Süddeutsche Zeitung

Bad Heilbrunn:Zwei Generationenprojekte

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Beim Bürgerforum zeichnet sich ab, dass die Ortsentwicklung zu einem Geschäfts- und Wohnzentrum viele Jahre dauern wird. Dasselbe gilt für die Pläne der Stiftung Nantesbuch.

Von Suse Bucher-Pinell

Bad Heilbrunn ist in Aufbruchstimmung. Bürgermeister Thomas Gründl (CSU) spürt sie ganz deutlich. Und auch die Bürger sind in Bewegung. Mehr als 200 kamen am Mittwochabend zum Informationsabend "Bad Heilbrunn - ein Ort mit Zukunft" in den Kursaal. Bisher gibt es - bis auf die Pläne der privaten Stiftung Nantesbuch für das gleichnamige Gut - keine konkreten Projekte oder Pläne, die hätten vorgestellt werden können. Ganz allgemein wollen die Stadtplaner und Sozialgeografen Rafael Stegen und Volker Salm, welche die Gemeinde als Experten hinzuzieht, den Prozess unterstützen. Dabei sollen viele Puzzleteile wie Kurpark oder Kliniken, Haus des Gastes, Gewerbepark, Gemeindearchiv und Sportstätten so zusammengefügt werden, dass der Ortskern belebt und Bad Heilbrunn als attraktiver Wohnort weiterentwickelt wird.

Bürgermeister, Gemeinderat, Bürger und Experten sollen gemeinsam gestalten, ein Unterfangen, das Jahre dauern wird. "Wir sprechen über einen Zeitraum von mindestens einer Generation", sagte Wolfgang Ott, der Sprecher des Bürgerforums. Seine Vision sei es, im zweiten Halbjahr 2015 mit ersten sichtbaren Umsetzungen zu beginnen. Womit genau, das ließ er offen. Ott sieht ein "Ende der Agonie" und eine "Art Zeitenwende" gekommen, um die "lähmende Defensive" der vergangenen Jahrzehnte in eine "gestaltende Offensive" umzuwandeln.

Der Schub für die Euphorie in der Gemeinde geht von einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aus. Der hatte im November die Klage der Kurfürstin GmbH abgewiesen und den von der Gemeinde aufgestellten Bebauungsplan für den Ortskern bestätigt. Dieses Urteil, das bislang nur mündlich gesprochen wurde, sei " das Fundament", auf dem man aufbauen könne, sagte Ott. Die Gemeinde will im Ortskern, wo ehemalige Kureinrichtungen seit langem leer stehen, ein Mischgebiet mit Wohnungen und Geschäften haben, Kurfürstin-Chef Max Hoefter dagegen will seine Flächen dort nur mit Wohnungen bebauen. Seit Jahren treffen sich die beiden Parteien wegen verschiedenster Anlässe vor Gericht. Gespräche scheiterten, der spärliche Kontakt lief nur noch über Rechtsanwälte.

Hoefter selbst war nicht im Kursaal anwesend, er hatte Vertreter geschickt. An sie wandte sich der Rechtsanwalt der Gemeinde, Klaus Hoffmann, als er an die Kurfürstin appellierte, in den Dialog einzutreten. "Es ist eine ausgestreckte Hand", sagte Hoffmann. Er hoffe sehr, es zu schaffen, dass sich alle ohne Juristen an einen Tisch setzen und sich planerisch beschäftigen. "Wir meinen es mit dem Bebauungsplan sehr ernst." Wie ernst, das fasste er in einem kurzen Satz zusammen: "Das Worst-Case-Szenario wäre eine Enteignung." Für die Entwicklung des Ortskerns stünden immerhin auch 60 Prozent Erstattung aus der Städtebauförderung in Aussicht. "Das ist eine Riesenchance", sagte er.

Zuversichtlich stimmt die Planer Stegen und Salm die steigende Einwohnerzahl auch in der Ortsmitte in den vergangenen zehn Jahren. Dass gleichzeitig der Altersdurchschnitt der Bewohner von 39 auf 43 Jahre gestiegen sei und auch der Ausländeranteil von 4,7 auf 6,9 Prozent, sei nichts Außergewöhnliches.

Konkreter sind die vorgestellten Pläne der Stiftung Nantesbuch zum Hof Karpfsee. Er gehört zum Gut Nantesbuch, das die BMW-Erbin Susanne Klatten vor einem Jahr von der Stadt München kaufte. In Karpfsee wird die Verwaltung für den Grünlandbetrieb sitzen. Der Großteil der 320 zum Gut gehörenden Hektar ist zwar an Landwirte aus dem Umkreis verpachtet. 120 Hektar, vor allem Wald, Feucht- und Streuwiesen, wird die Stiftung aber selbst bewirtschaften.

Walter Frisch, der Geschäftsführer der Landwirtschaftlichen Betriebsgesellschaft, berichtete, dass der bisherige Kuhstall zu einem Pferdestall umgebaut werde. Den braucht es, weil im Wald statt mit schweren Maschinen mit Rückepferden wie früher gearbeitet werde. Frisch will Moore sanieren und begradigte Bäche wieder mäandern lassen. Derzeit würden die Alleen frei geschnitten und Wege gerichtet. "Wir wollen die Kulturlandschaft, die sich in Jahrhunderten entwickelte, erhalten und sorgsam mit der Natur umgehen", sagte er. Wann und wie Nantesbuch umgebaut wird, ist noch offen. Dort will die Stiftung nachhaltige Kultur und Bildungsprojekte anbieten und mit bestehenden Einrichtungen, beispielsweise dem Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) in Benediktbeuern, kooperieren. "Wir wollen das, was es hier gibt, ergänzen", sagte Stiftungs-Geschäftsführerin Andrea Firmenich. Das werde noch Jahre dauern. "Wir beginnen jetzt mit Karpfsee."

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SZ vom 07.02.2014
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