der Kurstadt organisiert worden, „da musste auch kulturell was anderes her“, sagt Retzer. „Wir machen alles, worauf wir Lust haben“ – so sei der Name des Vereins entstanden, der durchaus für Irritationen sorgte. Retzer erinnert sich an eine „fröhliche Damengruppe aus dem Rheinland“, die bei ihm angefragt habe, was denn in der Lust so getrieben werde. Nun, vor allem Kabarett, das es in Tölz fast nicht gegeben habe.
Bühne für Newcomer
40 Jahre ist das her, aber ein Kulturleben ohne Lust wäre eine freudlose Angelegenheit; getragen ausschließlich von Ehrenamtlichen, wie dies im Landkreis nur noch beim Geretsrieder „Hinterhalt“ der Fall ist. Der Verein muss keine Gewinne, aber Gagen und Miete erwirtschaften. Letztere sei gering, und die Stadt nehme viel Geld für die Renovierung in die Hand, „dafür sind wir dankbar“, sagt Luber. Auch der Verein hat sich mit etwa 10 000 Euro beteiligt, die ehrenamtlichen Arbeitsstunden nicht mitgerechnet. Die Gagen sind in den vergangenen Jahren gestiegen, und die Akquirierung von Künstlerinnen und Künstlern deutlich aufwendiger geworden, sagt Norbert Zandt, der für das Programm zuständig ist. Wo früher ein persönlicher Anruf gereicht habe, müssten jetzt mit Agenturen „Riesenverträge“ verhandelt werden. Große Künstler kommen trotzdem auf die kleine Bühne mit 80 Plätzen. Luise Kinseher war schon da, Helmut Schleich, Gerhard Polt, die Band Kofelgschroa oder die Nouwell Cousins. „Wer einmal in der Lust gespielt hat, kommt immer wieder“, sagt Zandt. Aber auch Newcomern werde eine Bühne gegeben, „wir machen Aufbauarbeit für Künstler.“
Im Verein ist man jedenfalls froh, dass die Lust immer noch in der Madlschule beheimatet ist. Denn 2018 gab es Überlegungen der Stadt, die renovierungsbedürftige Spielstätte in die Franzmühle zu verlegen. „Aber keiner von uns wollte einen Umzug“, erinnert sich Müller, der damals Vorsitzender war. Lust und Komische Gesellschaft kämpften gegen eine Schließung – mit Erfolg. Das sei auch gut, findet Heinz-Josef Braun. Denn die Madlschule sei ein „ganz großartiger Spielort“.
Informationen zum Programm www.kulturverein-lust.de