Freizeit in Bayern:10,5 Millionen Euro teures Spa-Projekt in Bad Tölz scheitert

Freizeit in Bayern: Der Entwurf des Baumeisters Titus Pernthaler aus Innsbruck sah ein zweistöckiges, lichtes Foyer-Gebäude vor.

Der Entwurf des Baumeisters Titus Pernthaler aus Innsbruck sah ein zweistöckiges, lichtes Foyer-Gebäude vor.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Schon lange sucht man in dem bayerischen Stadt nach einer Touristen-Attraktion. Kritiker drängen: "Bad steht auf unserem Ortsschild, wir sollten etwas finden, wo man die Füße ins Wasser hängen kann."

Von Klaus Schieder

Das Wellnessbad "Natura Tölz" an der Bockschützstraße wird nicht gebaut. Diesen Beschluss hat der Stadtrat in seiner Sitzung am Dienstagabend ohne Gegenstimme gefasst. Den Ausschlag dafür, die Pläne für das Spa zu beerdigen, gaben zum einen die Baukosten von insgesamt rund 10,5 Millionen Euro.

Diese Summe ist dermaßen hoch, dass das Bad ohne ständige Zuschüsse durch die Stadt nicht wirtschaftlich zu führen wäre. Zum anderen hat sich die Konkurrenz in der Region verschärft: In Kochel wurde 2017 das umgebaute "Trimini" eröffnet, Starnberg weiht heuer das sanierte Seebad mit großer Saunalandschaft ein, in Tegernsee soll die Seesauna ausgebaut werden. Außerdem wirft auch der Standort für das Spa an der Bockschützstraße einige Probleme auf. Insgesamt seien die Risiken zu hoch, sagte Bauamtsleiter Christian Fürstberger.

Geplant war ein Wellnessbad, das auf der Sportkinesiologie des Tölzer Orthopäden Dr. Werner Klingelhöffer beruht. Die fünf Saunen sollten thematisch die fünf chinesischen Elemente Feuer, Wasser, Metall, Holz und Stein abbilden, umgesetzt mit Materialien aus der Region. Die Stadt veranstaltete einen Architektenwettbewerb, den Baumeister Titus Pernthaler aus Innsbruck gewann. Sein Entwurf sah ein zweistöckiges, lichtes Foyer-Gebäude vor, dem sich südlich zwei Sauna-Häuser in Y-Form anschlossen - alles verbunden mit einer Glashalle. Unter dem Komplex sollte eine Tiefgarage halb in die Erde versenkt werden. Aber wegen der enorm hohen Kosten holte die Stadt das Kommunalberatungsbüro con.pro GmbH ins Boot, ebenso potenzielle Betreiber.

Und die sahen das Spa-Projekt weitaus kritischer als etwa zuvor die Projektentwickler der österreichischen Firma Redserve oder die Bäderexpertin Sylvia Glückert. Sie prognostizierten nicht 120 000, respektive 90 000 Besucher pro Jahr, sondern allenfalls die Hälfte. Sie verwiesen auf den Wettbewerb, der sich in der Planungsphase für das Spa verstärkt hat. Sie erklärten, dass der Standort an der Bockschützstraße problematisch sei, weil das Bad im Sommer ein attraktives Angebot im Freien bieten müsse, das gesamte Gelände aber vom späten Mittag an wegen der hohen Bäume im Westen im Schatten liege. Für die Stadt kam noch etwas hinzu: Den ansässigen Unternehmern im Tourismus war das Projekt mehr oder weniger egal, und in der Tölzer Bevölkerung wünschten viele eher ein Familienbad á la Alpamare. "Die Resonanz war nicht so, dass wir gezwungen wären, die Spa-Anlage zu bauen", so Fürstberger.

"Wir haben viel Zeit, Geld und Prestige verloren"

Deutliche Kritik am Projektmanagement übte Franz Mayer-Schwendner (Grüne). Die potenziellen Betreiber wurden nach seinem Empfinden viel zu spät gehört. Dass das Spa zu teuer werde, hätte man schon wissen können, wenn man sie in den Architekturwettbewerb eingebunden hätte, monierte er. An der Konkurrenz durch andere Bäder in der Region habe sich nicht grundsätzlich etwas verändert, das "Trimini" in Kochel sei in die Berechnungen stets eingeflossen. Das Fazit von Mayer-Schwendner: "Wir haben viel Zeit, Geld und Prestige verloren."

Dies mochte Bürgermeister Josef Janker (CSU) so nicht ganz stehen lassen. Erst nach dem Wettbewerb habe der Stadtrat den Auftrag erteilt, mit Betreibern in Kontakt zu treten, sagte er. Ansonsten wäre es für ihn jetzt schlimmer, auf dem Spa-Projekt zu beharren. "Wir hätten dann ein riesiges Defizit." Kämmerer Hermann Forster gestand zu, dass man potenzielle Badbetreiber vielleicht früher hätte einbinden sollen. Fakt sei aber: Halte die Stadt am Spa fest, mache sie "wahrscheinlich die Erfahrung, dass es uns ewig am Bein hängen wird." Anton Mayer (CSU) zeigte sich geradezu froh über das Aus für das Bad: "Mir fällt ein Stein vom Herzen."

Damit ist allerdings das Konzept der Neuen Tölzer Hotelkultur nur noch Makulatur. Schließlich ist auch das Hotelprojekt an der Arzbacher Straße so gut wie gestorben. "Wir haben keinen Plan B", sagte Mayer-Schwendner. "Das ist ein Versäumnis, das wir uns ans Revers heften müssen." Und was nun? Eine neue Vision für Tölz forderten Willi Streicher (SPD), Michael Lindmair und Ulrike Bomhard (beide FWG). "Bad steht auf unserem Ortsschild, wir sollten etwas finden, wo man die Füße ins Wasser hängen kann", sagte Streicher. Auch Bomhard befand, dass Bad Tölz ein Bad schon gut zu Gesicht stünde, "wir sollten das nicht aus dem Augen verlieren".

Bauamtschef Fürstberger richtete den Scheinwerfer auf das Hallenbad, das die Stadtwerke auf der Flinthöhe betreiben. Das könne man mit seinen Saunen und seiner Familienfreundlichkeit weiterentwickeln, sagte er. Für den Tourismus spielt diese Einrichtung jedoch kaum eine Rolle. Anton Mayer (CSU) warnte davor, den Tölzer Bürgern auch "da schon wieder lange Zähne zu machen". Für ihn gilt es abzuwarten, wie es künftig um die städtischen Finanzen bestellt ist.

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