Süddeutsche Zeitung

Bad Tölz:Was aus dem Alpamare wird

Lesezeit: 3 min

Seit seiner Schließung ist das Alpamare nur noch Brachland. Doch nun will Anton Hoefter dem einstigen Spaßbad wieder Leben einhauchen. Vor allem das junge Leben soll einen Platz bekommen - anders als das in seiner Jugend der Fall war.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Mit einem Gesamtkonzept will die Jodquellen AG ihren Arealen im Tölzer Kurviertel, die seit Jahren brachliegen, neues Leben einhauchen. Gelingen soll die Reanimation mit einer Mixtur aus Leben, Arbeiten, Gastronomie, Kultur: "Wir stellen uns eine Durchmischung vor, die gegenseitiges Befruchten ermöglicht", sagte Anton Hoefter, Vorsitzender der Jod AG, am Freitag bei der Vorstellung der Pläne.

Demnach soll im Jodquellenhof wieder ein Hotel entstehen, Wohnhäuser für Familien auf dem Alpamare-Gelände und entlang der Herderstraße, ein Platz für Spiel, Sport und Konzerte für junge Leute im Herderpark. In der Wandelhalle sind ein Restaurant an der Ludwigspromenade, dahinter ein Veranstaltungssaal, zwölf bis 15 Mietwohnungen und am Ende ein Raum für Kunst vorgesehen. Im Herderhaus soll es Satellitenbüros und Co-Working-Areas geben. "Das ist ein Gesamtkonzept, wo eines auf dem anderen aufbaut, das kann man nicht in Scheiben zerschneiden", betonte Hoefter.

Alpamare-Areal

Ende August 2015 wurde das Spaßbad Alpamare geschlossen. Seit wenige Jahre später die Rutschen verschwanden, ist das Gelände bloß eine Wiese. Dort und auch anstelle der benachbarten Gebäude mit dem Herderbad will Hoefter etwa acht Wohnhäuser bauen - und zwar für Familien. Bis zu 40 Prozent der Domizile sollen zu vertretbaren Preisen vermietet, der Rest als Eigentumswohnungen in Erbpacht verkauft werden. Es gebe Wege, auch privatwirtschaftlich Wohnbau zu betreiben, wo die Miete ein Drittel des Einkommens nicht übersteige, so Hoefter. Dies sei durch "kluge Grundrisse und reduzierte Flächen" möglich. Zum Beispiel um einen Wohnkern herum, der aus zwei, drei Räumen wie Schlaf-, Fernseh- und Arbeitszimmer bestehe. Wie viele Wohnungen genau auf dem Alpamare-Areal errichtet werden sollen, vermag er derzeit noch nicht zu sagen.

Jodquellenhof

Der Jodquellenhof soll wieder ein Hotel werden. Nach seiner Schließung vor knapp sieben Jahren diente er als Asylunterkunft, zuletzt als Quartier für reisende Monteure und Handwerker. Das gesamte Erdgeschoss soll "eine große Fläche sein, die unterschiedlich bespielt wird", so Hoefter. Als Frühstücksraum, tagsüber mit Einzelbüros oder Co-Working-Zone, abends dann als Bar und für Events. Eine Art "Hafen, wo man arbeiten, sich aber auch treffen" könne, sagte der Chef der Jod AG. Ein Restaurant oder ein Café gibt es im Parterre nicht. Die Zimmer in den oberen Etagen will er renovieren lassen. Das Haus will er im Drei- bis Dreieinhalb-Sterne-Segment ansiedeln, vor allem für junge Leute.

Dieses Vorhaben stellt einen unerwarteten Paradigmenwechsel dar. Die Stadt Bad Tölz hatte in ihrem Bebauungsplan für den Jodquellenhof und das Alpamare-Areal strikt eine touristische Nutzung vorgeschrieben, was Hoefter jedoch stets ablehnte. Seine Normenkontrollklage ist noch vor Gericht anhängig. Darüber werde "in Kürze" entschieden, sagte der Chef der Jod AG: "Ich bin optimistisch, dass sie zu unseren Gunsten ausgeht." Zum Dialog mit der Stadt sei er trotzdem vor, während und nach dem Verfahren bereit.

Wandelhalle

Gastronomie, Wohnen, Kultur: Mit der denkmalgeschützten Wandelhalle verfolgt Hoefter gleich mehrere Ziele. Die Rotunde zur Ludwigspromenade hin soll künftig ein Restaurant beherbergen. Darüber hat er schon mit Peter Frech gesprochen, dem Gastwirt des "Jailhouse" am Moraltpark. In den neuen Wirtsräumen könne er sich zum Beispiel einen Grill vorstellen, so Hoefter. Dahinter plant er einen Veranstaltungs- und Tagungssaal, der über das Restaurant zugänglich ist. Die lange Halle soll hingegen ein Wohnquartier werden - mit zwölf bis 15 Domizilen, jeweils mit Erd- und Obergeschoss, die schmal und kistenförmig einander folgen. Die Sanierung des denkmalgeschützten, 1930 eröffneten Baus werde "hohe Millionenkosten verursachen". Ohne solche Wohnungen wäre das ganze Konzept für die Halle "nicht vorstellbar", sagte Hoefter. An ihrem Ende - im ehemaligen Konzertraum - soll die Kultur ein Zuhause haben. Schon bislang lud Hoefter Kunstschaffende zu Ausstellungen und Aktionen in die Wandelhalle ein. Aber die Erfahrung zeige, dass es kaum Künstler gebe, "die die ganze Wandelhalle bespielen können".

Herderpark und Herderhaus

Der Herderpark soll "kein Ort der Ruhe mehr" sein, betonte Hoefter. Dort will er Spiel, Sport und mit einer kleinen Bühne auch Konzerte für Jugendliche ermöglichen. "Ich bin im Badeteil aufgewachsen, da gab es nur alte Leute, es hieß immer psst." Ob er dann nicht Beschwerden der Anwohner befürchte, die in den benachbarten Parkvillen leben? "Die wissen das", sagte Hoefter. Geklagt hätten bisher immer nur die Bewohner der anderen Straßenseite, also der Buchener Straße. Im Herderhaus sollen Satellitenbüros, etwa von Münchner Firmen, angesiedelt sein.

Die Corona-Pandemie hat die Pläne von Hoefter geschärft. Die Arbeitswelt wandle sich, sagte er. Mehr Home-Office, weniger Pendeln - dies erhöhe künftig die Attraktivität kleiner Städte. Bad Tölz liege nahe an München, aber auch nahe an Freizeitgebieten wie Seen oder Bergen. Außerdem sei es der Kurstadt gelungen, "ihre Identität zu bewahren". Mit der Arbeit zu Hause oder in Co-Working-Zonen sieht er obendrein eine Chance, die Abwanderung junger Leute nach dem Schulabschluss aus Tölz zu stoppen. Dagegen verliert der Tourismus aus seiner Sicht hier an Bedeutung, anders als etwa in Garmisch oder dem Berchtesgadener Land. Bad Tölz habe in zehn Jahren mehr als 30 Prozent Marktanteil abgegeben, sagte er und verwies auf Zahlen des Bayerischen Landesamts für Statistik. Tourismus in Tölz funktioniere zwar schon noch, rangiere aber nicht mehr an erster oder zweiter Stelle.

Sein Gesamtkonzept hat er Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) nach eigenem Bekunden im Juni 2020 vorgelegt. "Er hat es positiv aufgenommen, aber sich dann nicht mehr gemeldet", teilte Hoefter mit. Wann er seine Pläne umsetzen wird, könne er deshalb nicht sagen. "Die Zeitachse hängt davon ab, wie wir mit der Stadt vorankommen."

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Quelle:
SZ vom 02.10.2021
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