Aus dem Amtsgericht:Bewährungsstrafe und Therapie für Exhibitionisten

Das Amtsgericht verurteilt einen 56-jährigen Mann, weil er in den Isarauen eine Mutter mit Kindern belästigt hat

Von Benjamin Engel, Geretsried

Noch fast ein Jahr später belastet der Vorfall die junge Frau sehr. Im Gerichtssaal spricht die 34-jährige Mutter den Angeklagten direkt an und muss sofort weinen. "Ich habe Angst um meine Kinder", sagt sie. "Ich sehe Sie oft auf der Straße." Künftig solle er sie in Ruhe lassen und so etwas wie damals nie wieder machen. Im April 2018 hatte sich die Frau auf einer Kiesbank am westlichen Isarufer bei Geretsried gesonnt. Ihre zwei kleinen Kinder hatte sie mit. Nur wenige Meter von ihr entfernt hatte der Angeklagte damals onaniert. Passanten alarmierten die Polizei, die den 56-Jährigen festnehmen konnte. Am Amtsgericht Wolfratshausen wurde der Mann nun zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Auf einen der ihm folgenden Passanten hatte der Angeklagte sogar noch einen Stein geworfen. Daher verurteilte ihn Amtsrichter Helmut Berger wegen exhibitionistischer Handlungen, versuchter gefährlicher Körperverletzung und Nötigung.

Die Mutter sei immer noch stark psychisch belastet, sagte der Richter. "Damit sehen Sie, was Sie da anrichten können." Zudem soll der Mann 120 Sozialstunden machen und eine Therapie beginnen.

An einem warmen Samstag war der Angeklagte im April 2018 in den Isarauen unterwegs. Neben der Mutter mit den Kindern waren noch weitere Personen auf der Kiesbank am Fluss. Dort zog sich der Mann nackt aus und onanierte wenige Meter hinter der am Boden liegenden Mutter. "Ich wollte einfach schauen, wie die Frau reagiert", sagte der Mann vor Gericht. Zehn bis 15 Minuten habe er das gemacht. Die beiden Kinder im Grundschulalter seien anfangs nicht bei der Mutter gewesen, erst später aus dem Wasser zu ihr gekommen.

Als "Schock" beschrieb die Frau, als sie den Angeklagten bei seinem Treiben bemerkte. Sie habe den Mann deutlich gesehen, als sie sich kurz umgedreht habe. "Ich habe Panik bekommen, weil ich nicht wusste, wie viel meine Tochter gesehen hat", schilderte sie. Allerdings habe sie sich aus Angst um ihre Kinder zusammengerissen und möglichst neutral reagiert. Den Mann habe sie nur aufgefordert zu gehen, was er auch getan habe.

Ebenfalls auf der Kiesbank war an diesem Tag auch ein heute 29-jähriger Mann. Er hatte sich dort mit einer Freundin verabredet. Diese habe berichtet, dass ein komischer Mann im Gebüsch herumstreife, sagte er. Dann sei ihm schließlich der Angeklagte aufgefallen. "Der stand im Gebüsch hinter einer Frau, die oben ohne da lag." Den Angeklagten habe er angesprochen. Doch der Mann habe nur gesagt, dass er sich schleichen solle. Dann sei er gegangen.

Wie der junge Mann weiter berichtete, hätten zwei weitere junge Frauen den Mann ebenfalls beobachtet. Beide hätten die Polizei verständigt. Er selbst sei im Wald zwischen Isar und Geretsried nochmals auf den Angeklagten getroffen. Der ältere Mann habe ihm gedroht, dass er abhauen solle. Dann habe dieser einen faustgroßen Stein genommen und aus zehn Meter Entfernung in seine Richtung geworfen. Der Stein habe ihn verfehlt. Schließlich konnte die Polizei den Mann festnehmen.

Mit vor der Brust verschränkten Armen hörte der Angeklagte den Schilderungen zu. Mehrmals entschuldigte er sich. Allerdings bestand er darauf, dass er den Mann mit dem Stein nie habe treffen wollen. "Ich wollte ihm nur Angst einflößen", sagte er. Das erschien der Staatsanwältin unglaubhaft. "Es war nur Zufall, ob der Stein trifft", erläuterte sie. Die Staatsanwältin forderte eine neunmonatige Bewährungsstrafe und eine Therapie für den Angeklagten. Diesem Plädoyer folgte Amtsrichter Berger. Ganz wichtig sei, dass der Angeklagte eine Verhaltenstherapie mache.

Unter den Folgen leidet indes die Mutter weiter, vor der der Mann onanierte. Zum Baden gehe sie zwar noch an die Isar, berichtete sie. Doch jetzt sei sie viel vorsichtiger. "Ich gucke links und rechts, dass da niemand ist."

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