WeiterbildungVerdächtige Reaktionen

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Markus Zimmermann (links) und Maximilian Dietz ermitteln in der Akademie am Schlossplatz.
Markus Zimmermann (links) und Maximilian Dietz ermitteln in der Akademie am Schlossplatz. (Foto: Manfred Neubauer)

Maximilian Dietz und Markus Zimmermann brennen für Moleküle und Atome, Verbindungen und Trennverfahren. In der Tölzer Akademie am Schlossplatz wollen sie auch ihr Publikum für die Chemie begeistern – und einen Kriminalfall lösen.

Interview von Stephanie Schwaderer, Bad Tölz

Zwei Chemiker eröffnen am Freitag, 17. Januar, die neue Saison in der Tölzer Akademie am Schlossplatz: Markus Zimmermann, Chemielehrer am Gabriel-von-Seidl-Gymnasium, und Maximilian Dietz, Doktor der Lebensmittelchemie, präsentieren ein „einzigartiges Format der Wissensvermittlung mit hohem Unterhaltungswert“, wie es in der Einladung heißt. Unter dem Titel „Die verschwundenen Beweise – ein chemisches Rätsel“ wollen sie mithilfe chemischer Experimente einen Kriminalfall lösen.

SZ: Herr Dietz, wer ist das Opfer?

Maximilian Dietz: Das können wir nicht verraten, weil wir das erst zusammen mit dem Publikum herausfinden werden.

Sie ermitteln mithilfe der Chemie. Wird es knallen und rauchen?

Maximilian Dietz: Das war ursprünglich unser Gedanke. Im Marionettentheater ist das nicht ganz einfach. Wir haben uns für effektvolle Versuche mit ungefährlichen Chemikalien und Haushaltsmitteln entschieden.

Man muss also keine Schutzbrille mitbringen, wenn man in die Vorstellung kommt?

Maximilian Dietz: Nein, die kann man zu Hause lassen. Die Leute in der ersten Reihe werden von uns mit Schutzbrillen ausgestattet, aber das hat eher dramaturgische Gründe.

Herr Zimmermann, Sie sind Chemielehrer am Tölzer Gabriel-von-Seidl-Gymnasium. War Maximilian Dietz ein Schüler von Ihnen?

Markus Zimmermann: Er hätte einer sein können. Ich bin seit dem Jahr 2000 an der Schule, und er hat 2006 sein Abi gemacht. Im Chemie-Leistungskurs hatte er aber einen meiner Kollegen.

Was war er für ein Schüler?

Markus Zimmermann: Das kann ich nicht sagen.

Maximilian Dietz: Ein hervorragender natürlich!

Sind Sie gerne in den Chemie-Unterricht gegangen?

Maximilian Dietz: In der Schule hatte ich noch nicht diese enge Verbindung. Den Zauber der Chemie habe ich erst im Studium entdeckt, als ich mich auf eine ganz bestimmte Thematik spezialisiert habe.

Nämlich?

Maximilian Dietz: Die Chromatografie und allgemein chemisch-analytische Techniken. Dabei werden mithilfe chemischer Trennverfahren und Nachweismethoden bestimmte Effekte aufgeklärt.

Kommt die Chromatografie auch bei Ihren Ermittlungen in Tölz zum Einsatz?

Maximilian Dietz: Darauf habe ich bestanden. Sie wird uns ein Indiz liefern.

Markus Zimmermann und Maximilan Dietz haben sich auf der Bühne gefunden.
Markus Zimmermann und Maximilan Dietz haben sich auf der Bühne gefunden. (Foto: Manfred Neubauer)

Wie kam es zu diesem Programm?

Markus Zimmermann: Wir waren vor zwei Jahren beide Schauspieler bei der Westside-Story, einem Großprojekt, das die Tölzer Sing- und Musikschule unter der Leitung von Harald Roßberger gemeinsam mit dem Gabriel-von-Seidl-Gymnasium auf die Beine gestellt hat.

Sie sind sich also auf der Bühne begegnet und die Chemie hat gestimmt?

Markus Zimmermann: So kann man das sagen. Wir haben uns regelmäßig treffen dürfen und irgendwann haben wir uns Gedanken gemacht, ob wir nicht auch die Akademie am Schlossplatz unterstützen könnten, die ja auch von Harald Roßberger mitorganisiert wird.

Maximilian Dietz: Aus der Westside-Story hat sich ein Schafkopfstammtisch gebildet, bei dem wir von Musikern umgeben sind, die ständig tolle Projekte haben, das hat uns angestachelt. Uns beide treibt bezüglich der Chemie ein Sendungsbewusstsein um. Bei weiten Teilen der Bevölkerung trifft sie ja auf ein gewisses Unverständnis. Wir möchten den Leuten ihre zauberhaften Seiten nahebringen.

Können Sie nachvollziehen, dass Chemie für viele Schülerinnen und Schüler ein Horrorfach ist?

Markus Zimmermann: Ich kann nachvollziehen, dass der Zugang nicht leicht ist. Beim Chemie-Unterricht in der Schule kommt man schwer an den Punkt, dass man alles verstehen könnte. Da muss man viel einfach nur auswendig lernen. Man schafft es nicht, tief genug einzusteigen, um die Zusammenhänge zu durchdringen. Manchmal platzt der Knoten dann in der Oberstufe und man erkennt: Das ist ja gar nicht so schwer! Zuvor ist die Chemie für viele ein Buch mit sieben Siegeln, das ist schade.

Erinnern Sie sich an den Moment, als bei Ihnen der Knoten geplatzt ist?

Markus Zimmermann: Das weiß ich noch ganz genau, das war in der elften Klasse. Ich hatte eine hervorragende Lehrerin. Und es ging um Redoxreaktionen, bei denen ein Reaktionspartner Elektronen auf einen anderen überträgt – ein Thema, das für viele der Horror ist. Bei mir war es das Gegenteil: Ich wusste, da kann man keinen Fehler machen, wenn man es einmal kapiert hat.

Stehen Sie auch auf Redoxreaktionen, Herr Dietz?

Maximilian Dietz: Ich fand Chemie in der Schule nicht besonders interessant, wirklich fasziniert war ich erst in meinem Studium, als ich gemerkt habe, dass man die Welt mit der Chemie erklären kann. Am Lehrstuhl, an dem ich promoviert habe, ging es um Geschmacks- und Geruchsstoffe, ein total nahbares Thema. Die Chemie hat so viele Facetten, man muss für sich nur die richtige finden.

Der Gedanke, die Chemie auf die Bühne zu bringen, ist außergewöhnlich. Sind Schüler kein dankbares Publikum, Herr Zimmermann?

Markus Zimmermann: Schüler sind kein Publikum. Man bekommt ganz selten eine positive Rückmeldung. Im Schüler steckt das nicht so drin, dass er einmal sagen würde: Das war heute eine tolle Stunde! Hat Spaß gemacht! Aber ich habe schon häufiger Vorträge gehalten, bei Lehrerfortbildungen und Veranstaltungen im Verband der Chemielehrkräfte bayerischer Gymnasien, wo ich im Vorstand bin. Vor Publikum über Chemie zu sprechen ist für mich nichts Außergewöhnliches.

Aber der Chemie-Krimi ist neu?

Markus Zimmermann: Ganz neu! Und wir können ihn noch nicht einmal proben, weil er auf Interaktivität mit dem Publikum ausgerichtet ist. Wir bereiten unsere Experimente vor, aber wir haben keinen festen Text.

Maximilian Dietz: Wir machen das spontan. Das freie Reden habe ich für meine Promotion trainiert. Und dann bin ich einige Jahre bei Science Slams aufgetreten, in Göttingen und Dortmund, München oder Salzburg. Man hat zehn Minuten, um ein Thema informativ und lustig rüberzubringen. Das hat mich wirklich weitergebracht.

Werden Ihre Gäste, wenn sie am Freitag nach Hause gehen, schlauer sein?

Markus Zimmermann: Das hoffen wir!

Maximilian Dietz: Bestimmt. Und damit das Gelernte auch nachhaltig ist, geben wir unseren Gästen Experimente für zu Hause mit.

Freitag, 17. Januar, 19.30 Uhr, Tölzer Akademie am Schlossplatz/ Marionettentheater, Eintritt 12 Euro; Reservierung über Marionettentheater, Stadtmuseum, Touri-Info, VHS oder Sing- und Musikschule; die Abendkasse öffnet um 19 Uhr

 

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