Bad Heilbrunn:"Das Bestmögliche für die ältere Generation"

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In der ehemaligen Schule zwischen Oberbuchen und Unterbuchen sollen Demenzerkrankte demnächst speziell gefördert und individuell betreut werden. (Foto: Manfred Neubauer)

Bad Heilbrunn unterstützt die Einrichtung einer Tagesbetreuung für Demenzkranke durch den Verein "L(i)ebenswert" im alten Schulhaus

Von Klaus Schieder, Bad Heilbrunn

Michaela Schmiegel klang am Montag etwas nervös, tags darauf hörte sie sich schon entspannter an. Die Arzbacherin, die 30 Jahre lang als Krankenschwester gearbeitet hat, gründete vor gut einem Monat mit Falk Heineck und Nicole Schmidt den Verein "L(i)ebenswert", der eine neue Tagesbetreuung für demenziell Erkrankte in Bad Heilbrunn anbieten will. Der Bauausschuss des Gemeinderats empfahl am Montagabend, dem Verein dafür das alte Schulhaus zur Verfügung zu stellen. "Ein gutes Ergebnis", sagt Schmiegel. Die Entscheidung trifft der Gemeinderat am 17. Juli. Für Bürgermeister Thomas Gründl (CSU) ist das Projekt auch eine Aufgabe der Kommune: "Wir müssen nicht nur das Bestmögliche für Kinder, sondern auch für die ältere Generation tun."

Schmiegel hatte den Verein zusammen mit ihren beiden Mitstreitern gegründet, um in der Pflege von Demenzkranken "von der normalen stationären Betreuung wegzukommen". Angesichts bürokratischer Zwänge wie der Dokumentationspflicht gerate der betroffene Mensch "immer mehr in den Hintergrund, er muss ins Schema passen", sagt sie. Auch in der üblichen Tagespflege für Senioren liefen demenziell Erkrankte nebenher mit, sie seien dort eher "eine Begleiterscheinung". In Bad Heilbrunn möchte der Verein eine Einrichtung schaffen, die den Gästen vor allem eine Alltagsbeschäftigung bietet.

Vorgesehen sind acht bis zehn Plätze, die für Stunden oder Tage, aber auch wochenweise oder für einen Monat gebucht werden können. Das Angebot ist nicht auf Bad Heilbrunn beschränkt, die Gäste könnten aus dem gesamten südlichen Landkreis kommen, sagt Schmiegel. Auf dem Programm stehen weniger Singen, Spielen, Mensch-ärgere-dich-nicht oder ein bisschen Gedächtnistraining. Der Verein will vielmehr vorhandene Fähigkeiten der Demenzkranken nutzen und ihnen so zeigen, dass sie noch etwas können. Geplant sind deshalb das Pflanzen von Blumen, Tomaten oder Salat, das Zimmern und Streichen einer neuen Gartenbank, das gemeinsame Kochen eines Mittagessens, für das die Teilnehmer zuvor zum Metzger oder Gemüsehändler gehen. "Der Schwerpunkt sind jene Sachen, die ein Mensch schon immer gemacht hat und noch kann, weil er sie sein Lebtag getan hat", so Schmiegel.

Ihren Angaben zufolge leben derzeit etwa 1700 demenziell Erkrankte im Landkreis, circa 1400 von ihnen werden zu Hause betreut. Das neue Angebot soll auch dazu dienen, die Angehörigen zu entlasten. Die Betreuung geschehe ja oftmals zu dem Preis, dass die ganze Familie darunter leide, sagt Schmiegel. Den Verwandten bliebe durch das Projekt des Vereins auch mal Zeit für sich, ihren Beruf, einen Arztbesuch oder einen Ausflug mit den Kindern. Die Tagesdemenzbetreuung soll von Montag bis Freitag, jeweils von 8 bis 17 Uhr, geöffnet sein, nach Bedarf und Absprache können diese Zeiten etwas variieren. Was die Kosten anbelangt, plant Schmiegel mit einem Stundensatz von zwölf Euro und einem Tagessatz von 75 Euro. Für einen Monat soll der Preis verhandelbar sein. Man wolle niemanden überlasten, sagt die Arzbacherin. Der Verein sei gemeinnützig, allerdings müssten sie und ihre beiden Mitstreiter von den Einnahmen noch ihren Lebensunterhalt finanzieren können.

Bürgermeister Gründl spricht von einer "guten sozialen Einrichtung", die dem alten Schulhaus wieder Leben einhauche. Das Thema Demenz "wird uns in Zukunft noch mehr beschäftigen", sagt er. Starten möchte Schmiegel mit dem Projekt am 1. September. Zuvor muss das alte Schulhaus renoviert werden. Die Kosten dafür sollen Gründl zufolge teils die Gemeinde, teils der Verein tragen. Der sucht noch Sponsoren. "Da kämpfen wir bis zu grauen Haaren", sagt Schmiegel. Firmen gäben Geld für Kinder und Jugendliche, alte Menschen seien da nicht im Fokus. "Sie sind eben keine große Kundschaft mehr."

Weitere Informationen über den Verein "Tagesdemenzbetreuung L(i)ebenswert" gibt es unter Telefon 0151/10 98 09 09 oder im Internet (www.demenz-lebens-wert.de).

© SZ vom 01.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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