Aus dem Wolfratshauser Amtsgericht:Auf Kosten der Oma

Für 6000 Euro kauft ein Paar ein. Der Prozess wird eingestellt

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Für knapp 6000 Euro hat ein junges Pärchen im Jahr 2017 Produkte im Internet bestellt - ohne zu zahlen. Teils haben der 36-jährige Mann und die 24-jährige Frau aus dem Landkreis die Kontodaten der Großmutter angegeben. Beide behaupteten, dass die Seniorin von den Einkäufen gewusst habe und dafür bezahlen wollte. Doch die Oma zeigte das Paar an. Die Frau war an Demenz erkrankt und ist inzwischen gestorben. Inwieweit den Angeklagten zu glauben war, konnte die gesetzliche Betreuerin der Oma nicht klären. "Ich schließe nicht aus, dass sie etwas zugesagt hat, wovon sie am nächsten Tag nichts mehr gewusst hat", sagte sie. Das Verfahren vor dem Amtsgericht Wolfratshausen wurde deshalb eingestellt.

Glücklich war darüber selbst Richter Helmut Berger nicht. "Ich weigere mich halt zu glauben, dass die Großmutter das alles gutgeheißen hatte, was passiert ist", sagte er. In demselben Fall hatte er bereits im vergangenen Oktober vor Gericht verhandelt. Damals war das Verfahren ebenfalls eingestellt worden. Die Angeklagten sollten die verursachte Schadenssumme begleichen. Nur 500 Euro zahlte das Paar zurück, weswegen das Verfahren wieder aufgenommen worden war.

Zwischen April und Oktober 2017 hatten die Angeklagten im Internet eingekauft - von Kinderbekleidung, einem Trampolin, einem Schaukelgestell bis zu Sitzpolstern, einer Toilette, einer Badewanne, einer Spiegelreflexkamera sowie einem Induktionskochfeld. Jetzt rechtfertigten sich die Angeklagten damit, keine Daten von der Betreuerin bekommen zu haben. Die räume die Konten leer, behauptete die Enkelin.

Noch lebt der ebenso wie seine Frau an Demenz erkrankte Großvater. Der Mann weigerte sich aber, vor Gericht auszusagen. Um beide hatte sich die Betreuerin seit 2017 gekümmert. Wie die 63-Jährige schildert, habe der Senior schon damals seine Enkelin verdächtigt, seine Geldkassette mit 2000 Euro gestohlen zu haben. Anzeigen habe er die junge Frau aber nicht wollen. Dann seien auf die Namen der Großeltern lauter Mahnungen für Interneteinkäufe gekommen. Geld, das alles zu bezahlen, habe das alte Ehepaar selbst nicht gehabt. Beide hätten sich sehr geärgert und deshalb die Enkelin und deren Lebensgefährten angezeigt. "Die Großmutter war sehr erbost über ihre Enkelin wegen der Bestellungen", sagte die Betreuerin.

Von den Angeklagten zeichnet sie ein schlechtes Bild. Die jungen Leute und die Großeltern wohnten unter einem Dach. Nach Darstellung der Betreuerin sei ein Pflegedienst abgesprungen, weil sich die Mitarbeiter über die Angeklagten beschwert hätten. So habe das Personal morgens den Kühlschrank aufgefüllt, der abends wieder leer gewesen sei. Der Pflegedienst habe selbst noch die schmutzige Kleidung des jungen Paares waschen sollen. Die Angeklagten sind schon mehrfach gerichtlich bestraft worden, weil sie im Internet bestellt haben, ohne zu zahlen. "Es passt halt alles wunderbar zusammen", sagte Richter Berger.

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