Ausflugsziel Walchensee:"Wir können die Anwohner hier nicht absaufen lassen"

Mehr als eine Million Personen hat die Herzogstandbahn seit 1994 ins Tal oder zum Gipfel befördert.

Blick von der Bergstation Herzogstandbahn runter zum Walchensee. Für viele ein beliebtes Ausflugsziel - für die Einheimischen inzwischen zu beliebt.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Staatssekretär Gerhard Eck informiert sich bei einem Ortstermin über die geplanten Möglichkeiten zur Regulierung der Touristenscharen.

Von Petra Schneider

Ein Nachmittag am Walchensee: sonniges Badewetter, der See türkisblau. Die Parkplätze sind gut voll, aber es gibt noch Lücken. Trotzdem - viel Betrieb, für einen Wochentag. Badegäste, Surfer, Wanderer tummeln sich, in einigen Bundesländern haben bereits die Sommerferien begonnen. Der Hauptansturm wird noch kommen, wenn Ende Juli die Bayern nachziehen, weil in diesem Corona-Sommer viele zu Hause bleiben oder Urlaub im eigenen Land machen. "Der Walchensee wird immer attraktiv bleiben, aber die Spitzen haben wir durch Corona jetzt", sagt Staatssekretär Gerhard Eck (CSU). Er ist kürzlich an den Walchensee gekommen, um sich ein Bild zu machen. Das lebhafte Treiben überrasche ihn nicht, sagt Eck, er werde ja laufend über die Situation informiert.

Der Kochler Bürgermeister Thomas Holz (CSU) ist froh, dass bei der Umsetzung des Walchenseekonzepts jetzt "mehr Zug drin ist". Das Thema sei inzwischen "ganz hoch oben angesetzt", betont auch Landtagsabgeordneter Martin Bachhuber (CSU). Denn eine Situation wie am Brückentag nach Fronleichnam dürfe sich nicht wiederholen: fünf Kilometer Stau Richtung Bad Tölz, das gleiche Richtung Autobahn, "der totale Horror". Er habe Verständnis für die Menschen in den Ballungszentren, die raus in die Natur wollten, sagt Eck. "Aber wir können die Anwohner hier nicht absaufen lassen." Es nütze nichts, immer nur jammern, immer nur noch mehr Polizei. "Wir müssen Maßnahmen ergreifen, die dauerhaft zu Lösungen führen." Wie sollen diese aussehen? Der Tenor an diesem Tag ist klar: mehr Parkplätze. Überlegungen wie Shuttlebusse "müssen auch einfließen", sagt Eck auf Nachfrage, aber man brauche jetzt kurzfristige Lösungen. Um Entlastung vor dem großen Sommeransturm zu schaffen, werden Wiesen deshalb vorübergehend zu Parkplätzen umfunktioniert. Bis Oktober hat die Gemeinde Kochel von den Staatsforsten ein Grundstück gegenüber der Wasserwacht in Walchensee gepachtet, auf dem bis zu 250 Autos parken können. Gleiches in der Jachenau, wo ein Landwirt eine Wiese zur Verfügung stellt, mit Kapazitäten für gut 300 Fahrzeuge. Zwei neue Entlastungsparkplätze an der Mautstraße sollen in einem ersten Bauabschnitt 175 Stellplätze schaffen, eine Baugenehmigung liegt für 400 vor. Auch Pläne für einen Radweg zwischen Urfeld und Walchensee gibt es, der allerdings noch länger dauern wird.

Sorgen macht Bürgermeister Holz die Vermüllung am See. In diesem Jahr sei es besonders schlimm, weil die Gasthäuser coronabedingt weniger Plätze anbieten dürften und viele Leute deshalb ihre Brotzeit selbst mitbringen - den Müll dann aber nicht mit nach Hause nehmen. Die Mitarbeiter des Bauhofs seien inzwischen bei schönem Wetter täglich mit der Reinigung der Badeplätze befasst. Auf der zweistündigen Rundfahrt um den See lässt sich Staatssekretär Eck die geplanten Maßnahmen erklären. Mit dabei ist unter anderem der Leiter des Staatlichen Bauamts Weilheim, Uwe Fritsch, Rudolf Plochmann von den Bayerischen Staatsforsten und die Polizeivizepräsidentin für Oberbayern Süd, Eva Schichl. An der Galerie hinter dem Tunnel Richtung Walchensee findet der Tross kaum eine Haltemöglichkeit; Surfbretter liegen auf den Parkplätzen, ein Polizist fordert die Surferin auf, ihr Sportgerät doch bitteschön zu entfernen. Dann erklärt Fritsch den angedachten Radweg zwischen Urfeld und Walchensee. Dazu müsse der bestehende Schotterweg auf 2,50 Meter verbreitert werden. Weil die Böschung zu steil sei, sei eine Stützmauer nicht möglich; stattdessen könnte eine überhängende Betonplatte aufgebracht werden. Ein teures und bestenfalls mittelfristiges Projekt: Denn erst müsse eine Verkehrszählung erfassen, wie viele Radfahrer am Walchensee tatsächlich unterwegs sind. Fritsch geht von Kosten von rund acht Millionen Euro aus, die der Bund zahlen müsste, wenn man den Radweg für notwendig erachtet. Mit dem Bau könne dann frühestens in drei Jahren begonnen werden, sagt Fritsch. Staatssekretär Eck findet das Vorhaben gut, das seien "zähe Prozesse", aber man müsse solche Maßnahmen endlich einmal angehen.

Nächste Station ist die Mautstation in Einsiedl. Die Süduferstraße ist Teil des Gemeindegebiets Jachenau und im Besitz der Bayerischen Staatsforsten. An Stoßzeiten ist die Lage hier besonders dramatisch, weil die Straße dann oft so zugeparkt wird, dass Rettungswagen nicht mehr durchfahren können. Um dies zu vermeiden, planen die Staatsforsten zwei neue Entlastungsparkplätze an den Mauthäuschen, die versetzt werden sollen, um Rückstaus zu vermeiden. Die Mautstation bei Einsiedl liegt im Landschaftsschutzgebiet, die bei Niedernach nicht. Für die neuen Parkplätze müssen Waldstücke gerodet werden. Eine Zählanlage soll künftig die Autos bei der Ein- und Ausfahrt in die Mautstraße registrieren. Die Daten könnten auch für das geplante Parkleitsystem genutzt werden. Wenn sich 900 Fahrzeuge im Abschnitt zwischen den beiden Mautstationen befinden, könne man davon ausgehen, dass alle zur Verfügung stehenden Parkplätze auf der Süduferstraße besetzt seien. "Dann geht die Schranke runter", erklärt der Jachenauer Bürgermeister Klaus Rauchenberger (Freie Wählergemeinschaft Jachenau). Eine Durchfahrt sei noch möglich, aber wer etwa zum Baden bleiben wolle, werde auf die neuen Ausweichparkplätze geleitet. Auch Busse könnten dort wenden, die die Süduferstraße nicht befahren dürfen, weil sie zu schmal ist.

Zusätzlich zu den Mautgebühren wird es auch Parkgebühren geben. Die Höhe soll einheitlich geregelt und die Einhaltung streng kontrolliert werden. Jachenauer, die bereits jetzt keine Mautgebühren zahlen, sollen auch von den Parkgebühren befreit sein, sagt Rauchenberger. Mit den neuen Ausweichparkplätzen könne aus naturschutzrechtlichen Gründen erst im Oktober begonnen werden. Eck lobt die Maßnahmen. Hunderte neuer Parkplätze würden geschaffen, "ohne dass man Natur zerstört". Man wolle nicht noch mehr Gäste anziehen. "Aber die Anwohner haben ein Recht, dass man das ordentlich organisiert und kontrolliert."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: