Ausgestopfte Fische, Briefe, Bücher:Der Heimatsammler

Friedhelm Oriwol hat am Walchensee nicht nur Kunstschätze zusammengetragen

Friedhelm Oriwol hat seine alte Heimat verloren, als er zwölf Jahre war. Mit seiner Familie floh er 1945 von Schlesien in den Westen. Zwei seiner fünf Geschwister seien auf dem Weg gestorben, erzählt er. "Sie sind verhungert." Noch Jahre nach ihrer Ankunft in Bielefeld habe die einzig wichtige Frage in seiner Familie gelautet: Wo bekommen wir etwas zu essen her? Das ist lange her - und doch wesentlich für das Lebenswerk, das der mittlerweile 87-Jährige am Ufer des Walchensees geschaffen hat.

Oriwol hat in seinem Museum am Ortseingang von Urfeld so viel (neue) Heimat zusammengetragen, wie es einem Menschen möglich ist. Seine heimatkundliche Sammlung umfasst Postkarten und Ölgemälde, ausgestopfte Fische und Kirchenfahnen, Bücher, Briefe und Kalender, Schuldverschreibungen und eine gigantische Kaffeemaschine. Wer historisches Material zum Walchen- oder Kochelsee benötigt, zur Jachenau, zum Kesselberg oder zum Walchenseekraftwerk, kann sich getrost an ihn wenden. "Aber mit Heimatkunde alleine lockt man keinen ins Museum", weiß er. "Deshalb habe ich noch die Kunst dazu genommen."

Oriwol hat sich als junger Mann vom Maurer zum Bauingenieur hochgearbeitet. Mit seiner Frau Inge pendelt er seit 1978 zwischen München und Urfeld, wo die beiden sich eine Dachgeschosswohnung mit Blick auf den See eingerichtet haben. Die Liebe zu diesem einzigartigen Naturschauspiel verbindet ihn mit Lovis Corinth, dem berühmtesten Maler des Walchensees. Von ihm hat Oriwol mehr als 300 teils seltene Grafiken erworben. Corinths originelles "ABC in Bildern" etwa ist bis auf das "K" komplett. Das "K", das einen Kuss zeigt, habe er in einer Auktion schweren Herzens einem Mitbieter überlassen müssen, erzählt er. "Der hatte dringend etwas bei seiner Frau gut zu machen." Vollständig ist die Serie "Bei den Corinthern", 14 Originalradierungen aus dem Jahr 1920.

Der Hunger, zu sammeln, lässt sich offenbar nie stillen. Gerade hat Oriwol in einer Kunsthandlung in Rottach-Egern neue Corinth-Drucke erworben. Alle zeigen den Walchensee, alle sind signiert. "Eine Rarität!" Zur Eröffnung der neuen Saison wartet das Museum also gleich mit mehreren Überraschungen auf.

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