Süddeutsche Zeitung

AWU meldet deutliche Steigerung:Müll zum Abwinken

Die Corona-Pandemie macht sich auch in der Abfallwirtschaft bemerkbar.

Von Alexandra Vecchiato

Die Corona-Pandemie beherrscht fast alle Lebensbereiche seit vergangenem Jahr. Selbst die Abfallwirtschaft konnte sich der Krise nicht entziehen. Ende März 2020 mussten für etwa drei Wochen die zentralen Annahmestellen, die Wertstoffhöfe in Quarzbichl, am Entsorgungszentrum in Greiling, in Wolfratshausen und in Geretsried, geschlossen werden. Denn viele Bürger nutzten den verordneten Zwangsurlaub, um zu Hause kräftig auszumisten. Doch an den Annahmestellen kümmerten sie sich kaum um die geltenden Abstands-und Hygieneregeln. Die Folge sei Chaos an den Wertstoffhöfen gewesen, schreibt Reiner Späth, Chef der WGV Recycling GmbH und des Abfallwirtschaftsunternehmens AWU, in seinem Geschäftsbericht für das Jahr 2020. Daher sei die Schließung eine Notbremse gewesen. Wer nun denkt, dass pausenbedingt weniger Abfall entsorgt werden konnte, irrt. "Es kommt uns aus den Ohrwaschln raus", sagte Späth in der Kreistagssitzung am Montag. Von 2019 auf 2020 gebe es einen Sprung in Höhe von 12,5 Prozent beim Restabfall. "Das ist enorm. Da haben wir einiges zu schultern."

Laut Späth landeten im vergangenen Jahr elf Prozent mehr Elektroschrott, elf Prozent mehr Grobschrott, 17 Prozent mehr Altholz und 29 Prozent mehr Sperrmüll in den Containern der Sammelstellen. Ein Ende ist nicht in Sicht. "Die Leute haben immer noch genug zum Wegschmeißen", sagte Späth.

Noch mehr als die Unmengen an häuslichem Abfall bekümmert Späth die hohe Anzahl an Gewerbemüll und vor allem Bauschutt. Es geht vor allem um sogenannte inerte Abfälle wie Ziegelbruch, Betonbruch, Rigips, Porenbeton und ähnliches. Aufgrund einer Verordnungsänderung darf solcher Bauschutt nicht mehr einfach irgendwo gelagert oder zum Verfüllen verwendet werden. "Sonst wäre das eine unerlaubte Deponie", sagte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). Eine Verfüllung sei nur in ausgewiesenen Industriegebieten möglich, die seien jedoch dünn gesät. "Wir können keine Industriegebiete ausweisen. Das geht bei uns nicht", betonte der Landrat.

Durch sinkende Kapazitäten auf dem privaten Markt sei in den vergangenen Jahren eine deutliche Mengensteigerung erkennbar, ergänzte Späth. Unternehmen kämen laufend auf das AWU zu. "Das ist ein Riesenproblem." Man nehme Bauschutt an, stoße aber an Grenzen. Das AWU könne die hohe Nachfrage einfach nicht bedienen, schon allein aus Platzgründen nicht. Späth erklärte den Kreisräten, die einzige Lösung sei, dass die Bauwirtschaft ihre Abfälle selbst entsorgen werde müssen. "Wir haben weder eine Fläche, noch die nötige Anlagentechnik oder das Knowhow", sagte Späth. "Das ist kein Thema für die kommunale Abfallwirtschaft."

Niedermaier warnte, dass die Bauschutt-Problematik einer der Preistreiber in der Bauwirtschaft sein werde. Natürlich könne angefallener Schutt recycelt werden, doch um Gutes von Schlechtem zu trennen, brauche man Platz. Die Gemeinde Benediktbeuern etwa hat beschlossen, ein Zwischenlager genau dafür zu schaffen.

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SZ vom 28.07.2021
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