Auftritt in der Alten Madlschule:Gute Laune und Grabesstille

Alfons Hasenknopf nimmt sein Publikum in Bad Tölz in eine rockige Jodelwelt mit, die von einem schrecklichen Erlebnis unterbrochen wird

Von Barbara Szymanski, Bad Tölz

Es wird gerockt und gefunkt, gejodelt und gepfiffen, geflötet und natürlich auch gesungen auf der kleinen Bühne der Lust in der Alten Madlschule in Bad Tölz. Und das alles so innig und fast selbstvergessen in warmen, tiefen Tönen oder im Falsett: Dieser Mann meint es ehrlich. Er will seine Zuhörer treffen, und zwar mitten ins Herz, er will sie mitnehmen in seine große und doch so kleine Welt im Land der Bayern. Da oben steht Alfons Hasenknopf, der nun in Marktl am Inn wohnt.

Geht's noch boarischer? Wohl kaum. Sein Nachname ist irgendwie auch Programm, und überhaupt. Dieser Hasenknopf schreibt keine Lieder, keine Balladen, schon gar keine Songs - er ersinnt ganz einfach Liadl. Und wenn das beinahe schon ergebene Publikum auch noch die Ahs und Ohs, die Dumm-Dumms, die Jodler, die Jauchzer lauthals mitgestaltet und der Berg deswegen nicht nur ruft, sondern schreit, goutiert der Sänger und Liadlmacher dies mit einem "Boa, da sans brutal drauf". Juchuuu, antwortet da so mancher im Publikum - und wartet schon ungeduldig auf die nächste Mitmachaktion.

Alfons Hasenknopf & Band

In Bad Tölz riss Hasenknopf seine Zuhörer zum Jodeln, Jauchzen und Mitsingen mit.

(Foto: Manfred Neubauer)

Kein Zweifel: Auf der Bühne steht so eine Art bayerischer Peter Maffay. Denn Hasenknopf hat wie der berühmte Rocksänger viel Erfolg mit seinen Liadln, in denen sich Radl auf Madl reimt, in denen es ihn "brutal" und "ja leck" nach Freiheit dürstet, mit denen er die heile Welt heraufbeschwört. Er engagiert sich auch mit viel Mut, vermutlich auch mit viel Zeit und mit Geld für karitative Zwecke. Und so kommt mitten im Taumel der rockigen Jodelwelt von Alfons Hasenknopf urplötzlich und fast körperlich spürbar Beklemmung auf. Und Grabesstille. Der Musiker berichtet auf einmal, dass er 2007 den Verein Suibamoond (so steht es auf seiner Homepage geschrieben) gegründet hat, der sich um missbrauchte und misshandelte Kinder kümmert. Rund 500 000 Euro habe er gesammelt, davon rund 480 000 Euro eingesetzt, erzählt er. "Wenn du mit so einem Thema aufschlägst, dann bist nicht überall willkommen." In der Alten Madlschule in Bad Tölz allerdings schon. Nach seinem Geständnis, dass auch er als Kind von einem Mann missbraucht worden sei, herrscht eine gefühlte Minute Schweigen. Dann bricht Applaus los.

Aber die gute Laune kehrt rasch zurück, nachdem "Steh auf" verklungen ist, das wichtigste Lied von Alfons Hasenknopf zu diesem heiklen Thema. In seinem Repertoire gibt es ja schließlich auch die Story vom Madl und dem Radl. Und wenn der Text seine Tragfähigkeit verliert, dann pfeift er halt, natürlich besser als der Kunstpfeifer in jenem Sketch von Loriot. Oder er jodelt. Oder er erklimmt mit seiner wandelbaren Stimme mehrere Tonleitern, und dies in Quinten. Man muss es ihm einfach abnehmen: Hasenknopf liebt die Menschen, er liebt sein Publikum, er liebt sein Bayern, er liebt die Musik. Seine Musik, an der die Multiinstrumentalistin und Sängerin Steffi Rösch sowie der Percussionist Michael Leitinger nahezu gleichberechtigt mitwirken.

Alfons Hasenknopf & Band

Mit seinen "Liadln" verknüpft Alfons Hasenknopf auch Botschaften von Freiheit und der Selbstbestimmung.

(Foto: Manfred Neubauer)

Nur ein Versprechen wird nicht eingelöst: unplugged. Trotz Dumdideldu und Juchuuu: Himmel noch mal, ist das laut! Darüber beschweren sich manche Zuhörer, die einen Platz in den vorderen Reihen haben, denn auch während der Pause. Am Schlagzeuger lag es nicht, denn der bediente seine Instrumente meist mit den Händen, und der Raum in der Madlschule ist auch klein genug für echtes Unplugged. Es war dieser unnötig tiefe, beinahe magenverstimmende Basston. Ohne das Dröhnen hätte man jedes Wort der Botschaften für Freiheit und Selbstbestimmung des Liadlmachers verstehen, hätte den einfühlsamen Gesang von Steffi Rösch und das Gitarrenspiel von Hasenknopf aufsaugen können. Aber egal, das Publikum ließ sich die gute Laune nicht vermiesen. Es wurde trotzdem im richtigen Rhythmus geklatscht, gejauchzt, gejodelt, gesungen.

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