Süddeutsche Zeitung

Aus dem Amtsgericht Wolfratshausen:Waffenkauf im Darknet fliegt auf

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Ein 26-Jähriger bestellt illegal eine Pistole und wird verurteilt. Überführt hatte ihn die australische Bundespolizei, die hinter dem vermeintlichen Händler steckte.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Der 26-jährige Angeklagte bezeichnet sich als Waffennarr. "Mir gefallen Pistolen", sagt der junge Mann aus Wolfratshausen im Sitzungssaal des Wolfratshauser Amtsgericht. Im Juli 2017 wollte er sich illegal eine halbautomatische Pistole über den Account eines vermeintlichen Händlers im Darknet bestellen. Dahinter verbarg sich jedoch die australische Bundespolizei, die so illegale Waffenkäufer überführen wollte. Dem Angeklagten stellten die Ermittler in Zusammenarbeit mit dem deutschen Bundeskriminalamt (BKA) eine Falle. Über eine vom BKA kontrollierte E-Mail-Adresse in der Bundesrepublik bestellte der Mann die Waffe - und flog auf. Am Montag wurde der Angeklagte zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt.

Schon als 14-, 15-Jähriger war der Mann Mitglied in einem Paintball-Verein. Zu Hause hatte er ein verbotenes Butterfly-Messer, einen illegalen Schlagring und Totschläger sowie 26 Gramm Marihuana. All das fanden Kriminalpolizisten bei einer Hausdurchsuchung im Sommer des Vorjahres. Per Mail hatte der Mann die Pistole bestellt und dafür rund 2200 Euro in der Digitalwährung Bitcoin überwiesen. Über die IP-Adresse konnten die Ermittler den Angeklagten identifizieren.

Nur auf den Hinweis eines Freundes, im Darknet an Waffen zu kommen, habe er sich dort umgesehen, schilderte der Mann. Die Pistole habe er nur besitzen, aber niemals benutzen wollen. "Ich hätte sie nur daheim im Schrank liegen gehabt und angeschaut", berichtete er. Vor Jahren habe er das verbotene Butterfly-Messer und den Schlagring auf einem Asia-Markt in Tschechien gekauft und am Speicher liegen lassen. Seit Jahren kiffe er und mache derzeit wegen seiner Drogensucht ein Metadon-Substitutionsprogramm.

Vier Monate unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Bewährungsstrafe von 14 Monaten blieb Richter Helmut Berger. Er erklärte, dass die Behörden im Darknet mittlerweile besonders wachsam agierten. In diesem Fall sei es beim Erwerbsversuch einer illegalen Waffe verblieben. Zugunsten des Angeklagten gehe er davon aus, dass die Pistole nur zum Anschauen für zu Hause bestimmt gewesen sei. Der Mann selbst entschuldigte sich für sein Verhalten. "Es wird nichts mehr vorkommen", sagte er.

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Quelle:
SZ vom 24.07.2018
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