Im Loth Hof Laden Münsing:Angekommen auf der Überholspur

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Die Wolfratshauserin Antonia Relin hat die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau mit der Note 1,28 abgeschlossen. Ihr Arbeitgeber, der Münsinger Loth Hof Laden, profitiert davon auch.

Von Benjamin Engel, Münsing

Dem Arbeitgeber kann eine Auszubildende kaum ein größeres Kompliment machen. "Ich habe mich für den Ort und die Menschen hier entschieden", sagt die 24-jährige Antonia Relin. Im Münsinger Naturkostfachgeschäft "Loth Hof Laden" hat sie gelernt. Vor sechs Monaten machte sie ihren Abschluss zur Einzelhandelskauffrau - und das mit der Bestnote von 1,28. Dafür wurde die junge Wolfratshauserin mit dem Staatspreis der Regierung von Oberbayern ausgezeichnet. Gleichzeitig hat die Industrie- und Handelskammer auch den Loth Hof Laden besonders gewürdigt. Das Geschäft erhielt Anfang Juli den Aufkleber: "IHK-Ausbildungsbetrieb 2018. Hier wurde ein Einser-Azubi ausgebildet."

Erst während der Zeit im Loth Hof Laden findet Relin heraus, was sie wirklich gut kann. Sie habe gerne Kontakt zu den Menschen, erzählt sie, der offene Umgang mit Kunden bereite ihr echte Freude. In den Prüfungen zum Wirtschafts-und Rechnungswesen bemerkt sie, dass ihr es leicht fällt, mit Zahlen umzugehen. Sie erreicht in beiden Tests die volle Punktzahl. Wegen ihrer guten Noten kann sie ihre dreijährige Ausbildung sogar um ein halbes Jahr verkürzen.

Zu der neuen Erkenntnis ist die blonde, junge Frau mit dem gewinnenden Lächeln erst auf Umwegen gekommen. "Für mich ist es wichtig, einen Sinn in den Sachen zu erkennen, die ich mache", schildert sie. Zu Schulzeiten habe ihr das manchmal gefehlt. "Ich war überfordert von den vielen Möglichkeiten." Vom Gymnasium wechselte die junge Frau Mitte der achten Jahrgangsstufe auf die Wolfratshauser Realschule. Nach dem Abschluss belegte sie auf der Fachoberschule den sozialen Zweig. Im Wolfratshauser Kreiskrankenhaus und im Geltinger Temenos-Kindergarten absolvierte sie Praktika. Doch obwohl ihr der Umgang mit den Menschen dort sehr gut gefiel, fehlte ein klares Berufsziel.

"Weiter auf die Schule zu gehen, ohne zu wissen, wofür, hat keinen Sinn ergeben", erzählt Relin. Schließlich habe ihre Mutter vorgeschlagen, im Loth Hof Laden zur Probe zu arbeiten. Mit der Mutter war sie schon als kleines Kind immer zum Einkaufen in das Münsinger Geschäft gefahren. Die Atmosphäre gefiel Relin sofort. Das ganze Team im Familienbetrieb von Christian Kohn und seiner Frau Bettina sei sehr sympathisch gewesen und habe sie freundlich aufgenommen.

Mit dem, wofür der Laden steht, nämlich ökologische Produkte möglichst aus der Region anzubieten, kann sich Relin voll und ganz identifizieren. Schon als Jugendliche hat sie gerne gekocht. Sie überlegt sich genau, was sie einkauft und isst. Um zu wissen, wie welcher Käse schmeckt, hat sie die gut sortierte Theke durchprobiert - und auch von den anderen Produkten gekostet.

Fünf Tage die Woche arbeitet Relin im Loth Hof Laden. Wenn eine neue Lieferung kommt, sortiert sie die Regale ein. Gemeinsam im Team werden Bestellungen überlegt, geschaut, was sich besonders gut verkauft. Besonders freut sich die junge Frau über die vielen Stammkunden. "Wir kennen uns alle sehr gut", erzählt sie. "Die Kunden kennen uns und andersherum."

Schon seit 1997 betreibt das Ehepaar Kohn den Loth Hof Laden. Aus der von einem Freund betriebenen Gärtnerei in Geschäftsnähe stammen zu Saisonzeiten Gemüse, Kräuter und Salate. Ladeninhaber Christian Kohn verkauft Eier aus dem mobilen Hühnerstall des Loth Hofs von Landwirt Nikolaus Mair. Im Geschäft reicht das Sortiment von Brot und Milchprodukten bis zu Fleisch und Naturkosmetik.

Nach ihrem Ausbildungsabschluss wurde Relin im Team fest übernommen. Christian Kohn freut sich, weiterhin eine "im wahrsten Sinne des Wortes ausgezeichnete Mitarbeiterin" zu haben. Denn überhaupt Auszubildende für den Einzelhandel zu finden, sei alles andere als einfach. "Der Beruf ist nicht so wahnsinnig attraktiv", schildert er. Schließlich müsse man regelmäßig am Samstag arbeiten. In anderen Tätigkeitsfeldern seien die Verdienstmöglichkeiten höher.

Beruflich möchte sich Relin weiterentwickeln. Nach den Abschlussprüfungen habe ihr das Lernen gefehlt. Um etwas für den Kopf zu tun, habe sie sich sogar einen Italienischkurs gekauft. Sie habe sich schon überlegt, einen dualen Studiengang als Wirtschaftsfachwirtin anzugehen. Wie sie sich genau orientiere, halte sie sich aber noch offen. Nur stehen bleibe wolle sie nicht, sagt Relin. "Ich will mehr."

© SZ vom 04.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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