Auftritt in Gelting:Träumerisch und geheimnisvoll

Auftritt in Gelting: Neuerdings singt Ami Warning auf Deutsch, wie bei der Vorpremiere ihres neuen Albums im Geltinger "Hinterhalt".

Neuerdings singt Ami Warning auf Deutsch, wie bei der Vorpremiere ihres neuen Albums im Geltinger "Hinterhalt".

(Foto: Hartmut Pöstges)

Ami Warning und Matthew Austin verzaubern mit ihren Liedern das Publikum im Geltinger "Hinterhalt"

Von Barbara Szymanski, Gelting

Sich in diesen Hinterhalt locken zu lassen, hat sich gelohnt. Und zwar doppelt: Seelenlieder und Mutmachlieder von Ami Warning und Zuhörmusik und Wegträummusik von Matthew Austin. Das Publikum in der sehr gut besuchten Geltinger Kleinkunstbühne "Hinterhalt" sitzt nicht einfach so da, schaut und hört zu. Es macht mit. Klatscht, spendet mittendrin ordentlich Beifall, hilft beim Taktgeben mit den Füßen, pfeift gellend, jauchzt, ist so richtig gut drauf.

Irgendwie wirkt Ami Warning, der neue Stern am südlichen Singer-Songwriter-Himmel aus München und laut Programm der eigentliche Musikgast, ein klein wenig verunsichert nach dem Auftritt von Matthew Austin als Vorgruppe. Der junge Sänger und Gitarrist aus Manchester hat nämlich eine gute halbe Stunde lang gespielt, und die Leute haben ihm auch noch lautstark und vehement eine Zugabe abgetrotzt. Denn vom ersten Instrumentalstück mit seiner großen roten Fett-Guitar, zunächst im Stile eines Carlos Santana, hat es die Zuhörer nur mühsam auf den Sitzen gehalten. Dann singt der junge Engländer eigene intensive Balladen, zaubert feingliedrige Intros, erzählt musikalisch Geschichten, schaltet das Gitarrenspiel von hart auf zart um.

Und er hat den Blues. Und wie. Austins Stimme ist sehr variabel, jung aber dennoch erwachsen. Mit guten Höhen. Den Blues flicht er modern und selbstbewusst aus vielfältigen Figuren, seine Balladen sind zum Wegträumen. Diese Musik ist zwar nicht direkt tanzbar. Aber man hört ihm gebannt zu, kann sich wiegen und hineinfühlen in diesen bluesigen Kosmos. Mag das ewige Nachstimmen der Gitarre auch ein wenig nerven. Matthew Austins Vorgruppen-Part wird von jungen und reiferen Zuhörern lautstark gefeiert.

Dann kommt Ami Warning mit ihrer fabelhaften Band auf die Bühne. Dass sie die begabte Tochter des Hinterhalt-Dauergastes Wally Warning, dem Reggae- und Latin-Spezialisten, ist, sei nur kurz erwähnt. Ami, wie sie sich als Singer-Songwriterin nennt, macht ihr eigenes Ding. Diese Ami schaut ins schon gut aufgewärmte Publikum und sagt: "Also, wir machen jetzt einfach drauf los. Mal sehen, was passiert." Was passiert? Das Publikum feiert auch sie. Seufzt vor Wonne bei den merkwürdigen Intros des Synthesizers als sei es ein Weltraumstück aus dem Film "E.T. - der Außerirdische". Und es freut sich über Amis Stimme. Diese kommt warm und eher dunkel an den Ohren an, sehr reif und abgeklärt für eine 23-Jährige.

Vielleicht wäre diese formidable Stimme noch ausbaubar mit Höhen und mit noch etwas mehr Verve und emotionalen Vibrationen, mit noch mehr Soul und Funk. Doch Ami bleibt dunkel und geheimnisvoll. Ihre Botschaften sind die aus dem unendlich weiten Feld der Liebe und all den Irrungen und Wirrungen, Wünschen und Hoffnungen. Das alles neuerdings auf Deutsch, und zwar nicht genuschelt und ohne Wortendungen wie derzeit üblich bei Sängern, sondern klar und deutlich zu verstehen. Noch etwas ist neu bei Ami Warning: Ihre Songs sind teilweise reiner Pop mit rockigen Attitüden, tanzbar und richtig griffig, teilweise hitverdächtig aber auch poetisch. Die Titel ihrer Lieder bestehen oft nur aus einem Wort: Gegenwind oder Karussell, Untertauchen oder Fliegen. Letzterer gehört zu den Seelenliedern dieses Abends. In einem Club würden die Paare dazu sehr eng tanzen. Im Hinterhalt wiegt sich das Publikum immerhin. Ganz so poppig und einfach gestrickt sind die neuen Songs jedoch nicht. Dafür sorgt nicht nur das variantenreiche Spiel von Ami mit einer akustischen Gitarre und ihrer Samtstimme, sondern auch die junge Band mit verhaltenem Schlagzeugeinsatz oder mit allerlei anderen Instrumenten wie Cajon oder einer Art Melodica. Es gibt sie also doch noch: die Popmusik, die rockt und lockt.

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