Aus dem Wolfratshauser Amtsgericht:Arrest wegen sexuellen Missbrauchs

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Der Richter verurteilt einen Mann wegen sexuellen Missbrauchs: Er hatte eine Beziehung zu einer 13-Jährigen

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Der damals 18-Jährige und die 13-Jährige haben sich geliebt. Die beiden hatten Anfang 2018 Sex miteinander. Der junge Mann wollte das Mädchen sogar heiraten. "Sie sagte, sie sei 17", erzählte er ein Jahr später im Sitzungssaal des Wolfratshauser Amtsgerichts. Von ihrem wahren Alter habe er erst erfahren, als ihn Polizisten vernahmen. Die Eltern des Mädchens hatten ihn angezeigt. Alle sind Asylbewerber. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten vor Kurzem nach Jugendstrafrecht wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern. Der Schüler muss für zwei Wochen in Arrest und 32 Sozialstunden machen. "Sie haben sich entschieden, in Deutschland zu leben", erklärte Amtsrichter Urs Wäckerlin. "Dann wird von Ihnen erwartet, dass Sie sich an die hiesigen Rechtsnormen halten."

Wer in Deutschland Sex mit Menschen unter 14 Jahren hat, macht sich strafbar. Vor der Polizei hatten das Mädchen und der Angeklagte zuerst noch abgestritten, miteinander geschlafen zu haben. Beide wollten sich nur umarmt und auf die Wange oder die Stirn geküsst haben. Wie der junge Mann schilderte, habe er wahnsinnige Angst gehabt und sei panisch gewesen. Er habe daher gelogen.

In der Videovernehmung berichtete das Mädchen, dass sie den Angeklagten im Januar 2018 in einer Fürstenfeldbrucker Flüchtlingsunterkunft kennengelernt hatte. Der junge Mann hatte sie angehalten und angesprochen. Schnell entwickelte sich mehr. "Wir hatten Sex", sagte sie. Ganz freiwillig sei alles passiert. Irgendwann zwischen März und Mai hätten sie die Beziehung beendet. Da lebte der Mann schon in einer Unterkunft im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Ihre Stiefmutter habe ihm auch gesagt, dass sie erst 13 Jahre alt sei. Mit einem anderen Mann habe sie schon vorher Sex gehabt.

Auf die ermittelnde Polizeibeamtin wirkte das Mädchen wesentlich reifer als manch andere 13-Jährige. Körperlich und auch geistig sei sie ihr wie eine Erwachsene vorgekommen. Sie habe mit ihrem Alter gehadert, sich gewünscht, älter zu sein.

Dem Angeklagten hatte das Mädchen anfangs erzählt, 17 Jahre alt zu sein. Deren Stiefmutter habe von der Beziehung gewusst. Sie haben ihn persönlich geschätzt. "Sie hat mich einen Sohn genannt", sagte er. Der Vater habe damals in einer anderen Unterkunft gelebt. Als dieser von der Beziehung erfahren habe, hätte er ihn zur Rede gestellt. Es könne schon sein, dass sie damals über das Alter des Mädchens gesprochen hätten, schilderte der Angeklagte. Doch während der Unterhaltung sei es laut gewesen. Außerdem habe er den Vater wegen seines Akzents nicht richtig verstanden.

Sehr wütend auf den Angeklagten gewesen zu sein, das berichtete der heute 39-jährige IT-Manager und Vater des Mädchens. Von Dritten hatte er gehört, dass seine Tochter Alkohol trinke und mit einem Jungen ausgehe. Außerhalb der Unterkunft hatte er den Angeklagten getroffen. "Ich habe ihm gesagt, dass sie erst 13 Jahre ist", berichtet er. In diesem Alter sei es nicht angebracht, sexuelle Beziehungen zu haben und Alkohol zu trinken. Damals habe der Angeklagte jeglichen sexuellen Kontakt abgestritten. Der Mann habe davon gesprochen, nur mit seiner Tochter befreundet zu sein. Dann habe er mitbekommen, dass er gelogen hatte und den Mann erneut zur Rede gestellt. "Das Letzte, was ich zu ihm sagte, war, dass er große Schwierigkeiten haben würde, wenn er das dem Kind eines anderen Vaters antun würde."

Von einem "wunderbaren Verhältnis zum Angeklagten" sprach die 43-jährige Stiefmutter. Sogar ihrem Mann habe sie erzählt, dass er eine tolle Persönlichkeit sei. Ihren Mann habe sie damals an den Wochenenden in seiner Unterkunft besucht. Eine Freundin habe berichtet, dass ihre Stieftochter in dieser Zeit oft mit dem Angeklagten zusammen gewesen sei. Eine sexuelle Beziehung habe sie aber unmöglich gefunden.

Ganz sicher war sich der Staatsanwalt, dass der Angeklagte das Alter des Mädchens gekannt hat. Die Minderjährige habe offen und klar geschildert, was passiert sei. Für den Angeklagten forderte der Staatsanwalt eine Jugendstrafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung und drei Wochen Arrest. Er ging von 47 Fällen sexuellen Missbrauchs aus, was der Verteidiger bezweifelte. Sein Mandant sei freizusprechen. Es habe sich aus dessen Sicht um eine ganz normale Liebesbeziehung gehandelt. Das Mädchen sei darin die reifere Person gewesen.

Nur von 15 Fällen des sexuellen Missbrauchs ging das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Wäckerlin aus. Man müsse die drei Wochen in Fürstenfeldbruck von der Zeit trennen, als der Angeklagte schon nach Bad Tölz umgezogen sei. Dem Angeklagten sei bekannt gewesen, dass das Mädchen nur 13 Jahre alt gewesen sei. In ihrer Aussage habe sie keinen ängstlichen Eindruck gemacht, sondern sich als sehr offensiv agierende junge Frau präsentiert. Ein Arrest sei notwendig. "Sie sollen einen Eindruck davon bekommen, was Ihnen droht, wenn Sie weitere Straftaten begehen sollten."

© SZ vom 26.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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