Süddeutsche Zeitung

Aus für die Surfwelle:Den Pioniergeist aufgegeben

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Vielen Stadträten war der beschlossene Kostendeckel wichtiger als das Trendsport-Projekt selbst. Ob sich das auszahlt, wird die Kommunalwahl zeigen

Von Konstantin Kaip

Das war's dann also: Nach Jahren der Planung und etlichen Beschlüssen hat der Wolfratshauser Stadtrat am Dienstag die Surfwelle aufgegeben, weil sie die Stadt 63 000 Euro mehr gekostet hätte als das im Februar beschlossene Maximum von 400 000 Euro. Das innovative Pionierprojekt ist damit faktisch gestorben. Sechs Jahre harte Arbeit des Vereins "Surfing Wolfratshausen" und mehr als 175 000 bereits für Planung und Gutachten bezahlte Euro sind umsonst. Das Risiko war den 14 Stadträten, die an dem Kostendeckel festhielten, zu groß.

Sicher wäre es riskant gewesen, die erste eigens für Surfer errichtete stehende Welle in Bayern zu realisieren. Anders etwa als beim Eisbach in München hätte sie schließlich nicht nur mit einer speziell entwickelten Stahlkonstruktion unter großem Aufwand auf dem Kanal in Weidach gebaut, sondern auch vom Verein unter Auflagen betrieben werden müssen. Jeder Surfer hätte für seine Wellenritte unter freiem Himmel Gebühren zahlen müssen. Ob das so funktioniert hätte, wie es sich die Initiatoren und Befürworter vorgestellt haben, kann nun wohl nicht mehr beantwortet werden. Ebenso wenig wie die Frage, ob das Projekt eine einzigartige Attraktion mit Leuchtturmcharakter für die ganze Region geworden wäre, das zahlreiche junge Leute nach Wolfratshausen gezogen hätte - um zu surfen oder anderen dabei zuzuschauen.

Aber so ist das nun einmal bei Pionierprojekten: Um zu erfahren, was sie bedeuten, muss man mutig sein und den Weg als Erster gehen. Der Wolfratshauser Stadtrat, der sich lange mit der vermeintlichen Vorreiterrolle geschmückt hat, hat diese nun vorzeitig aufgegeben - und ein Geschenk von 270 000 Euro an Fördergeld abgelehnt. Der Mehrheit war es wichtiger, am Beschluss festzuhalten und keine Risiken mehr einzugehen. Ob diese Standhaftigkeit honoriert wird, muss die Kommunalwahl im Frühjahr zeigen. Die Surfwelle wurde schon von einigen Akteuren zum Wahlkampfthema gemacht. In den kommenden Wochen wird noch viel über Verfahrensfehler und Verantwortliche geredet werden. Die Bürger sollten dabei im Kopf behalten, dass es um ein Pionierprojekt ging. Wer den Weg zur Welle zu Ende gehen wollte und wer nicht, wissen sie jetzt.

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Quelle:
SZ vom 12.12.2019
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